Im Herzen der Wildnis - Roman
Eoghan versprochen, ihn während seines Wahlkampfes zu unterstützen. Mein Cousin Rory ist unter dem Kommando des künftigen Vizepräsidenten Roosevelt in Kuba gefallen. Die Türen des Weißen Hauses stehen mir also offen.«
Tom fragte nicht, was sie mit McKinley zu besprechen hatte, und sie war erleichtert, dass sie sich ihm nicht anvertrauen musste. Was hätte sie ihm auch sagen sollen? Sie verstand das, was Aidan ihr erzählt hatte, ja selbst nicht …
Sie ritten weiter, überquerten den Redwood Creek und beobachteten lachend die putzigen Eichhörnchen, die tschirpend von Baum zu Baum flitzten. Das Sonnenlicht strömte zwischen den Sequoias hindurch, die Luft war warm, und der kühle Nebel war verschwunden. Ihre Stimmung wurde immer ausgelassener, als sie sich gegen Mittag der Lichtung näherten, wo sie picknicken wollten: Bärenschinken und Rotwein aus dem Sonoma Valley.
Sie hatten den Rastplatz fast erreicht, als die Pferde plötzlich unruhig wurden. Chevalier stellte die Ohren auf, wieherte und tänzelte. Und auch Princesse versuchte zu steigen, sodass Tom beinahe aus dem Sattel gestürzt wäre.
Shannon sprang ab und zog die Winchester aus der Lederhülle am Sattel. Dann ließ sie Chevalier laufen, der ausbrach, sobald sie die Zügel losließ. Sie packte Princesse am Halfter und streichelte die geblähten Nüstern.
»Was ist los?«, fragte Tom beunruhigt in die plötzliche Stille.
Kein Laut – kein Tschirpen eines Hörnchens, kein Zwitschern eines Vogels. Die Ruhe war beängstigend.
»Schhht.«
Tom verstummte, und sie lauschte angespannt.
Princesse riss den Kopf hoch und schüttelte wiehernd die Mähne, aber Shannon hielt sie fest. Wenn Tom stürzte und sein Fuß im Steigbügel hängenblieb, würde Princesse ihn hinter sich her durch das Dickicht schleifen. Tom hätte keine Chance, sich selbst zu befreien, und ein Aufprall mit voller Wucht gegen das Wurzelholz konnte ihm das Genick brechen.
»Runter vom Pferd!« Shannon zog Princesse, die ihren Kopf hochriss, empört schnaubte und nur äußerst widerwillig gehorchte, auf die Knie, damit Tom aus dem Sattel auf den Boden gleiten konnte.
Auf dem Rücken liegend, stützte Tom sich auf seine Ellbogen, während die Stute schwungvoll wieder hochkam. Beunruhigt blickte er sich um. »Ein Bär?«
Sie schloss die Augen und lauschte in die bedrohliche Stille. Ihr Herz klopfte wie wild.
Bleib ruhig!, ermahnte sie sich. Tom braucht dich!
Mit einem ängstlichen Wiehern, das zwischen den Sequoias widerhallte, galoppierte Chevalier plötzlich los und verschwand im Wald. Princesse trat einen Schauer von aufspritzenden Erdbrocken und Sequoianadeln los und folgte ihm. Das Getrappel verklang, und es wurde wieder ruhig. Shannon atmete tief und langsam, um ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen. Sie lauschte und fühlte die Spannung …
»Shannon!«, rief Tom, und er klang beunruhigt. »Was ist …«
In diesem Augenblick begann das Erdbeben mit einem leisen Zittern im Boden, das die Sequoias knarren und rascheln ließ, und hob zu einem dumpfen, bedrohlichen Dröhnen an, einem lauten Grollen, das Tom vor Angst blass werden ließ.
Sie warf sich neben ihn auf den Boden, legte beruhigend ihren Arm um ihn und spürte das Rumpeln des Bebens im ganzen Körper. »Bleib ganz ruhig, Tom. Es ist gleich vorbei.«
Die Nadeln auf dem Waldboden begannen zu schwirren. Um sie herum knisterte, knackte und flatterte es wie bei einem Waldbrand. Die Bäume vibrierten und schwankten, und Zapfen prasselten auf Tom und Shannon herab. Tatsächlich, nach weniger als einer Minute war das Beben vorbei. Ein letzter Zapfen krachte von der Höhe einer Sequoia auf den Boden, sprang hoch und rollte ein Stückchen, dann blieb er liegen.
Tom richtete sich ächzend auf, und Shannon half ihm, ein Stück weiterzurutschen und sich an einen umgestürzten Baumstamm zu lehnen. Er war blass und zitterte.
»Geht’s dir gut?«, fragte sie besorgt.
»Alles in Ordnung«, winkte er ab.
Sie gab ihm die Winchester. »Hier gibt’s Bären.«
Als sie aufstand, sah Tom zu ihr hoch. »Und du?«
»Ich gehe die Pferde suchen. Wenn du Hilfe brauchst: drei Schüsse in die Luft. Ich kehre dann sofort um.«
»Verstanden.«
»Und wenn ich zurückkomme, machen wir ein gemütliches Picknick«, munterte sie ihn auf. »Ich hoffe, die Weinflasche ist nicht zerbrochen.«
Er blickte sie entgeistert an. »Du hast Nerven!«
Josh zündete sich eine Zigarette an und stopfte das Päckchen zurück in die Tasche seiner Jeans.
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