Im Herzen der Zorn (German Edition)
Alarmbereitschaft.
Doch dann wich JD vor ihr zurück. Er wirkte verstört – und nicht gerade kurz davor, sie von ihren Sünden freizusprechen.
»Es tut mir leid, dass du so zu kämpfen hast, Em, ehrlich«, sagte er. »Und ich bin froh, dass wir darüber gesprochen haben. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich die Vergangenheit einfach so ›begraben‹ kann. Ehrlich gesagt, es hört sich nicht so an, als wollten wir beide dasselbe.«
Ems Freude verwandelte sich in Demütigung. Oh Gott – er fühlte gar nicht genauso. Sie hatte sich geirrt. Aber wie sehr? Hatte er von Anfang an keine Gefühle für sie gehabt oder waren sie nur völlig abgestorben? Ein schwerer Rauch des Zorns begann in ihr emporzuquellen. Das war alles die Schuld der Furien. Hatten sie ihr falsche Gefühle eingepflanzt oder hatten sie seine ausgelöscht? So oder so, sie taten ihr Bestes, um ihre Liebe zu zerstören. Und das war unerträglich.
»Tut mir leid, JD. Ich dachte … ich glaube, ich dachte …« Sie klammerte sich an den letzten Strohhalm, aber es schien langsam so, als gäbe es nichts wiederherzustellen, als hätte alles, was je zwischen ihnen gewesen war, von Anfang an nur in ihrem Kopf stattgefunden. Sie betrachtete den Haarwirbel über seiner linken Schläfe, die Bartstoppeln auf seinen Wangen und kam sich verloren vor. Sie wollte ihn, doch sie merkte deutlich, wie er weiter und weiter von ihr wegdriftete. Oder vielleicht driftete auch sie weg von ihm.
»Ich glaube, ich sollte jetzt gehen«, sagte sie. »Danke fürs Zuhören.«
»Viel Glück, Em«, antwortete JD und mied ihren Blick. »Man sieht sich.«
Wieder zurück in ihrem eigenen Zimmer, ging sie die verschiedenen Arten und Weisen durch, auf die der Abend eine totale Katastrophe gewesen war. Sie hatte JD im Prinzip ihre Liebe gestanden und er hatte mit Zurückweisung reagiert. Ihrem erneuten Versöhnungsversuch hatte er eine Abfuhr erteilt. Ihre Unterhaltung hatte er mit »Man sieht sich« beendet, was im Grunde so viel hieß wie »Ich hoffe, wir sehen uns nie wieder«.
Sie öffnete lustlos ihren Laptop, obwohl sie wusste, dass sie jetzt keine Hausaufgaben hinbekommen würde. Tränen stiegen ihr in die Augen.
Sofort tauchte eine Chatnachricht von Drea auf ihrem Bildschirm auf.
Hey , begrüßte sie sie und schrieb gleich weiter, ohne überhaupt darauf zu warten, dass Em antwortete. Muss dir was erzählen .
In letzter Zeit hatte es den Anschein, dass auf diese Worte immer irgendwelche schrecklichen Neuigkeiten folgten.
Was denn? , schrieb Em. Kurz und knapp. Nicht bei der Sache.
Die Polizei hat Mr Landon an dem Teich im Verwunschenen Wald gefunden , teilte Drea ihr mit. Ich hab’s in den Nachrichten gehört .
Die Neuigkeiten blinkten eine nach der anderen auf und Em konnte gar nicht wegsehen.
Sie haben etwas in seiner Nähe gefunden.
Eine Orchidee.
Eine rote Orchidee. Du weißt, was ich meine .
Ems Atmung wurde ganz flach.
Em? Bist du da? Liest du das gerade ?
Also hatten die Furien auch ihn erwischt. Einen Erwachsenen. Jemanden, der so gut wie nichts mit Em, ihrem Leben, ihrem Umfeld zu tun hatte. Die Tragweite dieser Nachricht traf Em mit Wucht, hämmerte mit einer furchtbaren Erkenntnis auf sie ein: Die Furien würden mit Chase nicht aufhören oder mit ihr, nicht einmal mit JD. Sie hatten es auf ganz Ascension abgesehen.
Mit zitternden Fingern tippte sie: Muss dir unbedingt erzählen, was ich in den letzten Tagen in Erfahrung gebracht habe. Hast du noch was über das Verbannungsritual rausgekriegt? Wie man sie loswird?
Dreas Antwort kam augenblicklich: Ich bin dran, schrieb sie . Verlass dich auf mich.
Kapitel 20
Der Knoblauchgeruch von Tante Noras frischem Meeresfrüchterisotto zog durch das alte viktorianische Haus und machte es Skylar unmöglich, sich auf ihr Schulbuch zu konzentrieren. Sie war fast am Verhungern. In den letzten Wochen verspürte sie einen beinahe unstillbaren Appetit – als versuchte sie irgendwie, die ganzen Belastungen und Lügen, die sich in ihr auftürmten, herunterzuschlucken oder durch Essen zu verdrängen. Nachdem sie gestern Abend einen anonymen Hinweis bei der Polizei abgesetzt hatte, hatte sie letzte Nacht kaum schlafen können. Stattdessen war sie nach unten geschlichen, um Salzbrezeln mit Sauerrahm-Dip zu essen. Eines der wenigen Dinge, worüber sie und Lucy sich jemals einig gewesen waren, war die Tatsache, dass Brezeln und Sauerrahm die perfekte Kombi darstellten: salzig, knusprig, cremig. Zum Glück hatte ihr
Weitere Kostenlose Bücher