Im Herzen der Zorn (German Edition)
auf dem Weg von ihrem Ferienhaus zum Eisstand in lebhaften Einzelheiten die Handlung von Ich, der Robot erzählte. Es war das einzige Mal gewesen, dass sie sich überhaupt für Science-Fiction interessierte. JD hingegen war ganz enthusiastisch gewesen. Wegen seiner Begeisterung für alles Technische – von Computergrafik über Bühnenbeleuchtung bis zu Autoteilen – war er völlig fasziniert von der Interaktion zwischen Mensch und Maschine.
Sie sah ihn an, bereit, die Erinnerung mit ihm zu teilen, musste jedoch feststellen, dass er sie nur angestrengt betrachtete. Er dachte nicht an Ich, der Robot .
Er begann, unvermittelt und ernst zu sprechen. »Hör zu, Em, ich habe dir die SMS nicht ohne Grund geschickt. Wir müssen darüber reden, was neulich Abend passiert ist. Auf dem Friedhof. Was zum Teufel ist bloß los mit dir? Die Leute machen sich Sorgen. Ich mache mir Sorgen.«
Em produzierte ein mattes Lächeln, von dem sie hoffte, es würde möglichst unschuldig wirken. »Du hattest recht, JD, damit, dass mich der Tod von Chase und Sasha doch mehr mitgenommen hat, als ich zugeben wollte«, antwortete sie mit den Worten, die sie sich zu Hause zurechtgelegt hatte. »Es hat mich … ein bisschen aus der Bahn geworfen. Ich komme mir fast vor, als wäre ich dafür verantwortlich.«
»Meine Güte, Em«, erwiderte er sanft. »Das ist ja furchtbar. Du weißt doch, dass du das nicht bist, oder? Und deswegen quälst du dich? Du musst mit jemandem darüber reden.«
»Ich weiß.« Sie nickte ernst. »Ich werde das Nötige tun. Ich kümmere mich darum.« Das war an und für sich keine Lüge.
Er schien zu akzeptieren, was sie sagte. Aber er war noch nicht ganz fertig.
»Ich hab da noch eine andere Frage«, fuhr er fort. »Warum hast du dich neulich mit Drea gestritten … an dem Abend, als sie hier mit mir gelernt hat?«
»Ich … wir … na ja, Drea und ich haben eine Menge Zeit zusammen verbracht. Wie du vielleicht weißt. Weil, na ja …« Em wurde rot, war sich bewusst, dass sie der Frage auswich. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ihm sagen sollte, wie eifersüchtig sie an jenem Abend gewesen war – rasend, brennend eifersüchtig. Sie starrte auf den Kaffeefleck auf seiner Strickjacke und versuchte, einen Satz zusammenzusetzen, mit dem sie sich nicht völlig idiotisch anhören würde. »Das ist irgendwie schwer zu erklären«, sagte sie schließlich hilflos.
Als sie aufblickte, sah sie, dass auch JD rot wurde. Sie stellte sich vor, wie ihr Gespräch im Idealfall verlaufen würde. Vielleicht hatte er es ja irgendwie verstanden. Wenn sie ihm einfach erklärte …
»Ich hab mich nur gewundert«, sagte er mit einem Schulterzucken, das schon eher ein Ruckeln war. »Ist scheinbar ’ne ganze Menge, was dir im Moment zu schaffen macht. Also«, er räusperte sich, »was hast du so alles getrieben, während unserer, äh, wie hast du es so wortgewandt genannt, Herrschaft des Schweigens?«
Schon wieder hatte Em das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Sie hätte ihm gerne alles erzählt. Ohne das Geringste auszulassen. Es machte sie wahnsinnig, sich so machtlos zu fühlen.
Sie atmete tief durch und zuckte mit den Schultern. »Bloß ’ne Menge Zeit mit Dreas Clique verbracht«, antwortete sie.
JD formte einen Laut hinten im Rachen, eine Mischung aus einem »Hm« und einem »Ah«. Dann fragte er, inzwischen eindeutig rot im Gesicht: »Irgendwer Bestimmtes?«
Em zog die Augenbrauen hoch. »Nein. Ich meine, Drea natürlich … Aber nein, auf keinen Fall jemand Bestimmtes.« Wusste er etwa von Crow?
Ihr Herz schlug jetzt schneller, klopfte wild in ihrer Brust.
»Verstehe.« Sonst sagte er nichts. Er hatte die Hände vor dem Körper gefaltet wie ein Therapeut.
Em merkte, dass sie komplett rot anlief. Das war sie. Das war ihre Chance. Er war endlich bereit zu reden, ihr zu verzeihen, nach vorn zu blicken.
»Hör mal, JD«, sagte sie. »Ich weiß, dass es zwischen uns … in den vergangenen Wochen komisch gelaufen ist. Mir passieren in letzter Zeit Dinge, die keinen richtigen Sinn ergeben. Ich kann das nicht erklären. Aber ich möchte dich in meinem Leben haben. Ich brauche dich da. Ich möchte die Vergangenheit einfach begraben und weitermachen.«
Em konnte nicht verhindern, dass die Worte ihr aus dem Mund purzelten. Sie spürte den heftigen Drang, JD festzuhalten und nie wieder loszulassen, alles zwischen ihnen wieder in Ordnung zu bringen. Ihre Knie berührten sich. Jede Faser ihres Körpers war in höchster
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