Im Herzen der Zorn (German Edition)
mich an, Skylar, wenn du etwas brauchst. Oder falls du Angst bekommst. Ich werde auch nicht schlecht über dich denken.« Während Em sich zum Gehen wandte, überkam Skylar ein seltsames Déjà-vu-Gefühl. Als sie draußen war, knallte sie lautstark die Tür hinter ihr zu.
»Ich mach das Risotto fertig!«, rief sie zu Tante Nora nach oben und hoffte, dass es in der Zwischenzeit noch nicht verkocht war. Ihr knurrte jetzt wirklich der Magen.
Sie goss etwas Hühnerbrühe in den Topf und rührte den Reis um. Die Muscheln schillerten und die Garnelen waren rosa und fest. Geistesabwesend rührte sie weiter und versuchte, sich von Ems neugierigen Fragen abzulenken, indem sie an den Ball, an Gabby und an Pierce dachte. Sie hatte Pierce in den letzten Tagen kaum gesehen und er hatte sie noch nicht, wie angekündigt, wegen des Balls angesprochen. Ein paarmal war er ihr zusammen mit Gabby über den Weg gelaufen. Ausnahmsweise waren es aber einmal nicht Pierce und Gabby, die sie quälten. Es waren Ems Worte, die ihr noch in den Ohren klangen. War da womöglich etwas dran? Em hatte gesagt, Skylar sollte Meg, Ty und Ali nicht trauen. Aber ihrer Meinung nach waren die drei die Einzigen, die auf ihrer Seite standen.
Sie dachte an all die Ratschläge, die Meg ihr gegeben hatte, seit sie sich kennengelernt hatten. Dass sie sich von niemandem unterkriegen lassen sollte. Dass die Leute vielleicht perfekt erschienen, dass es aber darauf ankam, auch ihre Schwächen zu erkennen, nicht nur ihre Stärken. Ems Schwäche war jedenfalls nicht zu übersehen: Sie war vollkommen übergeschnappt.
Und was hatte Meg noch gesagt? Dass man etwas wirklich wollen musste, um es zu bekommen … denn wenn man es nur genug wollte, dann war man fähig, alles dafür zu tun.
Skylar wusste, was sie wollte.
Aber wo lagen Gabbys Schwächen? Skylar war überzeugt, dass sie gar keine hatte. Und genau in dem Augenblick, gerade als sie noch etwas Brühe ins Risotto kippte, kam ihr plötzlich die Idee. Die Muscheln, die Garnelen, die saftigen Fischstückchen – sie erinnerten Skylar daran, wovon Gabby ihr vergangene Woche in der Küche erzählt hatte. Von ihrer Muschelallergie und dass sie, als sie sich darauf testen ließ, überall roten Hautausschlag bekam.
Bingo .
Skylar wurde von einer Woge der Aufregung erfasst. Meg hatte die ganze Zeit recht gehabt. Sie würde es niemals schaffen, Pierces Aufmerksamkeit zu erlangen, solange Gabby ihr immer die Schau stahl – ob nun absichtlich oder nicht. Sie musste irgendwie dafür sorgen, dass Gabby von der Bildfläche verschwand, wenigstens für ein paar Tage. Aus den Augen, aus dem Sinn, das stimmte doch?
Wenn sie nur ein kleines, ein winziges bisschen Muschelsaft in Gabbys La Mer-Gesichtscreme mischte, würde sie sofort einen Hautausschlag bekommen. Und was waren schon so ein paar rote Pickelchen? Gerade genug, damit die übereitle Gabby sich schämte, genug, um sie kurzzeitig aus dem Verkehr zu ziehen und Skylar die Chance zu geben, stattdessen ihren Platz einzunehmen, um Pierce zu beweisen, wie wunderbar sie doch eigentlich war.
»Abendessen ist fertig, Tante Nora!«
Skylar teilte das Risotto aus, als wäre sie gerade dabei, flüssiges Gold in Teller zu füllen.
Am Samstagnachmittag bat Skylar ihre Tante, sie auf dem Weg zu ihren Besorgungen bei Gabby abzusetzen. »Ich muss nur schnell was vorbeibringen«, sagte sie. »Für den Ball.«
Gabby, die seit der Verstimmung wegen des Ball-Mottos ziemlich reserviert gewesen war, schien ein wenig einzulenken, als Skylar jetzt mit einem Geschenk bei ihr zu Hause auftauchte: ein glitzerndes Stirnband als Ergänzung zu ihrem Frühlingsfest-Outfit, auf das sie schon lange ein Auge geworfen hatte, das dann in der Mall aber ausverkauft gewesen war.
»Ich hab’s online gefunden«, zwitscherte Skylar, wobei die Wahrheit aus dem seltsamen Zufall bestand, dass Meg es ihr mit einer ganzen Tüte Accessoires geschenkt hatte. (»Ich hab meinen Schrank ausgemistet«, hatte sie verkündet. »Ich dachte, ein paar von den Sachen würden dir vielleicht stehen.«)
»Toll, danke, Sky«, sagte Gabby und zog sich das Handtuch, das sie umgewickelt hatte, fester um den Oberkörper. »Es ist eiskalt. Willst du vielleicht reinkommen? Ich mach gerade ein Waxing, aber ich bin gleich fertig. Dann können wir vielleicht eine Tasse Tee zusammen trinken. Es kommt mir vor, als hätte ich dich fast die ganze Woche nicht gesehen.«
»Gerne«, antwortete Skylar. »Ich hab mir noch nie die Haare mit
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