Im Herzen der Zorn (German Edition)
Freundinnen auftauchten? »Alles in Ordnung mit Ihnen?« Em ging automatisch auf Nora zu. »Ihr müsst mich entschuldigen«, flüsterte Nora. »Mir … mir ist nicht gut. Du musst – Skylar – du wirst noch einen Moment auf das Abendessen warten müssen.« Sie drängte sich an Em vorbei.
»Warten Sie«, schallte Ems Stimme durch die dunstige Küche. Nora blieb stehen.
Em und Nora – die eine jung, blass, dynamisch, die andere schon älter, grau und zitternd – starrten einander an. Skylar wusste nicht, was sie tun sollte. Sie kam sich vor, als wäre sie in einen bösen Traum geraten.
Nora sprach, als hätte sie eine böse Vorahnung. »Du bist die, von der Hannah mir erzählt hat.«
»Hannah – Sie meinen Mrs Markwell? Die Bibliothekarin?«, fragte Em.
Nora nickte langsam. »Ich muss … mit Hannah reden«, flüsterte sie und lief aus der Küche. Kurz darauf hörte Skylar eine Tür zuschlagen. Es war nicht zu übersehen, dass Em Nora am liebsten hinterhergelaufen wäre, aber Skylar würde nicht zulassen, dass die Situation noch grotesker wurde, als sie ohnehin schon war.
»Wir gehen nach oben«, sagte sie entschieden und zerrte Em praktisch mit hinauf in ihr Zimmer. Em protestierte zwar, wehrte sich aber nicht.
Als sie in ihrem Zimmer waren und die Tür hinter sich zugemacht hatten, wandte Skylar sich an Em, die ziemlich verstört wirkte. »Tut mir leid wegen meiner Tante«, sagte sie. »Sie ist ein bisschen verrückt – steht auf Esoterik und Geister und so was – und sie benimmt sich bei fast allen meinen Freundinnen so.« Was bedauerlicherweise irgendwie stimmte.
»Zum Beispiel bei der, von der du mir auf der Lagerfeuerparty erzählt hast?«, fragte Em.
Skylar wurde nervös – sie war sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war, über Meg zu sprechen. Aber Em drängte weiter.
»Die Freundin, die dir die Orchidee geschenkt hat – Meg? Wie habt ihr euch denn kennengelernt?«
Skylar setzte sich aufs Bett und fing an, an der gesteppten Überdecke zu zupfen. »In der Eisdiele bei der Schule«, antwortete sie. »Da bin ich eines Tages reingegangen und wir haben angefangen, uns zu unterhalten.«
Em sah Skylar eindringlich an, als versuchte sie, nicht nur zu speichern, was sie sagte, sondern auch alles andere an ihr. Skylar kam sich vor wie unter einem Mikroskop.
Em fuhr fort: »Und ihre Cousinen hast du auch kennengelernt, stimmt’s? Ty und Ali?« Skylar erschrak vor Ems Blick, er wirkte langsam aggressiv, zornig.
»Ich hab sie ein- oder zweimal gesehen«, antwortete sie. »Sie sind … nett.« Aber noch während sie das sagte, musste sie wieder an die seltsam gleichgültigen Gesichter denken, mit denen sie die Leiche betrachtet hatten. Und Ali hatte gelächelt . »Ich meine, ich weiß nicht wirklich viel über sie.« Was auch stimmte.
»Ist dir in letzter Zeit irgendetwas Seltsames passiert?«, fragte Em sie weiter aus. »Fühlst du dich gut? Hast du mal irgendwas getan, wofür … du dich vielleicht schämst?«
Skylar spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und grub sich die Fingernägel in die Oberarme.
»Gar nichts ist seltsam«, erwiderte sie störrisch. »Alles in bester Ordnung.«
»Ist schon gut, Skylar«, sagte Em freundlich. »Du kannst es mir ruhig sagen.«
Skylar pochte der Pulsschlag in den Ohren. Es gefiel ihr nicht, wie Em sie ansah. »Hör zu, das Abendessen ist gleich fertig«, sagte sie. »Ich hab keine Ahnung, wovon du überhaupt redest, und ich denke, du solltest jetzt besser gehen.« Sie erhob sich, öffnete ihre Zimmertür und wartete demonstrativ darauf, dass Em hindurchging.
Aber Em rührte sich nicht. »Dieses Mädchen und seine Cousinen sind gefährlich«, sagte sie mit einem Flehen in der Stimme. »Wenn du irgendetwas getan hast, dann sag es mir bitte. Kann sein, dass du es jetzt noch nicht merkst, aber es wird etwas Furchtbares passieren.«
Skylar stand nur schmallippig da und weigerte sich zu sprechen.
»Egal, was sie dir antun wollen, es ist nicht fair. Ich will dir helfen«, bat Em eindringlich. »Vielleicht können wir ja zusammenarbeiten. Viell…«
Mit jedem bisschen Nachdruck, den sie aufbringen konnte, unterbrach Skylar Em. »Bitte geh jetzt, Em.«
Em sackte in sich zusammen wie ein zerstochener Ballon. »Wie du willst«, antwortete sie und man konnte förmlich sehen, wie sie aufgab. Ohne ein Wort gingen sie nach unten. Kurz bevor sie das Haus verließ, drehte Em sich jedoch noch einmal um: »Bitte ruf
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