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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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Sterne ruhig auf eine öde Eislandschaft schienen.
    »Bitte Augenschutz anlegen!«
    Sie zog die Schutzbrille unter dem Gürtel hervor und zog sie über den Kopf. Kaum hatte sie die Augenmuscheln angepaßt, erfüllte grellweißes Licht den Raum, und sie kniff unwillkürlich die Augen zu. Dies war reiner Schwachsinn, dachte sie. Die Ultraviolettlampen waren ihre beste Waffe gegen die einheimischen Lebensformen, aber es waren nur noch zwei Dutzend übrig, und von diesen brannte durchschnittlich jeden Tag eine durch. Außerdem gab es bereits zahlreiche Fälle von Sonnenbrand und Hautausschlag.
    Der unangenehme blendende Glanz erlosch, und sie atmete auf.
    »Bitte weitergehen!« sagte die Maschine.
    »Danke«, antwortete sie ironisch, als die innere Schleusentür mit leisem Zischen aufging und sie in einen Raum ließ, der von Geschäftigkeit summte.
    Gedämpfte Stimmen mit besorgten Untertönen. Gestalten an Datenanschlüssen und Maschinenfernsteuerungen. Ja, in den vergangenen drei Wochen hatte sich sehr viel geändert.
    Aber die Unterströmung existentieller Furcht war nicht gewichen; sie hatte womöglich noch zugenommen.
    In einer Ecke umstand ein halbes Dutzend Gestalten eine holographische Projektion. Virginia erkannte Dr. Oakes und ihre engsten Mitarbeiter. Wieder eine verdammte Strategiebesprechung.
    Sie sind die Chefs, dachte Virginia, der Himmel sei uns gnädig. Sie trat hinter Walter Schultz, der jetzt die Fernsteuerung 1 bediente. Sie war pünktlich, aber er hatte die Ablösung offensichtlich nötig. Unter der Schutzhaube zeichneten sich seine Schultern ab, die gebeugt und müde wirkten, und seine Hände umklammerten mit weißen Knöcheln das komplizierte Steuergerät der Fernbedienung.
    Sie wußte, was er durchmachte. Die Leute an den Fernbedienungen hatten es beinahe so schwer wie ihre Kollegen in den Stollen und Schächten. Zwar waren sie nicht in unmittelbarer Gefahr, aber die stundenlange Konzentration und die angespannte geistige Anstrengung waren schlimmer und ebenso erschöpfend. Nervosität und Überreiztheit waren die Folge. Die Kontrollbildschirme zeigten, daß er ganz allein vier große Maschinen steuerte. Er brauchte eine Pause.
    Gleichwohl wäre es verkehrt, ihn allzu abrupt zu unterbrechen. Vor zwei Tagen hatte sie ihn auf die Schulter getippt und am Ärmel gezogen, als er noch angeschlossen und an der Arbeit gewesen war. Darauf war er wütend herumgefahren, die Pupillen geweitet, und hatte sie einen Percell-Trampel genannt, die sich überall einmischen müsse.
    Später hatte er sich entschuldigt, aber den Ausbruch hatte sie nicht vergessen.
    Sie beschloß, ihn über eine offene Frequenz zu verständigen, daß sie zur Ablösung gekommen sei, aber ihre Hand zögerte, als sie sie schon zum Mikrophon ausgestreckt hatte. Schultz schnupfte unter der Isolierhaube. Es war schwer zu sagen, ob er erkältet war, oder ob es die Nerven waren.
    In diesen Tagen konnte es beides sein.
    Eine hohe Stimme hinter ihr rief sie beim Namen. »Virginia, würden Sie bitte hier herüberkommen, meine Liebe?«
    Sie wandte sich um und nickte der grauhaarigen, matronenhaften Frau zu, die ihr von der anderen Seite des Raumes winkte.
    »Ja, gewiß, Dr. Oakes.« Und sie begab sich rasch zu der großen holographischen Projektion, wo die diensthabenden Abteilungschefs mit der derzeitigen Expeditionsleiterin standen und mit düsteren Mienen die Darstellung betrachteten.
    Der gegenwärtige Leiter der Abteilung Kometenforschung, Masao Okudo, und Major Lopez, Pionieroffizier und derzeit Technischer Leiter, machten ihr nicht nur bereitwillig Platz, sondern suchten in auffälliger Weise größtmögliche Distanz zu ihr. Virginia tat so, als bemerke sie es nicht. Dieses Verhalten war eine Ausdrucksform der allgemeinen Unterströmung von Ressentiment gegen sie, Carl, Saul und Lani. Als ob die Erste Wache die gegenwärtigen Schwierigkeiten durch sträfliche Fahrlässigkeit oder Unfähigkeit hervorgerufen hätte.
    Menschen waren eben in ihrem Innersten irrationale Geschöpfe, sie selbst eingeschlossen. Die Zahl derer, welche die Auswahlkriterien beanstandeten, nach denen sie die Ersatzmannschaft wiederbelebt hatten, war naturgemäß groß. »Warum ausgerechnet mich?« war eine Frage, die ihr und den anderen wiederholt vorgelegt worden war, bald im Zorn hervorgestoßen, bald jammernd ausgerufen, wenn der eine oder der andere der Wiedererweckten sich im Kampf gegen wuchernde einheimische Algen und Schimmelpilze aufrieb oder Opfer einer

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