Im Herzen des Kometen
beklagte.
Sobald die Laboranten ihre Arbeit beendet hatten, trat Saul zu ihr. »Marguerite, ich werde jetzt gleich das neue Strahlgerät bringen und die experimentelle subdermale Reinigung erproben. Versuchen Sie, sich nicht unnötig zu bewegen.«
Sie nickte kurz. Nur ein feuchter Glanz auf ihrer Stirn und die Art, wie sie die Finger verkrampft in das Laken drückte, auf dem sie lag, verrieten ihre Nervosität. Saul steuerte eine Therapiemaschine auf Rädern in Position und justierte die breite Platte des Mikrowellenstrahlers über ihrer reglos liegenden Gestalt.
Ich hatte die Ehre, viele großartige Menschen kennenzulernen, dachte Saul, aber keiner war je tapferer als diese gute Frau.
Sie hatte sich als erste zur Erprobung dieser in ihren Auswirkungen noch unbekannten Behandlung freiwillig gemeldet. Als ihr statt dessen eine Chance geboten wurde, in ein Kühlfach gelegt zu werden, hatte sie die Idee weit von sich gewiesen. »Ich werde Sie und Akio nicht als die einzigen Ärzte in dieser Krise zurücklassen«, hatte sie rundheraus erklärt.
Es hatte Tage gedauert, bis die Techniker das neue Strahlungsgerät nach Sauls Angaben gebaut und wieder umgebaut hatten, in einem immerwährenden Kampf um Prioritäten mit den Arbeitsgruppen in den Stollen und an Bord der Edmund Halley. Inzwischen war die Zeit knapp geworden. Wenn diese Behandlung nicht half, blieb für Marguerite nur das Kühlfach.
Insgeheim befürchtete Saul, daß es selbst dafür bereits zu spät war. Es gab keine begründete Hoffnung, daß die Abkühlung auf ein Grad über den Gefrierpunkt diese bösartigen, verschiedengestaltigen, pilzähnlichen Gewächse zum Absterben bringen würde, nachdem sie schon diesen Grad der Ausbreitung erreicht hatten.
Ein Drittel der diensttuenden Besatzung – und sogar einige Schläfer in den Kühlfächern – hatten diese schweren Hauterkrankungen. Sie bereiteten Akio und Saul größere Sorgen als manche andere exotische Krankheit und waren der Hauptgrund, daß Saul wahrscheinlich auf die Reise mit der Edmund Halley würde verzichten müssen. Wenn ein grundlegender Umschwung der Lage ausblieb, würde Osborn und den anderen nichts übrig bleiben, als auf einen Arzt zu verzichten.
Es gab einen weiteren Grund, der ihn bewog, sich so rasch wie möglich ein Bild über Wert oder Unwert der neuen Mikrowellentherapie zu machen.
Am Tag zuvor hatte er unter Virginias Schulterblättern und über den Rücken verteilt mehrere Inseln eines bräunlichroten bis grünlichen flechtenartigen Befalls entdeckt, der sich faserartig auszubreiten schien. Er hatte ihr noch nichts davon gesagt, aber die Beobachtung hatte seinen Antrieb, ein Heilmittel zu finden, zur verzweifelten Notwendigkeit gesteigert.
Die Maschine war an Ort und Stelle und justiert. »In Ordnung, Marguerite«, sagte er zu seiner Patientin. »Nun denken Sie daran, daß Sie stillhalten müssen.«
Sie nickte. Ihre Hände umklammerten die Kanten des Behandlungstisches. Saul trat an die spinnenhafte Therapiemaschine. »Zugang fünf…«, begann er und brach ab, als ihn ein jähes Schwindelgefühl wie eine Welle überrollte. Es gelang ihm gerade noch, die Schutzmaske vor Mund und Nase festzuhalten, bevor ihn ein heftiges Niesen schüttelte.
Sein Schädel dröhnte. Die dumpfen Rückenschmerzen, die er seit einer halben Stunde verdrängt hatte, kehrten verstärkt zurück. Es dauerte eine Weile, ehe er durch treibende blaue Punkte zwinkernd aufblicken und sich wieder an die Maschine wenden konnte.
»Zugang fünf-zwei-sieben Jonah.«
Die Aufnahmekontrolleuchte auf dem Armaturenbrett der Maschine blinkte. Er fuhr fort: »Sechzig Milliwatt gefächert in das vorprogrammierte fungoide RNS-Resonanzspektrum. Zusatzbestrahlung zwei-neun-vier, eingestellt auf subdermale Wucherungen am Unterrücken und dem rechten inneren Oberschenkel der Patientin, fünfhundert Sekunden Sicherheitsfaktor Beta.«
Die Ingenieure hatten ein Gerät umgebaut, das für magnetische Resonanz- und Ultraschalluntersuchungen innerer Verletzungen bestimmt war. Die äußerst verfeinerte Maschine war imstande, die Aufnahmen weitaus schneller und genauer zu zielen und auszuwerten als jedes menschliche Bedienungspersonal.
»Vorbereitung abgeschlossen«, verkündete die Maschine. »Erwarte Einschaltsignal.«
Saul betätigte den Schalter und nickte seinem Assistenten Keoki Anuenue zu. Der Hawaiianer setzte sich an den Kontrollschirm und überwachte die Prozedur. Keoki war nicht nur ein geschickter Laborant, sondern
Weitere Kostenlose Bücher