Im Herzen des Kometen
Seite, als ob er imstande wäre, sie plötzlich anzugreifen oder durch zwei Schutzanzüge und drei Meter Vakuum anzustecken.
»Wissen Sie, es wäre viel einfacher, an das wissenschaftliche Gerät an Bord heranzukommen, wenn Sie uns zuerst die Sektionen der Pflanzungen herausnehmen lassen würden«, sagte er. »Das könnte uns zwei Tage einsparen.«
Die schweigsame blonde Australierin schüttelte den Kopf.
»Einfältiger Trick, Osborn. Wir wissen beide, daß der Starttermin von der Bereitstellung des Treibstoffs abhängig ist. Das wird frühestens nächsten Dienstag der Fall sein.«
Er ballte die Fäuste über diese Hartnäckigkeit. »Warum, in drei Teufels Namen, sollte ich Sie oder sonst jemanden täuschen wollen? Sie sind diejenigen, die auf einer unvernünftig großen Treibstoffreserve für einen einfachen Dreimonatsflug bestehen! Mit einem ausgeräumten Schiff brauchen wir nicht mehr als sechs Kilometer pro Sekunde.«
Die Frau zuckte die Achseln. »Es ist sicherer, wenn die Tanks voll sind. Nur ein Schwachkopf setzt Segel, ohne sich zu bevorraten.«
»Aber…«
»Es gefällt Ihnen nicht? Beschweren Sie sich bei Ould-Harrad, der ist percephil.«
Carl schnaubte. Ould-Harrad, ein Percellfreund? Ha!
»Wenn wir jetzt nur die erste Sektion herausheben würden…«
»Kommt nicht in Frage!« Sie packte ihr Lasergerät mit beiden Händen. »Die gesamte Kolonie ist von diesen Pflanzungen abhängig!«
»Aber die neue Halle ist fast fertig. Alle Rohrleitungen, Ventile und Steuergeräte der Klimaanlage…«
Steppin blickte wieder zur Edmund Halley, als befürchtete sie, Carl wolle sie nur ablenken, während Jeffers und die Hawaiianer das ganze Schiff wegzauberten.
»Als Percell fürchten Sie die heimischen Krankheiten nicht so sehr wie wir Menschenwesen. Ich will nicht mit Ihnen über die Gründe diskutieren, weil mir bekannt ist, daß Sie alle Verantwortung für die Krankheiten leugnen. Aber es genügt zu wissen, daß wir unter keinen Umständen eine Verseuchung der Pflanzungen zulassen werden! Die kleinen wie die großen Sektionen bleiben angeschlossen an Bord, bis die neue Halle vollständig durchgeprüft ist… und von einem Ortho-Sachverständigen!«
Carl kochte. Er wußte, wie die Alternativen aussahen. Wenn er die Bedingungen nicht einhielt und Jeffers die Sektionen ausbauen ließ, riskierte er einen Kleinkrieg zwischen den Fraktionen.
Oder er konnte hinunter in den Zentralkomplex laufen und sich bei dem rückgratlosen Mauretanier beschweren, der das Kommando führte.
Da war es besser, er unternahm nichts und machte sich anderweitig nützlich.
»Versuchen Sie es bei Ihrer nächsten erotischen Ruhepause mit einem Purpurwurm«, knurrte er und stieß sich ab, bevor sie antworten konnte.
»He, Lani!« rief er. »Komm, ich helf dir mit dem Ding!«
9
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SAUL
»Es ist so weit gekommen, daß mir sogar die Todesgefahr gleichgültig geworden ist, Saul. Ich halte das Jucken nicht mehr aus. Den ganzen Tag, die ganze Nacht, trotz der Lokalbehandlung, die Akio Matsudo mir gibt. Wenn es nicht besser wird, werde ich Akio noch bitten, ob er mir das Harakirimesser seines Urgroßvaters leiht, und mit dem Kratzen ernstmachen!«
Marguerite van Zoon lag bäuchlings auf dem Behandlungstisch und versuchte stillzuhalten, während die mit Masken, Schutzkleidung und Gummihandschuhen versehenen Laboranten mit Pinzetten und kleinen Glasphiolen an ihrer Haut arbeiteten und Proben der Fungoide sammelten, die ihren Körper in ein Schlachtfeld verwandelt hatten.
Ein Viertel ihrer Hautoberfläche war aufgebrochen und rissig. Rosarote, nässende Wunden und dunkel verkrustete Blasen brachen allenthalben in häßlichen Flecken hervor. Da und dort war das Fleisch in bösartigen Krebsgeschwüren aufgegangen und sonderte Blut und Wundflüssigkeit ab.
Saul hatte seinen Leuten eingeschärft, so rasch wie möglich zu arbeiten, weil er wußte, wie hart sie dies ankommen mußte. Marguerite van Zoon war eine äußerst zurückgezogen lebende Person, und überdies eine echte Emigrantin, die der Erde nur den Rücken gekehrt hatte, um ihrer Familie eine Bestrafung wegen politischer Vergehen zu ersparen. Was immer auf ihren Anträgen stehen mochte, nur ein Bürokrat würde daran festhalten, daß sie ›freiwillig‹ hier herausgekommen sei, um fressenden fremden Zellkulturen als Nahrung zu dienen.
Dennoch war Marguerites Fröhlichkeit sprichwörtlich. Sie mußte schon unter sehr ernsten Beschwerden leiden, wenn sie sich überhaupt
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