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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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ergreifen und zu durchdringen. So viele Faktoren spielten dabei eine Rolle, daß es einer Zelle ein leichtes sein müßte, dem Eindringling den Zugang zu verweigern.
    Dies um so mehr, als eine phantastische Zahl von Schritten benötigt wird, um die Maschinerie der Zelle in eine Sklavenfabrik umzuwandeln und die Ribosomen und Mitochondrien zu zwingen, Aufgaben zu übernehmen, die ihren normalen Funktionen völlig fremd sind.
    Die Zelle braucht nichts weiter zu tun als einen beliebigen dieser Schritte zu unterbrechen, und der Prozeß kommt zum Stillstand. So erklärten die Ungläubigen. Sie bestanden darauf, daß es einen Grund geben müsse. Warum erlaubt die Zelle, daß sie zur leichten Beute wird?
    Die Biologen der klassischen Richtung rümpften die Nasen. Sie argumentierten, daß Tiere ständig neue Mittel zur Bekämpfung von Viren erfinden, aber die Viren wiederum entwickeln Methoden zur Überwindung aller Hindernisse. Das Gleichgewicht steht immer auf Messers Schneide.
    Aber die Abweichler ließen nicht locker. Sie meinten, der Tod durch Virusinfektion sei genau genommen nichts als eine Nebenwirkung. Krankheit sei nicht ein Krieg zwischen Arten, sondern in der Mehrzahl der Fälle gescheiterten Verhandlungen gleichzusetzen.«
    »Wie soll man sich das vorstellen?« fragte Carl.
    Saul trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte und suchte nach den richtigen Worten. »Hmm. Versuchen wir es anhand eines Beispiels. Sie wissen, was Mitochondrien sind?«
    Carl neigte den Kopf und zitierte: »Faden- oder körnchenartige Zellbestandteile, deren Membranen aus Lipoproteiden bestehen. Sie regulieren den grundlegenden Energiehaushalt… entnehmen der Zuckerverbrennung elektrochemisches Potential und wandeln es in nützliche Formen um.«
    »Sehr gut«, sagte Saul beeindruckt. Carl hatte sich von den langen, hoffnungslosen Dienstjahren nicht entmutigen lassen und versucht, sich Kenntnisse über den Feind anzueignen, der sie alle zu zerstören drohte. Kein Gelehrter dieser Fachrichtung, mußte er sich das Wissen mit viel Fleiß und noch mehr Energie angeeignet haben.
    »Und Sie kennen die verbreitete Theorie über die Herkunft der Mitochondrien?«
    Carl schloß die Augen. »Ich erinnere mich, etwas darüber gelesen zu haben. Sie ähneln bestimmten Arten frei lebender Bakterien, nicht wahr?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Manche Leute meinen, sie seien einst unabhängige Lebensformen gewesen. Aber in ferner Vergangenheit sei einer ihrer Vorfahren im Inneren der frühen Eukaryoten wie in einer Falle gefangen worden.«
    Saul nickte. »Ja, und zwar vor Milliarden Jahren, als unsere Vorfahren Einzeller waren, die in offener See ihrer Nahrungssuche nachgingen.«
    »Ja. Nach dieser Theorie sollen unsere einzelligen Vorfahren sich jene der Mitochondrien einverleibt haben. Aber aus irgendeinem Grund wurden sie nicht verdaut, und die Einzeller ließen die Mitochondrien in ihrem Innern für sich arbeiten, statt sie zu verzehren.«
    Carl lehnte sich zurück und blickte zu Saul auf. »Sie meinen, daß hier eine Symbiose entstand, nicht wahr? Die frühen Mitochondrien ermöglichten der Wirtszelle eine effizientere Energieumwandlung. Und sie wiederum brauchte nicht mehr auf Nahrungssuche zu gehen. Die Wirtszelle…«
    »… unser Vorfahre…«
    »… kümmerte sich in Zukunft darum.«
    »Und wenn die Wirtszelle sich teilte, tat die Mitochondrie es auch und gab das Arrangement an die Tochterzelle weiter. Die Partnerschaft wurde durch ungezählte Generationen weitervererbt. Das gleiche scheint für die Chloroplaste zu gelten, die grünen, photosynthetisch aktiven Chromatophoren in Pflanzenzellen, die den eigentlichen Prozeß der Photosynthese bewerkstelligen und bei Photoneneinfall Stärke bilden. Sie sind verwandt mit blaugrünen Algen. Und viele andere Zellkomponenten lassen die Folgerung zu, daß auch die Chloroplaste einmal unabhängige Lebensformen waren.«
    »Ja, ich erinnere mich, darüber gelesen zu haben.« Carl schien zum erstenmal interessiert. Saul erinnerte sich einiger Gespräche, die sie in den frühen Tagen geführt hatten, ehe ihre Differenzen eine Kluft zwischen ihnen hatten aufbrechen lassen. Er überlegte, ob Carl diese Gespräche ebenso vermißt hatte wie er.
    Wahrscheinlich noch mehr. Schließlich hatte er Virginia.
    »Das gleiche gilt für den gesamten Organismus. Ein Mensch ist Wirt ungezählter Arten von Lebensformen, die in und auf ihm leben und von ihm abhängig sind, wie er in vielen Fällen von ihnen abhängt. Von

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