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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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daß Virginia selbst nicht ›gegenwärtig‹ war, und Saul, der sie selbst anzutreffen gehofft hatte, war ein wenig enttäuscht.
    »Hallo, Kleines«, sagte er zu der sehr wenig maschinenhaften, in der Kolonie zusammengebauten Maschine, als sie einen Greifarm ausstreckte und sein Bein streichelte. Das Gerät war eine weitere Hybridform aus einheimischer und importierter Forschung, eine Mixtur neuer Entwicklungen, die ihnen durch ihre heimlichen Wohltäter zugänglich gemacht worden waren, der technischen Könnerschaft von Fachleuten wie Jeffers und d’Amaria und Virginias eigenwillig-moderner Methode persönlichkeitsgesteuerter Programmierung.
    »Ich liebe dich, Saul«, sagte die kindliche Stimme leise. Die kleine künstliche Person war ein redigiertes Gegenstück zu Virginia. Bisweilen, wie es jetzt der Fall war, führte das zu Peinlichkeiten. Keoki hüstelte und grinste hinter der vorgehaltenen Hand.
    Saul empfand die Peinlichkeit doppelt stark, da Virginia ihm zur Zeit grollte. Und er konnte es ihr nicht einmal verdenken.
    »Hallo, Lani«, sagte er zu der jungen Frau, die dem Roboter folgte. Sie begrüßte ihn mit einer herzlichen, warmen Umarmung.
    Er bemühte sich, sie auf Armeslänge von sich zu halten, lächelte ihr zu und sagte: »Sie sehen bezaubernd aus, Lani.«
    Sie errötete und wandte ein wenig den Kopf, wie um die Narben zu verstecken, welche die Pocken auf ihren einst so glatten Wangen zurückgelassen hatten.
    »Als Lügner sind Sie fast so gut wie als Arzt, Saul.«
    Aber er hatte ihr nicht schmeicheln wollen; für ihn sah sie wirklich bezaubernd aus. Nur zu gut erinnerte er sich des traurigen Tages, als Lani Nguyen ins Kühlfach gelegt worden war. Damals hatte es hoffnungslos ausgesehen, beinahe so, als wollte man einen Leichnam einlagern. Jetzt war die Blässe des Tiefschlafes beinahe aus ihrem Antlitz gewichen, und die blauen Augenlider machten ihre orientalischen Züge nur geheimnisvoller.
    Virginia hätte ihm niemals von Lani Nguyens geheimem Lager menschlicher Keimzellen und Ova erzählen sollen. Seit ihrer Wiedererweckung war er wiederholt nahe daran gewesen, sie auszufragen, um das Versteck zu erfahren. Ah, dachte er bei sich, wenn ich dieses Material in die Hände bekommen könnte! Es wäre eine große Versuchung…
    »Wann kann ich wieder Dienst tun, Saul? Ich möchte zu den Arbeitsgruppen, bevor die Montage der Rückstoßgeräte fertig wird.«
    Eine Astronautin bis zuletzt, dachte er. »Selbst wenn die Bahnveränderung in einem Monat oder so beginnen sollte, Lani, wird sie jahrelang andauern, und es werden ständig Instandhaltungsarbeiten nötig sein. Sie werden noch zu Ihrem Teil kommen, keine Sorge. Im Moment kommt es darauf an, daß Sie sich ausruhen und über den Stand der Dinge unterrichten.«
    Sie nickte. Das Kapuzineräffchen sprang von Keokis Schulter auf ihre, und sie streichelte es.
    »Ich werde versuchen, mich in Geduld zu üben, Saul. Übrigens muß ich Ihnen danken, daß Sie mich für die Dauer meiner Rekonvaleszenz dieser Gruppe hier zugewiesen haben. Ich bin auch anderswo gewesen, um Bekannte zu besuchen…« Sie schüttelte den Kopf. »Sagen Sie mir, Saul, wie können sich Leute, beruflich tüchtige Menschen mit Universitätsabschlüssen so… so benehmen?« Sie suchte vergeblich nach dem passenden Wort.
    »So meschugge?« sagte er.
    Lani lachte, klar und glockenhell. »Ja. So meschugge.«
    Anuenue legte ihr den Arm um die Schulter. »Wir sind sehr froh, Lani bei uns zu haben. Alle Gruppen der Überlebensfraktion würden sie als ständiges Mitglied willkommen heißen.«
    »Ich weiß, ich werde mich für eine Gruppe entscheiden müssen«, sagte Lani zögernd. »Ich bin noch nicht gewohnt, so zu denken.«
    Saul gefiel es sowenig wie ihr. Er hatte gehofft, daß die Zersplitterung der letzten dreißig Jahre aufhören würde, wenn Leute, die in den frühen Tagen in die Kühlfächer gekommen waren, nun wiedererweckt, mit seinem Serum behandelt und zur Arbeit eingeteilt wurden. Mit dem Anwachsen der aktiven Bevölkerung würde schließlich eine Mehrheit aus Leuten bestehen, die ihre Erdentage noch in frischer Erinnerung hatten und die noch beseelt waren von den anfeuernden Worten, die Kapitän Cruz in seiner ersten Rede für ihre Arbeit und die Hoffnungen gefunden hatte, die sie alle teilten.
    Aber die Entwicklung hatte andere Bahnen genommen. Die Wiederbelebten – desorientiert, schwach und eingeschüchtert – sahen sich in einer Welt, die der von ihnen erinnerten Kolonie so

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