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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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Linken lag weißer Strand im Licht des Sommertages. Neuengland, wahrscheinlich Massachusetts.
    Ja, sie hatte gehört, daß er einmal in Harvard gewesen war. Und im Sommer, natürlich. Fast alle Ansichten, die man hier zu sehen bekam, entstammten einer Jahreszeit, die behagliche Wärme ausstrahlte und geeignet war, die frostige Kälte des alten Eises abzuwehren, die sie bald umgeben sollte. Das schräg einfallende Licht deutete auf Spätnachmittag hin. Am Horizont erhob sich eine ferne Gewitterfront aus dem sommerlichen Dunst, und ein leichter Wind kräuselte das Wasser des Flusses, das unter knorrigen Uferbäumen in samtenen Schatten lag. Eine angenehme und ermutigende Wärme strahlte von der Szene aus, obwohl es eher ihre eigenen Wollsachen waren, die den Effekt bewirkten. Saul trug einen bequemen Baumwollanzug, blau mit feinen weißen Streifen. Ein rüschenbesetzter Hemdkragen war der einzige modische Akzent. Offenbar legte er nicht allzuviel Wert auf seine Kleidung, würde vielleicht sogar nackt gehen, wenn Temperatur und Gesellschaft es erlaubten.
    Während sie ihn gedankenverloren betrachtete, schüttelte er irritiert den Kopf, grunzte und schaltete den Bildschirm aus.
    »Fertig?«
    »Ja, aber ohne Ergebnis.« Er trommelte mit den Fingern auf die Konsole.
    »Wonach haben Sie gesucht?«
    »Nach einer Verunreinigung, die ich zu sehen meinte. Es war… – nein, nichts.«
    »Sie machen sich wegen etwas Sorgen.«
    Er lehnte sich zurück, und die Anspannung der Konzentration verlor sich aus seinen Zügen. »Nein… das heißt, nicht mehr als gewöhnlich.«
    »Wir sind beide für die Erste Schicht eingeteilt«, sagte sie. »Das wird uns viel Zeit geben, an unseren eigenen Forschungen zu arbeiten.«
    Er nickte. »Ich freue mich darauf. Sechzehn Monate Ruhe und Frieden, Eis zerschneiden und nach Einschlüssen Ausschau halten.«
    »In ein paar Wochen werden wir die ersten Leute in die Kühlfächer stecken.«
    Er nickte zerstreut. Dann sagte er plötzlich: »Ich bin ein schlechter Gastgeber. Etwas aus der Bar?«
    »Sie haben von der Alkoholration etwas übrig?«
    »In diesem Labor? Ich kann wirklich alles machen, was ich will. Ich habe mein eigenes Bier, wenn Sie es riskieren wollen?«
    »Gern.« Sie verspürte das Bedürfnis nach einem Durchbruch, um ihn zu erreichen. Sein Gesicht war von Widersprüchen gezeichnet, eine vom Leben und der Zeit eng beschriebene Schiefertafel. Während seine Augen wie unbeteiligt in die Ferne zu blicken schienen – vielleicht zu einem Problem, das sich langsam in den Brennpunkt schob –, waren seine vollen, sinnlichen Lippen zu einer ironischen Grimasse verzogen, in der ein Ausdruck von Leidenschaft und Machthunger wohnte. Der kühle Verstand, der die Augen beherrschte, wußte nichts von dieser niederen, unterdrückten Macht. Der Streit dieser widersprüchlichen Elemente war überall in seinem Gesicht zu erkennen, dessen untere Hälfte von einem Gemisch weißer und dunkler Bartstoppeln bedeckt war, und auf dessen hoher, glänzender Stirn sich die Deckenbeleuchtung gelblich spiegelte. Genießerisch öffnete er zwei langhalsige braune Flaschen und wirkte plötzlich wie ein kahlköpfiger Händler.
    Virginia biß sich auf die Unterlippe. Nun, da sie die ersten Augenblicke überstanden und den Schritt getan, den sie hundertmal erwogen hatte, merkte sie, daß sie die Augen nicht von ihm abwenden konnte.
    »Sie sind wegen des Gesprächs hier, das wir kürzlich führten, nicht wahr?« sagte er. Sein Gesichtsausdruck wurde freundlicher, löste sich aus der Selbstversenkung. Sein Blick begegnete ihrem.
    »Äh, ja.« Ein Grund war so gut wie der andere.
    »Was, sagten Sie, hatte Ihre Mutter?«
    »Ich… Lupus.«
    »Ach ja.« Ein Schatten ging über sein Gesicht, er lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück, verschränkte die Hände im Nacken und streckte die Beine von sich. »Ich entsinne mich jener Jahre. In diesem Fall gelang uns eine saubere Lösung. Keine Nebenwirkungen, wie man an Ihnen so deutlich sehen kann. Hm. Haben Sie jemals einen wirklich schweren Fall gesehen?«
    »Nein, nur darüber gelesen…«
    »Das ist nicht das gleiche. Unter dem Mikroskop sind die Zellen nicht wie kleine Zylinder, sondern mißgestaltet und krumm. Das Bindegewebe des Patienten wird undurchlässig. Es gibt zahlreiche Symptome, und sie aufzuspüren bereitet keine Schwierigkeiten. Angeschwollen, schmerzende Gelenke. Wiederholte Infektionen. Leberschaden, früher Tod. Es hatte schon vor uns gute Diagnosemöglichkeiten

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