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Im Herzen des Kometen

Im Herzen des Kometen

Titel: Im Herzen des Kometen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford , David Brin
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Verwaltungsarbeit ab, sondern war außerdem noch Leiterin der Hauptabteilung Wissenschaft.
    Um die beiden standen die Abteilungsleiter – alle bis auf Matsudo, der vermutlich noch seinen Patienten behandelte. Nikolai Malenkow oder Marguerite van Zoon hätten den kleinen Unfall genausogut verarzten können. Selbst Saul, dessen klinische Fähigkeiten ein wenig eingerostet waren, hätte den Bruch behandeln können.
    Aber der Rang hat seine Privilegien, und Akio hatte sich in letzter Zeit gelangweilt. Unfälle, die nicht augenblicklich zum Tode geführt hatten, waren selten gewesen. Und die überdurchschnittlich gesunde Mannschaft gab einem Arzt nicht viel mehr zu tun als die Kühlfächer zu beaufsichtigen und gelegentlich Krankheitserreger freizusetzen, die das Immunsystem der Leute abwehrbereit zu halten hatten. ›Arzt, heile dich selbst‹, dachte Saul. Er hatte sich eigens eine Portion Dexbrompheniramin angefertigt, ein seit langem veraltetes Antihistamin, das aber leicht zu synthetisieren war, so daß er der Notwendigkeit enthoben blieb, sich selbst etwas aus der Expeditionsapotheke zu verschreiben und eine entsprechende Eintragung zu hinterlassen.
    Er wußte, daß dieses Verhalten ein wenig unethisch war, da er die Sache vor Akio Matsudo verbarg. Aber er hatte nicht die Absicht, sich wegen eines verdammten Schnupfens in ein Kühlfach schieben zu lassen. Nicht zu einem Zeitpunkt, der zu den erregendsten Augenblicken in der Geschichte der Wissenschaft zählte.
    Mehr als einhundert Menschen hatten sich in der Halle versammelt. Bis auf zwei Dutzend, die anderswo Wachdienst taten, war die gesamte Besatzung der Edmund Halley anwesend, dazu ungefähr dreißig zeitweilig geweckte Tiefschläfer, die an ihrer blassen Gesichtsfarbe zu erkennen waren.
    Ein paar Leute setzten sich aus alter Gewohnheit nieder, aber die meisten ruhten in einer Art Hockstellung aus, die sich in der Schwerelosigkeit bewährt hatte: auf den Zehen sitzend, die Knie gebeugt und die Arme zu beiden Seiten herabhängend.
    Kapitän Cruz und Dr. Oakes bestiegen eine aus den Resten der Sekanina errichtete Plattform, wo Cruz die Hände erhob. Das leise Gemurmel der Gespräche verstummte.
    »Also!« fing er an und rieb die Hände aneinander. »Hat schon jemand kalte Füße?«
    Die versammelten Astronauten und Wissenschaftler schmunzelten. Obwohl sie verschiedene Kulturkreise und Religionsgemeinschaften repräsentierten, gab es keinen Zweifel daran, daß sie alle ihren Expeditionsleiter mochten und bewunderten.
    Cruz wärmte sie noch ein wenig mehr an.
    »Ich möchte Ihnen allen danken, daß Sie diese vielen Millionen Kilometer gekommen sind, an dieser Versammlung teilzunehmen. Ich habe Sie hier zusammengerufen, um Ihnen zu sagen, daß die Expedition leider abgesagt worden ist. Wir sollen alle unsere Sachen packen und noch heute abend umkehren.«
    Das riß alle mit. Gelächter und Applaus erfüllten die Halle. Auch Saul lachte mit und klatschte. Cruzs instinktsichere Kunst der Menschenführung zeigte sich auch darin, daß er mühelos die Moral hochhalten und das Beste aus einer Gruppe herausholen konnte.
    Selbstverständlich gab es für keinen von ihnen eine Möglichkeit, umzukehren… nicht bevor die ihnen zugemessenen sechsundsiebzig Jahre verstrichen wären. Gegenwärtig flogen sie mit dem Halleyschen Kometen mit einer Geschwindigkeit von dreißig Kilometern pro Sekunde aus dem inneren Sonnensystem. Diese enorme Geschwindigkeit mußte erst wieder aufgezehrt werden und im sonnenfernsten Punkt Null erreichen, bevor der Riesenkomet wieder der Sonne entgegenzufallen begann. Und erst wenn er sich wieder auf Annäherungskurs befand, konnte man an eine Heimkehr denken.
    Saul hing seinen Gedanken nach und verpaßte den nächsten Scherz. Aber die Reaktion war die gleiche. Sie lachten gemeinsam und machten den Eindruck einer rundum zufriedenen Mannschaft. Cruz gab sich absichtlich volksverbunden und lockerte die Stimmung auf, während er gleichzeitig seinen Nimbus vollständiger, entspannter Beherrschung aufrechterhielt.
    Dennoch konnte selbst Saul die Trennungslinien sehen. Die erfahrenen Astronauten hatten sich zur Linken versammelt. Die Wissenschaftler, Spezialisten verschiedener Fachrichtungen unter Oakes’ Oberleitung, hatten sich vorn zusammengefunden. Hinter ihnen waren Techniker und Ingenieure aus mehr als zwei Dutzend Nationen im Saal ausgebreitet.
    Dazu gab es mehrere kleinere Gruppen, deren innerer Zusammenhalt von der Geographie oder ihrer gemeinsamen

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