Im Herzen des Kometen
mißlang.
Nun ja, gut. Er hatte dienstfrei gehabt und seine Freizeit genutzt, wie er es für angemessen gehalten hatte. Nur war das übermäßige Trinken und Feiern sonst seine Sache nicht, und nun mußte er den Preis entrichten.
Als wäre es eine Antwort auf den Gedanken, durchbohrte ein stechender Schmerz seinen benommenen Schädel. Er streckte die Hand nach dem Licht aus und berührte statt seiner einen weichen Schenkel.
Ach du lieber Gott! Die Erinnerung kehrte bruchstückhaft zurück. Auf einmal hatte er sie unglaublich attraktiv, witzig und teilnehmend gefunden…
»Mmmh?« murmelte Lani schlaftrunken. »Carl?«
Er versuchte zu sprechen, mußte sich räuspern. Nachdem er schmerzhaft geschluckt hatte, krächzte er: »Ah, ja. Morgen.«
Sie schaltete ihre schwache Nachttischlampe ein, deren Schein ihre Schatten auf die Wände des gemütlichen kleinen Raumes warf. »Du… du siehst furchtbar aus.«
Er versuchte zu lächeln. Es fühlte sich an, als hätte ein Riß sein Gesicht gespalten. »Besser als ich mich fühle.«
Lanis breites Gesicht sah auch nicht gerade frisch aus. »Möchtest du etwas?« fragte sie stirnrunzelnd.
»Nein, ich werde es ausschwitzen.«
»Ich habe etwas B-Komplex, das die Auswirkung dämpfen kann.«
»Na gut, laß uns sehen, was die Wissenschaft kann.« Er wußte, daß es nichtssagend klang, fühlte aber instinktiv, daß er einen leichten Ton anschlagen mußte. Nur trübe konnte er sich entsinnen, wie er hier in ihrem Raum gelandet und was gesagt worden war. Sein Unterbewußtsein hatte ihn wieder in Schwierigkeiten gebracht.
Sie warf die Decke ab und glitt durch den Raum, nackt, graziös und ohne Scham. Sie suchte in einer Medikamentenschublade und kam mit fünf Tabletten und einem Wasserbeutel zurück. Er ließ sich mit dem Schlucken Zeit und versuchte zu überlegen, wie er sich zu dieser Entwicklung stellen sollte.
Er konnte sich erinnern, daß er sich über Virginia geärgert hatte, das war der Anfang gewesen. Dann hatte er einiges von Langsthons tödlichem selbstgebrauten Kokosschnaps getrunken, und dann war Saul Lintz irgendwo auf einem Bildschirm aufgetaucht, hatte sich eingeschaltet, um zu sehen, was vorging. Ja, das mußte der Auslöser gewesen sein. Bis dahin war alles in normalen Bahnen verlaufen, aber der selbstgerechte alte Saul hatte die Brauen zusammengezogen und sie alle mit seinem mißbilligenden Blick bedacht, und das hatte Carl sehr aufgebracht. Gegen ihn, gegen Virginia…
»Besser?« fragte Lani.
»Äh. Geringfügig.« Er ließ sich vorsichtig aufs Bett zurücksinken, bemerkte, daß auch er nichts anhatte.
Sie schwebte in Lotusposition in der Luft über dem Bett. »Du solltest weiterschlafen.«
»Äh, ich… wie spät ist es?«
Sie lächelte ein wenig, als hätte sie seine Absicht erraten.! »Gleich zehn.«
»Oh… Meine Wache fängt bald an.«
Ihr Lächeln wurde breiter. »Zuerst mußt du zu den Lebenden zurückkehren.«
»Es… es geht schon.« In Wahrheit fühlte er sich noch schlechter als zuvor. Er konnte nicht klar denken. Er war nie in einer Situation gewesen, wo er sich beim besten Willen nicht besinnen konnte, ob er mit einer Frau geschlafen hatte oder nicht. Verdammt unwahrscheinlich, dachte er. Ich habe doch jedesmal schlapp gemacht, wenn ich einen Rausch hatte.
»Du fragst dich, ob wir…«, sagte Lani, und das leise Lächeln umspielte ihre Lippen.
»Hm… ja.« Sie war immer einen Zug voraus.
»Sagen wir, deine Motive waren unschuldig.«
»Wie?«
»Wir redeten über dies und das, und du sagtest, du wolltest meine Wandwelt sehen.«
»Deine was?«
Sie richtete sich auf und berührte einen Lichtschalter. Sofort wurde der Raum ringsum zu funkelnder, blitzender Realität.
»Au!«
»Oh, entschuldige. Ich werde das Licht dämpfen.«
Es war die Kristallhöhle. Sie war dorthin zurückgekehrt, hatte sorgsam die vielen Gesichtswinkel mit den ungezählten Facetten aufgenommen. Überall glitzerte gespielte Helligkeit. Und wunderbarerweise war es ihr gelungen, die Aufnahmen zu machen, ohne Spiegelungen ihrer selbst oder ihrer Ausrüstung ins Bild zu bringen, so daß die funkelnde Höhle eine Vision war, wie man sie in der Realität niemals sehen konnte. Es war besser als die Realität. Dann hatte sie ihren Raum so eingerichtet daß Mobiliar und Geräte dunkle Teile der Höhle besetzten, was den Gesamteffekt kaum störte.
»Phantastisch. Alle anderen haben Bilder aus der Heimat.«
»Dieses National Geographic- Touristenzeug kann ich jederzeit
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