Im Herzen des Kometen
erhielten.
Nichtsdestoweniger bedeutete Saul dem Astronauten, zurückzutreten – aus demselben Grund, aus dem er Virginia trotz ihrer an Meuterei grenzenden Gesuche ferngehalten hatte.
Saul war noch nicht gänzlich überzeugt. Nikolai Malenkow mochte schließlich doch recht haben. Alles war möglich, wenn der Komet imstande war, mit Überraschungen wie dieser in der Schale vor ihm aufzuwarten.
»Das Zeug wuchs in der großen Luftentfeuchtungsanlage, wo Schacht 1 die Ebene A schneidet, Dr. Lintz. Nach meiner Rückkehr zum Zentralkomplex zeigte ich es Dr. Malenkow, aber seit Peltier ausgefallen ist, hat er in der Krankenstation alle Hände voll zu tun. Er sagte, Sie seien der große Hüter einheimischer Tiere auf diesem Eisberg, also brachte ich es zu Ihnen.«
Wahrscheinlich hatte Nikolai angenommen, er werde einen maschinellen Boten verwenden, dachte Saul. Alle paar Stunden klopfte eine mechanische Hand an seine Tür und brachte eine Thermosflasche voll Tee oder Suppe und eine winzige Nachricht von Virginia. Wer konnte es wissen, vielleicht waren diese kleinen Sendungen der eigentliche Grund, daß seine Infektion sich nicht verschlimmert hatte.
Die behandschuhten Hände in einem Isolierkasten, arbeitete er mit sterilisierten Pinzetten, um den klumpigen Knäuel roter und grüner Fäden auseinanderzuziehen und auf den Objektträger des Mikroskops zu übertragen. Dieses Zeug, das es nicht geben konnte, existierte offensichtlich. Es mußte untersucht werden.
Natürlich würde Malenkow nicht sonderlich interessiert sein, sich etwas so Makroskopisches wie dieses anzusehen; als Chefarzt der ersten Schicht beschäftigte ihn die Frage, wer und was die Erreger der seltsamen und beängstigenden Krankheit waren, die aus dem Nichts erschienen war, den Expeditionsleiter getötet und nun ein zweites Oper niedergestreckt hatte.
Die Wiederbelebung von Bethany Oakes und einem halben Dutzend weiterer Ersatzleute war durch die Entdeckung bräunlichen Schleims in den Erwärmungsbehältern, die nun in mühsamer Handarbeit gereinigt werden mußten, verzögert worden. Dies und die übrigen Vorbereitungen zum ›Auftauen‹ beschäftigten Malenkow neben seinen übrigen ärztlichen Pflichten zu sehr, als daß er sich mit etwas so großem – und infolgedessen ›harmlosem‹ – wie Fäden abgeben konnte, die irgendwo in einem entfernten Stollen aufgetaucht waren.
Saul, in die Quarantänestation seines eigenen Laboratoriums verbannt, hatte wenig mehr zu tun als die Gewebeproben zu analysieren, die man dem armen Miguel Cruz und dem anderen Patienten entnommen hatte – und sich mit Nachfragen einer besorgten Bodenkontrollstation herumzuschlagen. Hauptsächlich arbeitete er an einem Breitspektrum-Inkubationsprogramm, von dem er frühestens in zwei Tagen Resultate erwarten konnte.
»Wissen Sie schon, was den Kapitän umgebracht hat, Doktor?«
»Ich habe Anzeichen einer Infektion gefunden, dazu körperfremde Eiweißfaktoren, aber damit hat es sich auch schon.« Saul war zu der Erkenntnis gelangt, daß er den oder die pathogenen Faktoren ohne sehr viel mehr Daten wahrscheinlich niemals finden würde. Er mußte mehr über die Grundlagen Halleyscher Lebensformen wissen.
Wenn Nikolai ihn nicht an die Patienten heranließ, mußte er anderswo suchen, und am liebsten wäre er hinausgegangen in die Kavernen und Stollen und hätte sich selbst umgesehen, Proben gesammelt, eine Basis zur Sammlung von Daten geschaffen, um herauszufinden, was den Kapitän getötet hatte. Aber diese verdammte Quarantäne…
Er wandte den Kopf und hob ein Taschentuch an die Nase, bevor er nieste. Es dröhnte ihm in den Ohren, und die Sicht verschwamm für einen Augenblick.
Nun, wenigstens schien Jim Vidor sich nicht sonderlich gefährdet zu fühlen, wenn er einen Aussätzigen besuchte. Zwar war er bei der plötzlichen Eruption zurückgewichen, aber als Saul sich geschneuzt hatte, kam der Astronaut wieder näher, um ihm über die Schulter zu sehen.
»Haben Sie eine Ahnung, was das ist, Dr. Lintz? Dieses neue Zeug war überall um die Einlaßrohre auf Ebene B, und ich fürchte, es könnte zu einem ebenso schwierigen Problem werden wie dieser grüne Schleim, wenn es die Entfeuchtungsanlage verstopft.«
Nikolai und ich, dachte Saul, fürchten die kleinen Dinge… mikroskopische Lebensformen, die von innen töten. Aber Astronauten wie Jim Vidor oder Carl Osborn hatten andere Sorgen. Sie sorgten sich um festsitzende Ventile, um Luft und Wärme und die saugende Nähe des
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