Im Herzen Rein
zuschütten lassen würde.
»Ich muss Ihnen ein Kompliment machen«, sagte Bach schließlich. »Kunst hat viele Seiten, und Sie sind ein Artist darin, den Markt zu bedienen.«
Das war zu viel für Heiliger. »Schneidend!«, brüllte er. »Schneidend scharf beobachtet.« Heiliger hielt sein Besteckmesser in der Faust. »Ich denke, dir kommt es nur, wenn du wie ein KZ-Folterknecht das Messer nimmst -«, Heiliger bewegte das Messer auf Bachs Kehle zu, »- und lustvoll in den Abgrund der Wut blickst, die du kreierst.«
Chris hielt die Luft an. Hubertus bewegte sich nicht, und Heiliger brauchte nur noch eine knappe Bewegung, um ihm das Messer in den Hals zu stoßen. Der Mann vom Nebentisch, der Heiliger am nächsten war, holte aus und schlug zu. Heiliger kippte nach hinten, doch bevor er mitsamt dem Hocker auf den Boden knallte, wurde er von einem anderen Gast aufgefangen. Der Schläger, der Bach gerettet hatte, hielt ein weißes Tuch vor Heiligers Nase, aus der Blut quoll. Dabei versuchte er, Heiliger zu beruhigen.
Alles war blitzschnell gegangen.
Antonia schüttelte den Kopf, als würde sie aus einem bösen Traum erwachen, und schob die beiden Männer zurück. »Überlassen Sie das mir, bitte.« Sie nahm eine Papierserviette und gab sie Heiliger. Es war still im Lokal. Heiliger rappelte sich knurrend auf, stützte sich benommen auf Antonia, drückte sich die Serviette gegen die Nase und ging.
Chris blickte ratlos zu Bach. Das Ganze kam ihr vor wie ein Albtraum.
»Was ist hier eigentlich gerade abgelaufen?«, fragte sie.
»Er hat die Rechnung nicht bezahlt«, sagte Hubertus Bach in dem Ton, der Heiliger so wütend gemacht hatte. Er winkte den Kellner herbei.
»Wir haben Glück gehabt. Oder?«
Sie wunderte sich über seinen nüchternen Ton, als habe er alles nur aus der Distanz beobachtet, obwohl Heiliger ihn jeden Moment mit dem scharfen Messer hätte verletzen können. Erst jetzt fiel Chris der Schläger ein, der das Blut aus Heiligers Nase mit einem Tuch gestillt hatte. Sie wollte ihn danach fragen, denn es enthielt die Blutprobe, die sie brauchte. Doch er war schon verschwunden.
»Wo ist der Typ geblieben, der Heiliger das Tuch unter die Nase gehalten hat?«, fragte sie Bach.
Er schaute sich um und zuckte mit den Schultern.
Chris ging zu den Kellnern, doch der Mann hatte bereits bezahlt und nach dem Vorfall sofort das Lokal verlassen. Der Wirt kam und sagte, jemand habe nun doch das ganze Geschirr in die Spülmaschine gestellt.
Als sie mit Bach das Lokal verließ, bedankte sie sich dafür, dass er gekommen war, und fügte hinzu, sonst wäre es ihr vielleicht an den Kragen gegangen.
»Ich halte den Mann zwar für gefährlich«, sagte Bach, »aber nicht im Sinne unkontrollierter Handlungen. Er ist berechnend. Aber interessant ist, dass er eine andere Seite nach außen trägt.«
»Du hast dich nicht gefürchtet?«
»Nein. Ich habe nicht geglaubt, dass er mir etwas antun würde.«
»Meinst du, er würde mir etwas antun?«
»Ich denke, nein. Er würde einen Ersatz suchen.«
Zum Abschied umarmte sie ihn kurz und sagte: »Vielleicht habe ich dir mein Leben zu verdanken.«
»Ich glaube kaum.« Er lächelte, hob grüßend die Hand und ging.
Als sie mit Paula telefonierte, um ihr alles zu berichten, erfuhr sie, dass weder sie noch Bach in Gefahr gewesen waren, denn Paula hatte dafür gesorgt, dass der Tisch neben ihnen vom MEK besetzt war. Die Sache war mit Bach abgesprochen gewesen. Er sollte Heiliger so provozieren, dass ein Eingreifen der Polizisten gerechtfertigt sein würde.
»Das Tuch mit Heiligers Blut ist bereits in der KT zur Analyse«, sagte Paula.
38
Paula suchte wieder nach ihren Schlüsseln, als der Anruf kam. Sie war morgens extra vor den anderen gekommen. In ihrem Büro waren sie nicht. Sie mussten irgendwo anders sein. Natürlich nicht im Kühlschrank, aber sie konnte nicht widerstehen, ihn zu öffnen. Es waren noch drei Stück von Ullas selbst gebackenem Apfelkuchen da. Sie kämpfte mit sich und wollte gerade zugreifen, da ertönte ihre Handy-Melodie. Dr. Jossele von der KT rettete sie vor dem Kuchen.
»Moin, moin«, sagte er fröhlich. »Haben Sie schon gefrühstückt?«
»Nein, wollte ich gerade.«
»Die DNA-Untersuchungen hatten ja ergeben, dass die Haare an der Baseballkappe und die bei Johanna Frenzi gefundenen Spermien von derselben Person stammen. Aber es ist nicht die Person, von der das Blut an der Serviette ist, die Sie uns zum Vergleich schickten.«
Die Aktion am Rande
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