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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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scheinbar gelangweilt aus und schob es sich mürrisch in den Mund. Während er kaute, kugelte er das Papier mit den Fingern zusammen.
    Marius wollte etwas sagen, aber Paula kam ihm zuvor.
    »Ja. Und in dem Zusammenhang wurde jemand in einem anderen Auto gesehen, der eine Baseballkappe trug. Deswegen sind wir hier. Haben Sie eine Kappe mit NY vorne drauf?«
    Mendel blickte sie durch seine randlose Brille feindselig an und hob gerade die Stimme an, als seine Frau in der Tür erschien. Vermutlich hatte sie das Letzte gehört und wartete neugierig auf seine Antwort.
    »Ich habe so eine Kappe, wenn es das ist, weswegen Sie gekommen sind.« Er kaute jetzt energischer.
    Seine Frau schien ein bisschen älter zu sein als er, war ungeschminkt und trug die dunklen Haare hochgesteckt. Die beiden machten keine Anstalten, die Polizisten in die Wohnung zu lassen. Vielleicht nahmen sie an, die Sache würde sich schneller im Stehen vor der Tür erledigen lassen. In Paulas Heimatkaff auf dem Land hätte man nicht gewollt, dass die Nachbarn etwas mitkriegen, aber in der Großstadt war alles so anonym, da gab es diese Hemmungen nicht. Wahrscheinlich hatten sie keinen Kontakt zu ihren Nachbarn. Paula hatte sich bei der Ankunft schnell und unauffällig überzeugt - die Nachbarn waren Ausländer. Vielleicht verstanden sie sowieso nicht, was hier geredet wurde.
    Paula lächelte Frau Mendel zu, als würde sie sich mit einer Freundin über einen Jungen amüsieren, der seine Kappe nicht herausgeben will, drang damit aber nicht zu ihr durch.
    »Wollen Sie sie sehen, oder was?«, fragte er und schnippte die Papierkugel ins Treppenhaus.
    »Das wäre nett, ja«, sagte Marius schnell.
    Mendel schaute seine Frau an. »Die Mütze liegt oben im Flurschrank.« Er gab seine Stellung nicht auf. Frau Mendel kam mit der Kappe in der Hand zurück. Mit dem NY. Die Kappe, die sie in Johanna Frenzis Auto gefunden hatten, gehörte nicht Mendel.
    Also konnte er nicht der Fahrer des Tatwagens gewesen sein. Paula merkte, wie bei Marius die Spannung nachließ, und auch bei ihr war die Luft raus. Damit waren sie hier an der falschen Adresse.
    Mendels Augen blitzten. »Sonst noch was?«
    Seiner Ehefrau war die Situation wohl unangenehm, denn sie verschwand mit einem Kopfnicken.
    Doch Paula war noch nicht fertig. So einfach machte sie es ihm nicht. Sie holte den zusammengefalteten Fotoausdruck aus der Tasche. Er zeigte Mendel im Café zusammen mit Johanna Frenzi. Paula drückte das Foto mit der linken Hand gegen die Wand, glättete es mit der rechten und hielt es stramm. »Schau’n Sie mal. Das sind Sie.« Sie sagte es, als würde sie ihm eine alte Kindheitsaufnahme zeigen.
    Mendel kapierte sofort. »Das ist im Lindencafé. Die Kellnerin wollte, dass ich ihr den Titel der CD aufschreibe, von der ich erzählt hatte.«
    Paula faltete den Ausdruck wieder zusammen und steckte ihn ein. »Diese Kellnerin ist Johanna Frenzi. Sie ist in der Nacht vom 23. zum 24. September ermordet worden. Wo waren Sie in dieser Nacht?«
    »Im Krankenhaus. Ich hatte Nachtdienst.«
    Das ließ sich ja leicht überprüfen. Der Mann mit der Kappe war also eine Sackgasse gewesen. Dennoch war er ihr unsympathisch, sodass sie nur knapp sagte: »Vielen Dank für Ihre Geduld, und entschuldigen Sie die Störung.« Sie gab Marius ein Zeichen, und er folgte ihr in den Fahrstuhl.
    Mendel blieb stehen, bis sich der Fahrstuhl in Bewegung setzte. Paula sah noch, wie er den Kopf schüttelte.
    Anschließend fuhr sie wieder hinauf und holte das Kaugummi, das Mendel am Ende des Gesprächs auf die Zierleiste an der Flurwand geklebt hatte.
    »Warum?«, wollte Marius wissen, als sie wieder unten war.
    »Er hat gelogen. Er kannte Johanna Frenzi.«
    »Vielleicht nicht den Namen.«
    »Ihr Foto war in allen Medien. Selbst als viel beschäftigter Chirurg, der kein Fernsehen sieht, wird er in den Zeitungen über sie gelesen haben.«
    Als sie zu Paulas Auto kamen, sah Marius sie fragend an, als wolle er noch ein Bier trinken gehen.
    »Was ist?«, fragte sie leicht genervt.
    »Was machst du nun damit?«
    War das nur ein Vorwand, um sie noch aufzuhalten?
    »Der Speichel wird mit dem als Polymerase-Kettenreaktion - oder kurz PCR - bezeichneten DNA-Analyseverfahren untersucht. Dafür hat der Biochemiker Kary Mullis 1993 den Nobelpreis erhalten.«
    Marius schmunzelte über die Belehrung und verbeugte sich, als hätte er etwas Neues gelernt.
    Paula sagte: »Ich geh nicht mehr auf einen Drink« und stieg ein.
    »Schade«, sagte

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