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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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Aufnahme des Gesprächs einverstanden sei. Er unterzeichnete. Einen Anwalt hatte er abgelehnt.
    »Wozu brauche ich einen Anwalt? Das Ganze ist ein Irrtum, das wird sich gleich herausstellen«, hatte er bei seiner Verhaftung ein paarmal wiederholt. Paula hatte es Chris erzählt und gleich hinzugefügt, dass die, die auf ihre Rechte verzichteten, ihrer Erfahrung nach ebenso schuldig sein konnten wie die Randalierer, die gleich nach einem Anwalt schrien.
    Chris kramte in ihrem Gedächtnis, doch es blieb dunkel. Rein äußerlich hätte Mendel der Typ sein können, mit dem Chris sich einlassen würde. Er wirkte sportlich, vermutlich spielte er Tennis, und er wirkte konzentriert, was ihr an Männern gefiel. Er war ernsthaft, und er hatte sicherlich Probleme. Bei einer unvoreingenommenen Begegnung wäre sie aber auf keinen Fall darauf gekommen, dass diese Probleme von so schwerer psychopathologischer Art sein konnten. Jetzt, hier, hinter der dicken Glasscheibe, durch die nur sie ihn sehen konnte, fühlte sie sich sicher und erleichtert. Aber als sie sich vorstellte, wie oft und wo überall er sie beobachtet haben musste, bekam sie Gänsehaut. Er musste ihr aufgelauert haben, und allein der Gedanke war ihr unheimlich. Könnte sie jemals nachts wieder arglos durch ihren Vorgarten gehen?
    Sie drehte den Lautsprecher herunter, denn Paula ging nun mit Mendel die persönlichen Daten und den formalen Kram durch, den Chris bereits aus der Akte kannte.
    Gestern hatte sie in ihrem Büro gesessen, gerädert von ihrer Angst, dass Mendel der Falsche sein oder vielleicht einen Mittäter haben könnte. Wieder sah sie die toten Frauen vor sich - auf der Bank und im Kinosessel.
    Der Angeschuldigte schien sie jetzt direkt anzuschauen, obwohl er sie durch den Spiegel auf seiner Seite nicht sehen konnte. Am liebsten hätte sie sich auf ihn gestürzt und ihn geschüttelt. »Was wollen Sie von mir?«
    An irgendetwas erinnerte er sie - Mendel, Mendel. Sie beobachtete jede seiner Bewegungen, wie er sich vorlehnte oder die Arme aufstützte. Als er sich abrupt zurückwarf, als hätte er kaltes Wasser ins Gesicht bekommen, drehte sie den Ton wieder laut.
    »Warum haben Sie bestritten, dass Sie Johanna Frenzi kannten?«
    »Meine Frau ist eifersüchtig, ich hätte wochenlang die Hölle gehabt.«
    »Warum haben Sie sich überhaupt mit Johanna Frenzi eingelassen, wenn Ihre Frau so eifersüchtig ist?«
    »Ich habe mich nicht mit ihr eingelassen, ich habe ihr nur den Titel einer CD aufgeschrieben.«
    »Aber Sie erinnern sich nicht mehr, welche CD das war?«
    »Doch, es ist mir wieder eingefallen. Es war Winelight von Groover Washington junior.«
    Jazz passte zu ihm, fand Chris, aber was bedeutete das schon. Sie hatte sich die Videoszene vorhin noch angesehen, und es könnte ebenso seine Telefonnummer gewesen sein.
    »Und diese CD haben Sie zusammen in Johannas Auto gehört?«
    Chris wartete gespannt. Er verzögerte die Antwort, nahm seine Brille ab und hielt sie gegen das Licht.
    »Ich war nicht in ihrem Auto.«
    »Und wie kam Ihre Kappe in den Wagen?« Paula legte die Baseballkappe auf den Tisch.
    »Das ist nicht meine. Meine ist zu Hause. Sie haben sie ja gesehen.«
    Paula legte einen Computerausdruck auf den Tisch und drehte ihn so, dass er ihn lesen konnte. »Der Haftbefehl gründet sich auf die Tatsache, die Sie hier lesen können«, sie hielt inne und beobachtete ihn. »Nein, nicht da - da.« Sie deutete auf eine bestimmte Stelle und las vor: »Die Baseballkappe wurde im Wagen der Ermordeten gefunden. In dieser Kappe befanden sich Haare, die nachweislich von Doktor Moritz Mendel sind. Außerdem ergab die DNA-Analyse, dass die Struktur der bei Johanna Frenzi gefundenen Spermien mit der von Dr. Mendels Haaren übereinstimmt.« Sie sah ihn an. »Sie sind Mediziner, Sie wissen, was eine DNA-Analyse ist. Und Sie kennen auch den wissenschaftlichen Beweiswert.«
    Mendel nahm den Haftbefehl in die Hand und las.
    Chris war überzeugt, dass nichts für ihn neu war und er sich bloß verstellte. Er hatte bei Johanna Frenzi im Auto gesessen, und er hatte mit ihr geschlafen, bevor sie ermordet wurde, daran gab es keinen Zweifel.
    Der Verlobte von Johanna Frenzi, Walter Kemper, war nach Arbeitsschluss an Johanna Frenzis letztem Tag zu ihr nach Hause vorgefahren und hatte mehrere Stunden auf sie gewartet. Aber sie war nicht gekommen, jedenfalls bis morgens um sechs nicht. Das Ergebnis der Spurenermittlung in der Wohnung bestätigte Kempers Aussage, dass sie nicht

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