Im Herzen Rein
Marius, aber da schlug die Tür schon zu.
Zu Hause hatte sie Glück und fand sofort einen Parkplatz. Sie schloss den Wagen ab. Die Luft war kühler geworden, sie sah hoch zum Himmel. Die Nacht war klar, die Sterne blinkten weit weg, wie immer im Norden.
Sie holte den Schlüssel aus der Tasche, lief nach oben, öffnete die Wohnungstür und rannte wieder hinunter, um den Schlüssel zu verstecken. Zurück in der Wohnung ließ sie die Tasche fallen und streifte die Jacke ab. Sie war hundemüde. Noch ehe sie das Schlafzimmer erreicht hatte, knöpfte sie ihre Bluse auf. Sie ließ sich ins Bett sinken und war schon nach wenigen Minuten eingeschlafen.
Dennoch bemerkte sie, als Ralf nach Hause kam, wie er sich über sie beugte, zu ihr unter die Decke kroch, sich an sie schmiegte und sie streichelte. Sie reagierte erst zärtlich, dann hitziger. Sie umschlang ihn mit Armen und Beinen, machte ihn zum Teil ihres Körpers und küsste seine geschlossenen Augen.
37
Er fixierte sie. Wollte er sie hypnotisieren? Sie aus der kleinen Tapas-Bar hinausführen, in seinen Wagen verfrachten und ihr dann in seinem Folteratelier Schmerz zufügen? An Höllenqualen hatte sie bei der Obduktion von Johanna Frenzi gedacht. Jetzt meinte sie, kleine Blitzer in seiner braunen Iris zu sehen. Er hob das Glas und sagte mit weicher Stimme: »Ich hoffe, dass der Abend harmonisch ausklingt.«
Sie stießen an. Der Wein leuchtete blutrot im Kerzenlicht. Er hatte ihn ausgewählt.
Er hatte sie vorhin spontan angerufen und eingeladen, mit ihm eine Kleinigkeit essen zu gehen. Sie sagte, sie habe nur wenig Hunger, wie wäre es mit Tapas? Da gebe es doch den Spanier in der Rosenthalerstraße. Er war einverstanden.
Sie hatte diese Tapas-Bar schon längst auserkoren und mit dem Chef verabredet, dass alles von ihrem Begleiter benutzte Geschirr unabgewaschen aufgehoben würde. Sie hatte gesagt, sie wisse noch nicht, wann sie mit ihm komme, es gehe um eine Wette mit ihren Freundinnen. Wenn sie verliere, müsse sie das Geschirr abwaschen. Der Wirt, ein Spanier aus Toledo, hatte gelacht und gesagt, kein Problem, er könne Tellerwäscher immer gebrauchen.
Die Tapas-Bar erinnerte sie an ihre Urlaube in Spanien. Die Tische waren so hoch wie in einer Imbissbar, doch man musste nicht stehen, sondern saß auf hohen Stühlen. Es war gemütlich voll. Sie hatte dem Chef kurz vorher angekündigt, dass sie heute komme, und ihn an das Geschirr erinnert. Ihr Begleiter dürfe nichts davon erfahren, das sei Teil der Wette.
Heiliger las langsam die Karte vor, die der Kellner ihnen hingelegt hatte. Nach jedem Gericht schaute er sie fragend an, und wenn sie die Lippen schürzte und nickte, gab er dem Kellner ein Zeichen, der es dann notierte, während er das nächste Gericht vorlas.
Sie wäre nicht bereit gewesen, sich noch einmal mit ihm zu treffen, wenn sie nicht diese verflixte Probe von ihm hätte haben wollen. Hubertus Bach war mit ihrer Idee und dieser Lösung einverstanden gewesen. Paula aber fand, dass sie sich zu sehr verrenne.
Chris war nicht sicher gewesen, ob sie die Angst ein zweites Mal überwinden könnte. Daher hatte sie Hubertus gebeten, später wie zufällig dazuzukommen. Sie würde ihn als alten Studienkollegen vorstellen. Zum Glück hatte er Zeit und war einverstanden.
Es beunruhigte sie, dass der Kellner bereits die ersten Häppchen brachte und Hubertus noch nicht erschienen war.
Heiliger lobte die kross gebratenen Sardinen und hob sein Glas. Wenn er zwischen all den winzigen Gängen jedes Mal anstoßen würde, wäre sie schon vor den Hackfleischbällchen zu betrunken, um noch Kontrolle über die Situation zu haben. Sie spürte wieder seinen intensiven Blick. Dabei fiel ihr ein, dass sich das Team den Kopf darüber zerbrochen hatte, wie es dem Täter gelungen sein konnte, Silvia Arndt mitten in der Stadt unauffällig zum Mitkommen zu bewegen. Er musste einen Trick gehabt haben oder etwas unglaublich Vertrauenerweckendes, dass sie mitgegangen war - und später auch Johanna Frenzi. Heiligers Ausstrahlung würde in einer anderen Situation auf sie auch anziehend gewirkt haben, wenn sie nicht misstrauisch gewesen wäre und ihn nicht verdächtigen würde. Aber so war es nun mal nicht.
Er erzählte von der großen Ausstellung, die ihm ein reicher Sponsor finanzierte. Seine Sätze lagen wie schmeichelnde Basstöne unter dem Stimmengewirr und dem Geklapper von Tellern und Gläsern. Er gab heute nicht den aggressiven Künstler, sondern erfreute sich am Essen
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