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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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vermutlich waren sie feucht.
    Es dauerte noch eine Weile, bis er sein Geständnis ankündigte. In dem Moment bedauerte Paula, dass sie Marius nicht mit einem Aufnahmegerät dabei hatte. Tatsächlich begann Mendel zu reden. Doch die Geschichte, die er sich zusammengebaut hatte, erklärte zwar die Beweise, die sie ihm vorgelegt hatte, schloss aber aus, dass er der Mörder war. Er gab zu, mit Johanna Frenzi in jener Nacht Sex gehabt zu haben, sogar unter Anwendung von Gewalt - um das Nasenbluten zu erklären. Paula kannte das. Nicht selten versuchten Täter, mit dem Eingeständnis einer kleineren Straftat die Polizei zufriedenzustellen. Die Rechnung ging nie auf. Im Gegenteil, Mendel hatte nun eine Straftat zugegeben, und Paula hatte weniger Schwierigkeiten, ihn weiter in Haft zu halten.
     
    Als sie das UG verließ, rief sie Marius an. Sie hatte Mendel dazu gekriegt, endlich den Ort zu nennen, wo er gegen Johanna Frenzi vorgegangen war. Es war ein Appartement in der Lietzenburger Straße, das er hinter dem Rücken seiner Frau für seine amourösen Abenteuer gemietet hatte. So hatte er es dargestellt. Vermutlich war es der Tatort.
    Marius holte Paula vom UG ab und fuhr mit ihr zu der Absteige. Dabei erzählte sie ihm Mendels neueste Geschichte.
    »Am 31. August hat er das erste Mal mit seinem Kollegen Matthias Boldt das Lindencafé betreten, sagt er. Sie wollten dort Frauenbekanntschaften machen. Johanna Frenzi fiel Mendel sofort auf. Beide haben auf sie eingeredet, in eine Disco mitzukommen, aber das klappte nicht, und Mendel schrieb ihr seine Handynummer auf. Mit irgendetwas hat er sie geködert, jedenfalls ruft sie ihn tatsächlich am nächsten Tag an. Sie verabreden sich, gehen ins Vox, wo Mendel dreihundert Euro für ein Acht-Gänge-Menü und eine halbe Flasche Rotwein ausgibt. Er lässt sich nicht lumpen. Während des Essens verschwindet sie und kommt erst nach einer Weile zurück. Sie ist schlohweiß, ihr war schlecht geworden, sie hatte sich übergeben. Damit wird nichts mehr aus dem netten Abend. Aber Mendel holt sie am nächsten Abend nach der Arbeit wieder ab, diesmal haben sie Sex in seinem Liebesnest. Nicht nur das - er verliebt sich sogar. Irgendetwas fasziniert ihn an ihr. Eine Verlorenheit, so nennt er es. Sie lebe ganz im Moment, Versprechen oder Drohungen kämen bei ihr nicht an. Sie ist anscheinend nicht korrumpierbar, dabei aber fröhlich wie ein Vogel im Juni. So seine Worte. Er hat solch eine Sorglosigkeit noch nie erlebt. Er kann nicht ertragen, dass sie sich von ihm trennen will, schafft es aber nicht, sie umzustimmen. Das einzige Zugeständnis, das sie ihm macht, ist ein letztes Treffen Donnerstagnacht, weil er zum Schein die CDs zurückfordert, die er ihr geliehen hatte. Er wartet auf sie in seiner Absteige bis etwa gegen ein Uhr. Sie fällt auf seinen Trick rein, weil sie zu korrekt ist, um seine zwei CDs zu behalten. Er versucht, sie ein weiteres Mal zu verführen. Es gibt eine Diskussion. Sie will nicht mit ihm schlafen. Er wird wütend, rastet aus und wendet Gewalt an. Ihre Nase blutet. Sie haben Sex. Danach, so behauptet er, hat er sie gehen lassen, weil er Angst hatte, dass sie ihn anzeigen könnte. Was danach mit Johanna passiert ist, weiß er nicht. Er hat nichts mehr von ihr gehört und erst von mir erfahren, dass sie ermordet wurde.«
    Sie waren jetzt in der Lietzenburger Straße, und Paula verständigte Justus, mit Team und Spurensicherung zu kommen. Sie überquerten die Lietzenburger und gingen auf den Hauseingang zu. In der Toreinfahrt nebenan spielten Kinder Verstecken. Paula klingelte bei der Nachbarin, und sofort kam das Surren der Haustür.
    »Das scheinen kleine Wohnungen zu sein«, meinte Marius.
    Im Hausflur war der Fahrstuhl gleich rechts neben dem Eingang. Man könnte einen Rollstuhl schnell und bequem vom Fahrstuhl zum Ausgang schieben.
    Sie fuhren in den 6. Stock. Bei der Nachbarin stand die Tür bereits einen Spalt offen. Paula klopfte, und eine junge Frau mit einem verrotzten Kind auf dem Arm öffnete. Ja, sie habe den Nachbarn manchmal gesehen. Einmal auch mit dieser Frau, sagte sie mit Blick auf das Foto von Johanna Frenzi. Nein, aufgefallen sei ihr nichts, kein Lärm, keine Schreie. Warum hätte sie denn Schreie hören sollen?
    Paula nannte ihr die fraglichen Nächte, aber sie hatte nichts gehört. »Haben Sie Herrn Mendel noch einmal mit einer Frau gesehen? Vielleicht mit einer Frau im Rollstuhl?«
    »Nein«, sagte sie.
    Marius schloss die Wohnungstür auf, an

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