Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
Vom Netzwerk:
Straße. Weil sie ihren Schlüssel nicht so schnell finden konnte, nahm er sie in den Arm und stellte sie auf die erhöhte Stufe vor der Haustür. Jetzt war sie ebenso groß wie er. Doch er bewegte sich an ihr herunter, kniete vor ihr, während seine Hände langsam ihre Knie und die Oberschenkel hinaufglitten.
    Wollte er sie hier verführen? Vor der Haustür? Das war ihm zuzutrauen, ihr war es aber unangenehm. Es war zwar dunkel, aber vielleicht würde jeden Moment jemand vorbeikommen. Sie schaute sich um.
    Tatsächlich war da jemand! Ein Schatten, eine Gestalt in den Büschen neben ihrem Haus. Sie bewegte sich nicht.
    Es irritierte sie, sie konnte nicht wegschauen. Sie griff nach Heiligers Kopf, wollte gerade etwas sagen, da bewegte sich die Gestalt. Etwas blitzte. Seine Zähne, eine Kette oder ein Messer?
    Sie krallte ihre Hand in Heiligers Haar, er schrie auf, und der Schatten verschwand.
    Heiliger hielt ihren harten Griff für Leidenschaft, richtete sich auf und fiel förmlich über sie her.
    Sie hatte Angst, obwohl die Gestalt jetzt verschwunden war. Sie konnte sich hier nicht auf einen verrückten Liebhaber einlassen. Noch während ihr der Gedanke kam, gab sie Heiliger einen Stoß. Er taumelte in die Hecke.
    Sie fischte eilig ihren Schlüssel aus der Tasche, schloss die Haustür auf und rannte die Treppen hinauf.
    In ihrer Wohnung lehnte sie sich erschöpft gegen die Tür. Es war still und dunkel. Sie fürchtete, dass der Kerl aus den Büschen wieder auftauchen würde, verriegelte die Tür, wagte aber nicht, Licht anzumachen.
    Als sie im Bett lag und sich wieder beruhigt hatte, spürte sie noch Heiligers Lippen und bereute plötzlich, ihn nicht hier zu haben.
    In der Nacht träumte sie von einer Schaubude auf der Kirmes. Ein Mann hypnotisierte Frauen aus dem Publikum. Plötzlich fixierte er sie, und sie folgte in Trance seiner Handbewegung auf die Bühne. Sie setzte sich auf einen Stuhl und sah in einem großen Spiegel, dass sie ein blaues Kleid anhatte. Sie wollte wegrennen, aber sie war steif, konnte sich nicht bewegen. Dann kam Josef Heiliger, nahm sie in die Arme, löste ihre Erstarrung, und Wärme und Zärtlichkeit erfüllten sie.

43
    Es war eine konzentrierte, gut gesteuerte Ermittlung gewesen, und Paula hatte ein befriedigendes Ergebnis. Niemand zweifelte, dass alle Gleichungen stimmten und ein Erfolg am Ende des schon bald beginnenden Prozesses vor dem Schwurgericht auf sie wartete.
    Der einzige Makel war eine fehlende Erklärung für die Barbiepuppe mit dem Foto der Staatsanwältin und die seltsame Inszenierung der Leichen. Hier galt es, Bach zu hören, und auch Chris war gekommen, um ihn aufzufordern, den Tätertyp nach allen neuen Erkenntnissen noch einmal zu analysieren und aufgrund der Analyse mögliche Erklärungen zu finden. Nach der Sitzung würde Paula dann gleich ins Untersuchungsgefängnis fahren, um Mendel mit diesem Ansatz Bachs in die Knie zu zwingen. Denn als Glanzstück einer guten Aufklärungsarbeit fehlte noch ein vollständiges Geständnis.
    Paula stand Bach wieder skeptisch gegenüber. Die Klärung des Falles war nicht ihm zu verdanken, umso mehr sollte er jetzt zeigen, dass er auf seinem Gebiet etwas draufhatte. Hier ging es nur noch um die Frage, warum Mendel all das getan hatte.
    Bach hatte am Schrank eine Rolltafel aufgehängt mit den Worten Alter, Anschrift, Persönlichkeitsmerkmale , und alle waren gespannt, was er nun vorführen würde.
    »Ich habe mich mit allen Ergebnissen auseinandergesetzt, würde aber gern erst einmal Ihre Meinung zu Mendel hören. Passt er als Typ, und passen all die Dinge, die der Täter ausführte, zu seiner Persönlichkeit? Bei unserer letzten Besprechung habe ich nicht ausgeschlossen, dass auch zwei Täter zusammengewirkt haben könnten; ich nannte diese Alternative die A-B-Konstellation. Ich bitte denjenigen, der diesen letzten Fall für möglich und prüfenswert hält, die Hand zu heben.«
    Er schaute herum, aber niemand rührte sich.
    »Gut. Es wurde auch kein Indiz gefunden, das auf einen zweiten Täter hindeutet. Könnte theoretisch aber möglich sein«, betonte er, fuhr aber gleich fort: »Bei Mendel haben wir es nicht mit einem ehrgeizigen und akribisch planenden Künstler zu tun, dem es um eine spektakuläre Promotion seiner Arbeiten geht, sondern mit einem sex- und mordsüchtigen Serienkiller. Es scheint so, dass der Chirurg Dr. Mendel mit dieser ungewöhnlichen Präsentation seiner Leichen nichts anderes bezweckte, als von seinem

Weitere Kostenlose Bücher