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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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sei genetisch bedingt, als Gutachter bestellen, damit diese Bestie nie wieder freikommen würde. Nein, Euer Ehren, nicht therapiefähig, Wiedereingliederung in die Gesellschaft nicht möglich.
    Sie wollte Heiliger gleich anrufen. Schon als Kind hatte sie gelernt, Fehler einzusehen und auch zuzugeben. Bereits seit Mendels Verhaftung hatte sie darüber nachgedacht: Die Indizien gegen Heiliger waren von Anfang an unzureichend gewesen, sie hatte einen Fehler begangen, auch wenn er mit seiner provokativen Art den Eindruck unterstützt hatte, der Täter zu sein. Andrerseits konnte sie seinen Zynismus durch seine Kindheitserlebnisse auch verstehen. Er musste früh dichtgemacht haben, um sich zu schützen.
    Sie rubbelte sich ab, zog den Bademantel an und wählte seine Nummer.
    Sie erwartete einen verbalen Angriff, aber er lachte nur und kam gleich mit einem Vorschlag für ihre Buße: Sie sollte mit ihm beim Deutsch-Amerikanischen Volksfest Achterbahn fahren. Das sei schon als Kind seine Leidenschaft gewesen.
    Gut. Sehr gut. Sie war erleichtert, nachdem sie aufgelegt hatte, weil er ihr die Entschuldigung so leicht machte, und zog sich um, Jeans und dazu Stiefeletten mit Absätzen, auch wenn Turnschuhe praktischer gewesen wären, aber so fühlte sie sich weiblicher.
     
    Er holte sie mit dem Wagen ab. Ihr fiel auf, dass er nicht ausstieg, um ihr die Tür aufzuhalten. Schade. Gute Manieren waren ihr wichtig.
    Auf dem Festplatz an der Clayallee wurde sie verschluckt von den vielen bunten Lichtern, der lauten Musik der Karusselle, dem Bimmeln der Kinderbahn und den Rufen der Losverkäufer. Das Kreischen der Besucher in der Geisterbahn, die lachenden Gesichter, das Blinken der Karussell-Lichter, ihr Aufheulen, Schrillen und Hupen führte sie in Bilder ihrer Kindheit zurück.
    Er kaufte gleich eine Zuckerwatte und biss in den rosa Bausch. Die Fäden klebten ihm auf der Nasenspitze und den Wangen. So standen sie vor der Achterbahn, und sie musste lachen, wenn sie ihn ansah.
    Die Achterbahn war eine mit einem Dreifach-Looping. Schon vom bloßen Hinschauen wurde ihr schwindlig, und sie bekam weiche Knie.
    Er feixte, als er das sah, und schlug vor, ohne sie zu fahren, wenn er dann einen Wunsch frei hätte.
    Sie stimmte zu.
    Er drückte ihr den Rest seiner Zuckerwatte in die Hand, sprang in einen Wagen und winkte. In dem Moment rannte sie los und nahm gerade noch rechtzeitig neben ihm Platz. Schon als Kind hatte sie Hemmungen und Angst überwinden müssen, um mit ihren Brüdern mithalten zu können.
    Vor dem dreifachen Looping legte er seinen Arm um sie und zog sie eng an sich. Sie stemmte die Beine gegen die Wand und hielt sich an ihm fest.
    Als sie taumelnd ausstieg, lief er eng umschlungen mit ihr zum Kettenkarussell. Sie kletterte in ein Körbchen. Aber das Karussell war hoch und stellte sich nach ein paar Runden schräg. Plötzlich meinte sie, die Ketten würden reißen, aber es war nur eine »Flugwelle«. In jeder Runde fuhr ihr dieser Ruck in den Magen. Selbst noch beim x-ten Mal glaubte sie, die Kette wäre gerissen und sie würde mit der Zentrifugalkraft davonfliegen. Sie schrie, und er lachte.
    Beim Aussteigen war ihr schwindelig, und sie war froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Als er sie hochhob und zu ihr aufblickte, rief sie strampelnd: »Lass mich runter!«
    Er zog sie zu einer Schießbude und drückte ihr ein Gewehr in die Hand. Sie stützte beide Ellenbogen auf die Theke, um ruhig zu zielen, doch sie traf mit keinem der fünf Schüsse.
    Dann nahm er das Gewehr, zielte, aufrecht stehend, ohne sich abzustützen, und traf mit jedem Schuss ein Röhrchen. Der Schausteller überreichte ihm einen Eisbären. Nun drängelten sich die Zuschauer und wollten auch schießen.
    Er schenkte ihr den Bären, drückte sie an sich und schob sich mit ihr durch die Menge.
    Beim Autoscooter war gerade Wechsel, und sie rannten los, um zwei Wagen zu besetzen. Als er mit einem Typen in Streit um seinen Scooter geriet, zog sie ihn fort zu einem anderen und setzte sich ans Steuer. Sie hatte Spaß daran, den anderen Autos auszuweichen, er griff ihr ins Steuer, weil er mehr Spaß daran hatte, die anderen Autos zu rammen.
    Danach aßen sie Fischbrötchen, rot kandierte Äpfel, gebrannte Mandeln und tranken Cola.
    Als sie den Festplatz verließen, war sie durchgeschüttelt, und der Gedanke, dass er noch einen Wunsch frei hatte, kribbelte in ihr.
    Direkt ihrem Haus gegenüber fand er einen Parkplatz. Hand in Hand rannten sie über die

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