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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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eigentlichen Motiv abzulenken. Auf ihn sollten also dieselben Kennzeichen passen, die das Profil eines Serienkillers ausmachen. Ich schlage vor, dass ich die Kriterien nacheinander vorlese, und Sie - jeder für sich - notieren, was Sie im Fall Mendel zutreffend finden.«
    Sie legten sich Zettel und Kugelschreiber zurecht.
    »Erstes Kennzeichen ist das Alter. Es sollte zwischen zweiundzwanzig und fünfunddreißig liegen.«
    Das traf auf Mendel zu.
    »Als Kind war er sicher Bettnässer und Tierquäler und hat sich auch schwächeren Kindern gegenüber ruppig oder sadistisch verhalten.«
    Dies musste noch überprüft werden. Paula notierte sich das für die Befragungen von Mendels Eltern und Ehefrau.
    »Als Erwachsener ist unser Mann narzisstisch, manipulierend und intelligent. Serienkiller, die nach einem bestimmten Muster töten, haben oftmals einen hohen Intelligenzquotienten.« Er ließ diese Information wirken. Dann fuhr er fort: »Er kann, wenn es der modus operandi erfordert, einfühlsam oder spontan reagieren, ohne aus dem Konzept zu kommen. Wir gehen ja davon aus, dass er Silvia Arndt nicht kannte, sie aber dennoch überzeugen konnte, mit ihm zu kommen.«
    Diese Beschreibung widersprach ihrem Eindruck von Mendel nicht, dachte Paula.
    »Familienstand: alleinstehend oder mit dominanter Frau verheiratet.«
    Paula schrieb: verheiratet , bei dominant machte sie ein Fragezeichen.
    »Berufstyp: ehrgeizig. Er steckt sich die Ziele so hoch, dass er sie nicht immer erreichen kann, ist unzufrieden und sieht sich oft als Verlierer.«
    Paula dachte an Mendels gescheitertes Examensziel und schrieb: ja .
    »Er hat eine gute Ausbildung, ist intelligent.«
    Auch das passte auf Mendel.
    »Er hat sich schon vorher wegen Tierquälerei oder Körperverletzung strafbar gemacht, auch wenn es nicht zu einer Klage oder Verurteilung kam.«
    Frau Mendel hatte schon mal Anzeige erstattet, sie dann aber zurückgezogen. Paula schrieb: ja .
    »Dieser Tätertyp hat eine strukturierte Persönlichkeit, das heißt, er ist ein guter Planer. Sein Denken und Vorgehen ist methodisch, er verfolgt aufmerksam die Fernsehberichte und sammelt Zeitungsausschnitte zu dem Fall.«
    Sie hatten bei der Hausdurchsuchung nichts dergleichen gefunden, hier machte Paula einen Strich.
    Sorgfältig und obsessiv ordentlich war Bachs nächster Punkt. »Der Täter will emotionale und physische Kontrolle über seine Opfer.« Das hatte Sieglinde Mendel eher bestätigt als widerlegt.
    »Er mag selbstbewusst auftreten, Erfolg haben, aber tief im Innern fühlt er sich unzulänglich, ist weich und manchmal weinerlich. Seine geringe Selbstachtung führt zum Gefühl eigener Unfähigkeit, weswegen er sich gern der Fürsorge einer Frau versichert«, dozierte Bach.
    Das traf auf Mendel sicher zu.
    »Er ist Sadist. Die Frage, ob Chirurgie Sadismus erfordert, möchte ich hier offen lassen. - Wahrscheinlich ist er ein Nachtmensch und hat Schlafstörungen.«
    Das traf auch zu, und Paula staunte über Bachs Liste. Man hätte meinen können, Bach hätte Mendels Persönlichkeit zur Vorlage genommen, um ein Serienkillerprofil zu erstellen. Was würde als Nächstes kommen?
    Bach sprach über das unerfüllte Sexualleben des Täters, seine Neigung, pornografische Schriften mit Fesselungen und sadistischen Darstellungen zu sammeln und von seinen Opfern Hingabe zu verlangen, um seine eigene Wut loszuwerden. »Mord«, so schloss Bach, »ist für ihn die Erfüllung seiner Sehnsucht auf Vereinigung. Da gehört ihm die Frau ganz.«
    Paula schaute zu Chris hinüber, die sich auch Notizen gemacht hatte und sich jetzt als Erste zu Wort meldete.
    »Nach allem, was ich weiß, passt dieses Profil auf Mendel. Ich habe kaum leere Stellen.«
    Einer nach dem anderen schloss sich der Staatsanwältin an.
    »Ich komme zu dem gleichen Resultat«, bestätigte Paula als Letzte.
    Bach lächelte, als hätte er das erwartet. »Dann bin wohl ich der Einzige, der Widerspruch anmeldet.«
    Paula sah ihn erstaunt an, und auch alle anderen waren überrascht. Der Mann beeindruckte sie mit seinem Vortrag. Erst schuf er eine gemeinsame Stimme, dann stellte er sich als Einziger dagegen - er verstand sich auf Effekte. Sie war gespannt, ob sich auch dahinter noch etwas verbarg.
    »Inwiefern?«, fragte sie.
    »Ich frage Sie: Was macht die Annahme zwingend, dass die Spermien bei Johanna Frenzi vom Täter stammen? Sie stammen von Mendel, das wissen wir über die DNA. Aber stammen sie vom Täter?«
    »Wie lange vor ihrer Ermordung

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