Im Herzen Rein
fraglichen Zeit nach Johannas Verschwinden aus dem Café. Trotzdem meint Bach, er sei nicht der Täter. Dann müsste Johanna dem Täter nach Mendel in die Hände gefallen sein. Theoretisch wäre das möglich, denn Johanna verschwand Mittwoch nach Mitternacht und wurde erst Sonntagabend tot im Kino gefunden.
Was gegen Mendel spricht, sind die Indizien, die sie in seinem heimlichen Appartement gefunden haben. Dies könnte die Mörderhöhle sein.
Sie musste Mendel endlich zu einem umfassenden Geständnis bringen.
44
Als Paula am nächsten Morgen aufwachte, schlief Ralf noch fest. Offenbar hatte er lange gearbeitet. Jetzt, da ihm der Erfolg winkte, arbeitete er mehr, auch in den Zeiten, in denen er früher gekocht hatte, auf sie wartete oder mit ihr etwas unternehmen wollte. Daran musste sie sich erst gewöhnen. Eigentlich gefiel es ihr nicht, aber es passte besser zu ihrem Arbeitsrhythmus.
Es war acht. Sie sprang aus dem Bett, ging in Slip und BH ins Wohnzimmer und machte endlich mal wieder die fünf Tibeter. Sie war fitter, als sie dachte. Dann beschloss sie, ihren Frühstückstee bei Ulla im Büro zu trinken, und füllte etwas von ihrem Morgentau ab. Neben der Teebüchse lagen zwei Karten, die Ralf wohl gestern Nacht dort hingelegt hatte. Annual Event - Permission to all levels, stand darauf.
Paula hatte keine Ahnung, was das bedeutete. Auf dem Tisch sah sie ein Faltblatt in Hochglanzdruck, das offenbar dazugehörte, es war eine Einladung zu dem »größten Kunstereignis Berlins«.
Ralf kam gähnend in die Küche, sah, dass sie die Einladung in der Hand hatte, und erklärte, ein Mäzen veranstalte jedes Jahr eine Riesenparty, die am frühen Abend mit einer Vernissage beginne. Jedes Jahr stehe ein anderer Künstler im Mittelpunkt, diesmal sei es Josef Heiliger.
Dafür würde sie bestimmt keine Zeit haben. Sie ließ die Karten liegen und fuhr ins Büro.
Den Vormittag verbrachte sie mit Mendels Vernehmung. Sie versuchte, ihn dazu zu bewegen, die Tat zu gestehen. Doch er bestritt alles und behauptete immer wieder, mit Johanna Frenzi nur geschlafen zu haben. Die bereits eingestandene Gewalt milderte er im Nachhinein wieder ab.
Als Paula ihm erklärte, dass ein Geständnis seine Situation nur verbessern könne, erklärte er ihr, er habe inzwischen einen Anwalt genommen. Da er die übliche Empfehlung, gar keine Aussage mehr zu machen, nicht einhielt, verbrachte Paula Stunden im Untersuchungsgefängnis, allerdings ohne einen Schritt weiterzukommen. Irgendwann wollte er eine Pause haben, war aber bereit, das Gespräch danach fortzusetzen. Paula ahnte, dass er diese Vernehmungen nur machte, um die quälenden Stunden in seiner Einzelzelle zu unterbrechen.
Während er auf der Zelle sein Mittagessen einnahm, telefonierte Paula mit Chris. Sie habe gestern Abend vergeblich versucht, sie zu erreichen. Chris erklärte, sie habe lange über einem Rechtsproblem in der Bibliothek gesessen.
Paula erzählte von den Einladungskarten, die Ralf hingelegt hatte. »Gleich zwei. Vielleicht dachte er, ich gehe mit dir.«
Chris fand das eine gute Idee. »Man sollte gegen 18.00 Uhr da sein, um auch die Reden zu hören und alles in Ruhe anschauen zu können. Um 21.00 Uhr beginnt die Party im Felix.«
»Okay«, sagte Paula, »ich komme mit, wenn ich vorher das Geständnis von Mendel kriege.«
»Ich hol dich dort ab. Du bist doch in Moabit.«
»Aber nur, wenn ich das Geständnis habe«, wiederholte Paula.
»Natürlich. Ohne Geständnis gehen wir nirgendwohin.«
Da Chris sich ab Mittag freimachen konnte, vereinbarten sie, dass sie vorher bei Paula in der Wohnung die Karten holte. Paula beschrieb ihr den Platz im Kellerfenster, wo die Schlüssel von Ralf lagen. Sie sollte anrufen, falls sie sie nicht finden würde.
Als sie Mendel wieder gegenübersaß, fragte er grinsend, ob sie auch das zähe Katzenfilet gegessen habe.
Sie fand den Scherz abgeschmackt, aber sicher war für Mendel nicht nur das Gefängnisessen, sondern die ganze Situation unbekömmlich. Daran war sie besonders bei akademischen Häftlingen gewöhnt. Seine Frau hätte ihm Essen bringen können, und so wie Paula sie einschätzte, würde sie das auch tun, aber vielleicht wusste er gar nicht, dass er als Untersuchungsgefangener das Recht dazu hatte.
»Wie geht es Ihrer Frau?«
»Gut. Sie ist eine gute Frau. Sie liebt mich.« Er sah Paula herausfordernd an.
Er war jetzt in einer ganz anderen, einer seltsamen Stimmung, fand sie. Vielleicht hatte er Schübe, von denen
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