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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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betrachtete ihre neuen Pumps - und dachte, schade, wenn sie solche Schuhe nicht mehr tragen könnte. Ihre Angst machte sich an den Schuhen fest. Absurd. Aber sie wusste, dass Todesangst an ganz banalen Sachen konkret werden konnte. Sie hatte Interviews mit krebskranken Frauen gelesen und dort ähnliche Gedanken gefunden. Sie ermahnte sich, zuversichtlich zu sein. Mendel war der Täter, Punkt, aus. Es gab genug Beweise.
    Heute Nachmittag hatte sie eigentlich Bach treffen wollen, um mit ihm seine Einwände durchzugehen. Von ihm hatte sie Hilfe erwartet, aber nun war er es, der diesen Fall in ein problematisches Licht tauchte. Paula hatte lange praktische Erfahrung, ebenso das Team, und es war klar, dass Mendel vor Gericht überführt werden würde. Jeder ihrer Kollegen aus der Staatsanwaltschaft würde sagen, die Beweise reichen, stell den Eröffnungsantrag, soll sich der Richter damit auseinandersetzen. In der Mordkommission ging es zur Sache, hier drängte man nach vorn und quälte sich nicht mit gegenläufigen Perspektiven. Das Motto Es könnte ja auch alles ganz anders gewesen sein war hier nicht beliebt.
    Aber dieses Mal war in das Spiel eine zusätzliche Regel eingefügt worden: Wenn der Falsche angeklagt wird, muss die Anklägerin sterben. Und das war sie.
    Chris sprang auf und sagte wütend: »Erst bringt dieses Arschloch von Bach in seinem Profil alles gegen Mendel vor - und dann behauptet er, der war’s nicht!«
    Sie ging zum Fenster, wo auf dem breiten Sims der Partyflyer lag. Sie nahm ihn in die Hand, während sie auf die Stacheldrahtkronen der Mauern schaute, hinter denen das Untersuchungsgefängnis als großer Klotz lag. Dort saß Mendel. Sie zog ein angewidertes Gesicht und blickte auf das Foto der Einladung: Heiliger - kräftige Augenbrauen, hohe Stirn, kantiger Schädel, volle Lippen, einen Totenkopfring an der Hand, in die er sein Kinn stützte. Sein Blick fixierte den Betrachter. Heiligers Annual .
    Josef Heiliger, Maria und Josef, Jo the Saint. Das Ereignis könnte sie ablenken. Die aufregendsten Leute der Stadt würden kommen, sogar Paula kam mit, obwohl es nicht ihr Terrain war. Chris dachte an die Ablenkung, das Lachen, den Champagner. Alle würden von dem Ereignis berichten, angefangen bei der Vogue , über Rai, Art Channel aus London. Und DJ Hell würde bei der Party auflegen.
    Gerade jetzt durfte sie sich nicht herunterziehen lassen. Im Gegenteil, das Zusammensein mit vielen bunt gemischten Menschen würde sie von ihrem Druck befreien. Sie würde hingehen, obwohl Heiliger sauer war, dass sie ihn vor der Haustür weggestoßen hatte und allein hochgerannt war.
    Sie schreckte aus ihren Gedanken auf, als sie die Stimme eines Kollegen hörte, der eingetreten war, Staatsanwalt Neuenfeld. »Kommen Sie mit?«
    »Ach Sie sind es, Neuenfeld.«
    Er flirtete. »Schnell erschrickt sich, wer böse Gedanken hat.«
    Chris korrigierte: »Der Fall ist böse.«
    Er trat einen Schritt näher. Sein gegeltes Haar hatte er hochgebürstet. Sie hatte den Eindruck, er würde jede freie Minute an sich herumbürsten - Zähne, Fingernägel, Jackett, Schuhe. Sie waren immer spiegelblank.
    »Sie hätten ihn mir eben nicht wegschnappen sollen.«
    Sie hatte ihm den Fall nicht weggeschnappt, sondern hatte an jenem Morgen Bereitschaftsdienst gehabt. »Sie waren krank«, sagte sie.
    »Ich habe mitten in der Nacht einen Anruf gehabt, dass meine Mutter mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert worden ist. Da bin ich natürlich sofort nach Frankfurt gefahren.«
    »Das tut mir leid.«
    »Irgendein Arschloch aus meinem Tennisclub muss den Anruf gemacht haben. Sicher so eine Wette, wie leicht kriegt man jemanden in eine blöde Situation. So etwas wie Vorsicht Kamera . Gott sei Dank war meine Mutter wohlauf.« Er machte eine Geste, als würde er ihr aus Fairness den Vortritt lassen. »Nun sind Sie die Glücksfee. Gerade in der Abteilung und schon die Königin der Medien. Mein Neid zwingt mich, Ihnen etwas von Ihrem Glanz zu stehlen, indem ich Sie zum Essen einlade. Wir wär’s, piccata milanese im Bologna?«
    »Geht nicht. Ich habe viel zu tun, muss noch etwas abholen und habe einen frühen Abendtermin, eine Einladung zum Art Annual .« Er baggerte sie schon seit zwei Jahren an und konnte nie ein Ende finden.
    »Oh, ich werfe mich Ihnen zu Füßen«, spielte er Bewunderung, »nur mit Ihrer Erlaubnis darf ich den Blick noch heben.« Er machte eine groteske Verbeugung. Chris musste lachen.
    »Morgen um halb zwei im

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