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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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Am Schluss brachte er mich nach Hause und küsste mich vor der Haustür. Mir war ganz schwindlig, aber nach diesem Abend habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
    »Das war’s?«
    »Vor etwa neun Jahren habe ich ihn dann zufällig auf einem Kongress in Würzburg getroffen, es ging da um Unterstützung für Dritte-Welt-Länder. Wir waren zwar zusammen essen, aber da war auch nichts. Und heute hat er wieder angerufen.«
    »Klingt wie ein Teenietraum.«
    »Ist es.«
    »Willst du den Traum jetzt noch einmal nachleben?«
    Paula lächelte. »Nein, jedenfalls nicht, solange ich so im Stress bin.«
    »Sehr weise. Was hast du über die Tote herausgefunden?«
    »Sie hieß Silvia Arndt und war erst seit zwei Jahren in Berlin und offensichtlich ziemlich allein. Ihre Wohnung hat keinen Balkon. Stell dir vor, sie hatte Blumenkästen mit Geranien im Wohnzimmer vor den Fenstern stehen. Das hab ich noch nie gesehen. Sie muss große Sehnsucht nach Natur gehabt haben.«
    Der Kellner brachte die Getränke und Wärmeplatten für das Essen.
    Chris entschied, Paula zu erzählen, dass sie den Tatort sehr gut kannte, weil sie in ihrer Mittagspause häufig auf derselben Bank gesessen hatte.
    »Du jeden Tag auf derselben Bank wie die Ermordete? Das ist sehr komisch. Wahrscheinlich bist du die erste Staatsanwältin, der das passiert. Und dann noch bei deinem ersten Mord.« Paula kicherte, als sie sich die Entenscheiben auf ihren Teller legte. »Du musst zugeben, das ist Ironie des Schicksals.«
    Chris sagte nichts.
    Paula probierte die Ente. Sie schmeckte ihr so gut wie die letzten Male. Das Fleisch war zart und die Haut kross.
    »Stell dir vor: Ich hab sogar schon gedacht, dass mich vielleicht jemand gezielt damit erschrecken wollte«, sagte Chris jetzt. »Vielleicht aus Rache. Dabei ist mir eingefallen, dass vor drei Jahren ein Angeklagter nach seiner Verurteilung Drohungen gegen mich ausgestoßen hatte, weil sich der Richter meiner hohen Strafmaßforderung angeschlossen hatte. Ich hab sogar im Archiv nachgesehen: Dieser Gewalttäter müsste seit einem halben Jahr wieder auf freiem Fuß sein.«
    »Ich denke, den Aufwand dieser Inszenierung würde ein normaler Vergewaltiger nicht treiben. Wenn er sich rächen wollte, würde er dich überfallen und vergewaltigen.« Sie sah Chris’ Gesicht. »Entschuldige, so hab ich das nicht gemeint. Aber wenn er sich rächen wollte, dann wäre das logisch. Außerdem müsste er dich vorher beobachtet haben … Na ja, das wäre natürlich möglich«, setzte sie wie im Selbstgespräch fort und bemerkte nicht, dass Chris flau wurde bei der Selbstverständlichkeit, mit der sie diesen Gedanken äußerte. »Ist dir denn mal irgendwas aufgefallen? Zum Beispiel als du da auf der Bank gesessen hast?«
    Chris schüttelte den Kopf.
    »Na, also. Wie schmeckt’s denn?«
    »Grässlich.«

12
    Als Chris im Auto nach Hause fuhr, war sie sicher, dass ihre Entscheidung, Paula nichts von ihren weiteren Überlegungen mitzuteilen, richtig war. Paula würde sie für verrückt erklären - und das noch gespickt mit ein paar schönen Witzen über ihre Anziehungskraft auf Männer. »Die steigen dir überall nach, warum nicht auch über Absperrbänder«, so in der Art. Aber dennoch fiel ihr immer wieder dieser Jogger ein, der ihr seine Visitenkarte aufgezwungen hatte. Es war bestimmt nicht das erste Mal, dass er dort vorbeigekommen war. Meistens liefen Jogger dieselbe Strecke. Warum sollte er sie da nicht mittags schon mal gesehen haben? Und wenn sie ihn beeindruckt hatte, könnte er ihr aufgelauert haben und gefolgt sein. Wenn der Täter sie mit der Toten imitieren und ihr Angst einjagen wollte, musste er sie vorher beobachtet haben. Er musste wissen, dass sie dort jeden Mittag saß, ihre Latte macchiato trank und die Tauben mit den Sandwich-Resten fütterte. Deshalb hat der Killer die Leiche auf diesen Platz gesetzt, genau so, wie sie immer dagesessen hatte. Aber würde der Täter am Fundort der Leiche der Staatsanwältin anschließend seine Karte zustecken? Sie war zwar als solche nicht erkennbar, aber auf jeden Fall als Angehörige des Ermittlungsteams. Und wenn er ihr schon vorher gefolgt war, wusste er natürlich, dass sie Staatsanwältin war. Er suchte auf aggressive Art Kontakt zu ihr, ganz sicher. Aber warum gerade dort? Und was wollte er von ihr?
    Chris verfing sich im Netz ihrer Gedanken und kam nicht weiter. Alles war ihr unheimlich.
    Auf jeden Fall war ihr der Jogger näher gekommen als die beiden Ex-Lover, die gestern

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