Im Herzen Rein
werden eine Barbiepuppe als ein Motiv in seinem Kunstwerk finden.« Er verbeugte sich knapp und ging zur Tür. »Und rufen Sie in der Schule an.«
In der Tür drehte er sich noch einmal um. »Ich habe gehört, das Café, in dem unser zweites Opfer arbeitete, gehört einem Medienkünstler.« Dann schloss er die Tür hinter sich.
Paula blickte zur Uhr und beendete die Besprechung für die Mittagspause. Bevor sie den Raum verließ, bat sie die anderen, die Pressekonferenz vorzubereiten. »Ich hatte sie zwar für heute Mittag anberaumt, aber einer von euch muss sich mit der Presseabteilung in Verbindung setzen, damit sie auf morgen verschoben wird.«
»Ich habe ein paarmal versucht, dich anzurufen, weil ich dir die Sache mit dem Bombenalarm erzählen wollte, aber du warst nicht zu erreichen. Auf keiner Leitung«, sagte Paula, als sie neben Chris die Treppe hinunterging. Sie meinte es als Frage, wollte wissen, wo Chris gewesen war, aber die antwortete nicht. Sie blieb unentschlossen stehen. Paula schlug vor, gemeinsam einen Kaffee zu trinken. Chris nickte, und Paula deutete Richtung Balzac gleich an der nächsten Ecke. Schweigend gingen sie nebeneinanderher.
Die Sonne schien durch das bereits gefärbte Laub. Ein goldener Herbsttag. Paula mochte dieses Licht. Sie gingen die Keithstraße unter den alten Kastanien entlang, vorbei an den Häusern mit den herrschaftlichen Wohnungen. Diese Straße war eine Oase mitten in der City des alten Westberlin. Als sie das Balzac betraten, hörten sie das laute Trompeten von Elefanten aus dem nahen Zoo.
Chris stellte sich gleich an einen der hohen Tische, sie wollte sich offenbar nicht lange aufhalten. Paula fragte, ob sie auch einen Cappuccino wolle, und bestellte an der Theke. Chris verlangte zusätzlich einen Likör.
Als sie den Amaretto zum Mund führte, prostete Paula ihr mit dem Kaffee zu. Chris stellte das Glas zu hart auf die Platte und sagte: »Ich war im Guggenheim, in dieser Wolfsausstellung. Gestern in meiner Mittagspause. Ich hatte eine Kritik über die Installation gelesen und wollte mir das ansehen.«
»Ja, interessant. Ich habe nur einen flüchtigen Blick darauf geworfen. Schon eine geniale Idee, ein Rudel von neunundneunzig Wölfen so aufzustellen, als ob sie wie verrückt versuchen, ein Hindernis zu überwinden.« Paula hoffte, Chris mit diesem unbekümmerten Ton aus ihrer trübsinnigen Stimmung zu holen.
»Ich hatte das Schließfach 31«, sagte Chris.
Paula traute ihren Ohren nicht. Setzte sich Chris schon wieder zu etwas in Beziehung, was mit dem Fall zu tun hatte? In einem Museum in Berlin gibt es Bombenalarm, das Viertel wird abgesperrt, das Fach geöffnet, und dann kommt Chris und sagt, sie sei es gewesen, die genau dieses Fach gehabt habe.
»Hast du die Eintrittskarte noch?«
»Nein.«
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, sie das zu fragen. Es zeigte Misstrauen und würde sie nicht gesprächiger machen. Sie war blass, und Paula kam es vor, als sei ihr Gesicht schmaler geworden.
Paula bezweifelte gar nicht, dass sie sich diese Ausstellung mit den Wölfen angesehen hatte, aber wieso wusste sie die Nummer ihres Schließfachs noch? Paula merkte sich nie die Nummer eines Schließfachs. Doch die Freundin sah nicht aus, als würde sie lügen, eher wie eine Frau, die den Schrecken, den sie erfindet, selbst glaubt.
»Das Schließfach 31! In dem diese Barbie gefunden wurde. Begreifst du das?« Chris rüttelte an Paulas Arm.
Sie antwortete bewusst ruhig. »Es ist bislang nur eine Theorie Bachs, dass die Puppe von dem Täter stammt.«
»Ich hatte das Schließfach, und jemand ist nach mir gekommen und hat diese Puppe da reingesteckt. Du hast doch gehört, was Bach gesagt hat: Silvia Arndt besaß selbst keinen Nagellack!«
Paula betrachtete sie nachdenklich.
»Du fühlst dich wohl sehr überlegen«, sagte Chris aufgebracht.
»Warst du allein im Guggenheim?«
»Ja. Aber eigentlich war ich mit Heiliger verabredet. Er hatte mir auf die Mailbox gesprochen. Er ist dann aber nicht gekommen.«
»Wieso triffst du dich mit ihm?«
»Weil ich die DNA-Probe von ihm will.«
»Sag mir auf jeden Fall Bescheid, wenn du nächstes Mal in dieser Richtung etwas unternimmst. Mach das nicht eigenmächtig. Ich sage dir das als leitende Ermittlerin, auch wenn du meine Chefin bist.« Paula war ungehalten. »Und nun zur Puppe. Wir wissen noch gar nicht, ob der Nagellack an der Barbie derselbe ist wie der an den Mordopfern. Es kann alles noch ganz anders
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