Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Hyperraum

Titel: Im Hyperraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
Vom Netzwerk:
widerstrebend aus der
Trance auf; es war beinahe so, als würde sie amputiert. Es kostete sie
eine große Willensanstrengung, nicht um eine Verlängerung der Prozedur
zu betteln. Doch sie befreite sich von diesem Gefühl und flog ihre
nächste Schicht mit großer Entschlossenheit; doch noch größer war ihr
Wunsch, den Dienst zu beenden und sich abermals dem Rausch des Pallisp
hinzugeben. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte Mogurn gebeten,
die Mahlzeit auszulassen, damit sie früher in den Genuss des Pallisp
käme. Doch Mogurns stumpfer Gesichtsausdruck und ein plötzlicher Anflug
von Furcht und Scham sorgten dafür, dass sie den Mund hielt und
zappelig vor Ungeduld auf ihre Belohnung wartete.
    Erst
am folgenden Tag dämmerte ihr, dass sie sich nun mehr auf den Pallisp
freute als auf das Fliegen. Sie fragte sich, ob sie vielleicht in
Gefahr war, nach dem künstlichen Gefühl von Wärme und Geborgenheit, das
der Pallisp ihr vermittelte, süchtig zu werden; es handelte sich um
Gefühle, die sie herbeisehnte und nirgendwo sonst erlebt hatte. Ihre
Sorgen hielt sie vor Mogurn geheim, aber als sie über eine scheinbar
endlose Abfolge von scharlachroten und umbrabraunen Tafelbergen und
Canyons flog, beschloss sie, einmal auf den Pallisp zu verzichten – nur
an diesem Tag –, um sicher zu gehen, dass sie nicht doch abhängig wurde.
    Mogurns
Augen glitzerten, als sie ihm beim Lunch mit stockender Stimme
mitteilte: »Ich möchte … mich ein Weilchen ausruhen. Heute … will ich
keine Belohnung durch den Pallisp.«
    Mogurn taxierte
sie, ohne seine Gedanken zu verraten. »Ganz wie Sie wünschen, Jael. Ich
würde Sie nie zu irgendetwas zwingen. Sollten Sie jedoch Ihre Meinung
ändern, nun ja, die nächste Gelegenheit bekommen Sie erst …«
    Â»Ich
werde meine Meinung nicht ändern«, fiel sie ihm ins Wort. Noch während
sie sprach, fragte sie sich, ob sie tatsächlich durchhalten würde.
    Â»Na
schön. Kommen Sie in ein paar Minuten in meine Kabine und helfen Sie
mir. Danach dürfen Sie sich ausruhen, wenn das Ihr Wunsch ist.« Er
stand auf, und sein Minenspiel schien zwischen Irritation und einem
leicht amüsierten Lächeln zu schwanken.
    Â»Ja«, sagte Jael in den leeren Raum hinein, als er fort war.
    Â»Ja«, wiederholte sie kurz darauf, als sie merkte, dass sie doch die Behandlung mit dem Pallisp wollte.
    Nein.
Dieses Mal nicht. Aus dem Getränkeverteiler holte sie sich einen Becher
mit starkem, koffeinhaltigem Kaffee, trank ihn schlückchenweise und
genoss die anregende Wirkung.
    Als es Zeit war, ging sie
in Mogurns Kabine; ein wenig zittrig schloss sie ihn an seinen
synaptischen Verstärker an, ehe sie sich in ihr eigenes Quartier
zurückzog. Nur ein paar Augenblicke später erfüllte sie eine
niederschmetternde Verzweiflung, und sie wusste, dass sie sich die
Belohnung nicht hätte verweigern dürfen.
    Sie erlebte
ein Gefühl der Klaustrophobie. Ohne die Wärme des Pallisp spürte sie
nur die Last ihrer Einsamkeit, sie litt unter der deprimierenden
Aussicht, dass sie vermutlich nie wieder mit einem ordentlich
registrierten Skipper fliegen würde. Hinzu kamen die ernüchternden
Zweifel an Mogurns Charakter, die ständig in ihrem Hinterkopf lauerten.
Sie fühlte sich, als schnürte ihr ein entsetzliches Gewicht die Luft
zum Atmen ab. Und am Rande ihres Bewusstseins plagte sie die
uneingestandene Angst, sie sei durch einen üblen Trick getäuscht worden
und in nur wenigen Tagen einer Macht erlegen, die sie nie wieder
loslassen würde – der Macht des Pallisp.
    Sie brauchte ihn dringend; mit Leib und Seele sehnte sie sich nach ihm.
    Sie
hockte in ihrer Kabine und träumte von der goldenen Wärme des Pallisp;
plötzlich fröstelte sie, weil ihr die Luft kalt vorkam, und sie fing an
zu weinen, aber nur für ein paar Minuten. Dann holte sie tief Luft,
schneuzte sich die Nase und fing an, in der winzigen Kabine auf und ab
zu tigern. Sie spielte mit einem Buchkubus, stellte ihn wieder zur
Seite, legte sich ihr Musikhalsband an und nahm ihre Wanderung wieder
auf, während die Klänge einer Symphonie durch ihren Körper strömten.
Nichts half. Sie überlegte, ob sie zu Mogurn gehen und ihn um den
Pallisp bitten sollte; doch dazu hätte sie ihn aus seinem eigenen
Vergnügungsrausch reißen müssen, und das wagte sie nicht.
    Schließlich
verließ

Weitere Kostenlose Bücher