Im Informationszeitalter
handeln, materiell, also finanziell und technisch, aber auch militärisch, unterstützen. Wir haben es dann mit einer Art Förderung der individuellen Handlungen durch staatliche Macht zu tun. (Während des Zweiten Weltkrieges stellten die Deutschen perfekt gefälschte englische Pfund her, die zum Ende der Kämpfe wahrscheinlich in einem See in der Schweiz versenkt wurden.)
Die Empfindlichkeit der Staaten und Gesellschaften ist für Terroristen weniger interessant, als sie es für gewöhnliche Verbrecher, für die organisierte Kriminalität, für korrupte Angestellte der großen Korporationen und selbstverständlich für Spione und feindliche Regierungen ist. ‘Elektronische Diebe’, die in Kreditkartenbetrügereien oder Industriespionage verwickelt sind, stellen einen Teil des Systems dar, dessen Vernichtung sie ihrer Erträge berauben würde … (Ich füge hinzu: sie sind wie Schmarotzer, die sich mit dem Blut des Wirtes ernähren, S.L.). Die politisch motivierten Terroristen (vor allem die Separatisten, die einen eigenen Staat aufbauen wollen) haben beschränkte Ziele. Jedoch die terroristischen Gruppierungen, die sich am Rande der Niederlage befinden oder durch apokalyptische Visionen angezogen werden, würden nicht zögern, alle ihnen zur Verfügung stehenden zerstörerischen Mittel einzusetzen.
All das führt über die Grenzen des uns bekannten Terrorismus hinaus. Neue Definitionen und neue Namen müssen für eine neue Realität gebildet werden. Die Geheimdienste und Politiker werden den Unterschied zwischen den verschiedenen Varianten terroristischer Motivationen, Methoden und Ziele lernen müssen. Ein Erfolg dieser neuen Form des Terrorismus kann mehr Opfer kosten, mehr materielle Schäden und mehr Panik verursachen, als all das, was die Welt bisher erfahren hat.
Walter Laqueur
Den abschließende Absatz habe ich ein wenig gekürzt, weil mir bereits genügend Bemerkungen zu Ohren gekommen sind, daß das, was ich publiziere, mit einer besonderen Schwarzmalerei und einem in die Zukunft gerichteten Pessimismus belastet ist. Ich wollte also dem amerikanischen Politologen das letzte Wort geben, um einer weiteren Anklage wegen meiner Schwermut, die als meine persönliche Charaktereigenschaft gilt, zu entgehen.
Geschrieben im Juli 1997
Meine Weltanschauung
Stanislaw Lem 18.06.1999
Das genaue Wissen ist nur eine vereinzelte kleine Insel im riesigen Ozean des Nichtwissens
Was hat meine Weltanschauung mit der Informatik gemeinsam? Ich meine fast alles, und deswegen werde ich hier versuchen, dies zu erklären.
“Die Welt”, also “alles was existiert”, besteht aus “Dingen”, von denen man dank der “Information” erfahren kann. Die Dinge können diese “Information” direkt “versenden” (wie ein sprechender Mann, wie ein gelesenes Buch, wie eine betrachtete Landschaft) oder auch mittelbar durch Ketten “sinnlich-geistiger Gedankengänge”. “Gedankengänge” schreibe ich in Anführungszeichen, weil in einem bestimmten Sinn auch eine Ratte, die in einem Labyrinth zu einer Tür läuft, hinter der sie etwas zu fressen findet, für diese Suchbewegung gewissermaßen auch den (“Ratten-“)Verstand benutzt.
Weil ich mich ausschließlich damit beschäftigen möchte, was lebendig aufgrund von “Information” ist, werde ich die Grenzen “meiner Weltanschauung” so setzen: Jedes lebendige Geschöpf besitzt eigenes SENSORIUM, das typisch für die Art ist und sich über Millionen von Jahren der darwinistischen natürlichen Evolution entwickelt hat. Dieses Wort finden Sie weder in einem Fremdwörterbuch noch in der Enzyklopädie, und sogar in dem Großen Warschauer Wörterbuch ist es mit einem Ausrufezeichen versehen, was bedeutet, daß man es lieber nicht benutzen sollte. Trotzdem verwende ich es.
Das SENSORIUM ist die Gesamtheit aller Sinne sowie aller (gewöhnlich Nerven-)Wege, durch welche die Informationen, die uns über die “Existenz von etwas” unterrichten, zum zentralen Nervensystem gelangen. Beim Menschen und bei der Ratte ist es das Gehirn. Insekten müssen sich mit viel bescheideneren Zentren zufrieden geben. Die “Welt” eines Insekts, einer Ratte oder eines Menschen sind daher ziemlich verschiedene Welten. Die Evolution hat lebendige Geschöpfe grundsätzlich so sparsam ausgestattet, damit sie die Information wahrnehmen können, die für das individuelle und/oder auch artenspezifische Überleben unentbehrlich ist. Da die Evolution ein über Milliarden Jahre fortwirkender und
Weitere Kostenlose Bücher