Im Informationszeitalter
die grundsätzlich Information auf einer Ebene übertragen (genauer: auf der Fläche der Erdkugel) durch Schnittstellen so umgestalten, dass sie die mehrdimensionale Stratifikation des natürlichen Gehirns nachahmen können. Darüber hinaus müsste man dem entsprechend ausgewählten “Neuronenhaufen” die “Startinformation” liefern, die auch in den Gehirnganglien eines Neugeborenen vorliegt, weil auch dessen, bereits im Mutterschoß entwickeltes Gehirn keine weiße, leere Karte ist, sondern eingebaute Zentren hat, die etwa über die Kapazität zur Sprachbeherrschung der Sprache verfügen. Ferner wäre die Verbindung mit Sensoren wichtig, da auch ein “natürliches” Gehirn, das vollständig von den Interzeptoren und von Effektoren abgeschnitten, das heißt sensorisch und motorisch depraviert wäre, nicht funktionieren und in den Zustand einer komaähnlichen Passivität verfallen würde. Folglich müsste man in die “Neuronenhaufen” Informationen verschiedener Art “einspielen”, beispielsweise die Kapazität, sprechen oder sehen zu können, und entsprechend die lokalen Subsysteme so verbinden, dass die Ganzheit sich funktionell als homomorph mit dem Gehirn erweist. Sie muss natürlich nicht unbedingt identisch mit dem menschlichen Gehirn sein. Bei der Entwicklung wäre eher gewisse Bescheidenheit angesagt. Homomorphismus meint ein System von informatischen Verbindungen, das typisch für höhere Säugetiere - hominoidea - ist, die eine Obergruppe bilden, die sowohl Androide wie auch Hominide umschließt, deren letzte Gattung erst der Mensch ist.
Ich möchte die weiteren erforderlichen Bedingungen nicht noch vermehren. Sollte so ein Experiment überhaupt gelingen, würde dies gar nicht bedeuten, dass eine Maschine oder ein Komplex von Aggregaten mit der Eigenschaft, “wirklich bewusst zu denken”, entstanden ist. Ein praktischer Nutzen wäre unbedeutend, sicherlich nicht größer, als zum Beispiel die Entdeckung von Bakterien auf dem Mars, also eines Lebens, das unabhängig vom irdischen Leben entstanden ist. Das Ergebnis eines solchen weltweiten Experiments würde allerdings einen ersten Schritt darstellen, durch den sich ein langer Zeitraum der Evolution von künstlichen, funktionell gehirnähnlichen Systemen so ankündigen würde, wie der erste Flug mit einem Heißluftballon der Montgolfier der Wegbereiter für das Emporsteigen des Menschen in die Luft mit riesigen Düsenflugzeugen gewesen ist. Übrigens kann der Weg zum Bewusstsein wahrscheinlich auf eine weniger anstrengende Weise beginnen. Ich wollte hier nur eine Möglichkeit vorschlagen, mit der man das ausnutzt, wofür die Computertechnologie möglicherweise schon dienen könnte.
Geschrieben im Januar 1998
Der Weg ohne Umkehr
Stanislaw Lem 19.03.2001
Sollte die Hölle existieren, so wird sie computerisiert sein
Lange habe ich mich gegen die Computerisierung gewehrt. Als ich schon einen Computer hatte, musste ich mich mir noch einen Drucker besorgen. In den Computer musste ein Modem eingebaut werden. Das Fax ist am Rande gewissermaßen notgedrungen und beiläufig entstanden. Das ist genau der Weg, auf dem es keine Umkehr gibt. Anfänge sind harmlos und scheinen uns nur neuen Komfort zu bringen. Die Fortsetzung stellt zwar keinen Einzug in die Hölle dar, aber sie ist, sobald die Hölle existiert, mit Sicherheit computerisiert.
Der neueste Computer altert so schnell, dass er nach ein paar Jahren nur noch Schrott ist. Generationen von neuen Computern schieben die zuvor gebauten und mit Lob erworbenen in einen ungewissen Abgrund: Amerikaner, die in die Statistik verliebt sind, behaupten, dass das Computerleben kurz sei. Sein Leben dauert zwischen drei und fünf Jahre lang. Die Population dieser Geräte, über die vor einem halben Jahrhundert niemand auch nur nachgedacht hatte, zählt heute Hunderte von Millionen weltweit.
Natürlich fragt man sich, was mit den Millionen von veralteten Computern geschieht? Sterben sie? Haben sie eigene Friedhöfe? Oder enden sie eher auf den Müllkippen? Wo kann man ihre Leichen finden? Lager für verstorbene Computer als Rumpelkammer gibt es wohl kaum. Ich muss zugeben, dass in meinem Keller ein fast wie eine Mumie eingepackter Apple-Computer aus dem Jahre 1984 steht, den ich für meinen Sohn gekauft hatte, als er in Wien die American International School besuchte. Zu seiner Zeit war er leistungsfähig, aber ich traue mich nicht zu gestehen, was für eine Leistung und Speicherkapazität er hatte. Ihm ist es
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