Im Informationszeitalter
“Intensität” beliebig stark sein kann. Es ist nicht wichtig, was man erlebt, sondern wie der
Erlebnismodus beschaffen ist: ob er ist wie in einem mit Traumgefühl geträumten Traum oder ob er der subjektiven Sicherheit, im Wachzustand zu sein, gleicht.
Ich würde sagen, es geht hier um den grundlegenden Unterschied zwischen einer bewussten Illusion und einer Illusion, die den Wachzustand unverwechselbar nachahmt. Diese letztere können wir zur Zeit durch Anschluss des Menschen mit seinem gesamten Sensorium, d.h. mit allen seinen Sinnen, an ein Computerprogramm nicht verwirklichen. Diese Nichtmachbarkeit der “vollkommenen” Illusion, diese sehr wichtige Distinktion, hat aber keine “endgültige” Natur. Es ist also nicht gesagt, dass Menschen niemals in eine vollkommen phantomatisierte Wirklichkeit eintauchen werden. Der Unterschied hat nämlich keinen “ontologischen” oder “epistemologischen” Charakter; es hängt also weder die “existentielle” Erörterung der Qualität der erlebten Phänomene noch die (experimentelle) pragmatische Untersuchung derselben lediglich von der rein technischen Leistungsfähigkeit des Phantomats und seines Programms ab.
Übrigens habe ich bereits ziemlich genau an Beispielen auch über diesen Unterschied in vor über dreißig Jahren in der “Summa Technologiae” geschrieben. Auch eine Handlung wie beispielsweise das Abnehmen der “Brille” vom Kopf, durch die die visuell fiktiven Informationen (dass wir z.B. uns im Inneren der Cheops-Pyramide oder in der eigenen Wohnung befinden) in die Augen strömt; auch diese Handlung, die uns angeblich in das normale und gewöhnliche Dasein zurückversetzen soll, kann im fortgeschrittenen Stadium der phantomatisierenden Technik Fiktion sein. Etwas in dieser Art, obwohl scherzhaft, kann man in meiner “Kyberiade” z.B. dort finden, wo der König Rosporik an den “träumenden Schrank” angeschlossen wird, um die entzückende “Mona Lisa” kennen zu lernen. Es stellt sich heraus, dass sich daraus eine “Monarcholyse” ergibt. Der König “löst sich in Illusionen auf”, die vom Wachzustand nicht zu unterscheiden sind. Weil jene Geschichte eine literarische Fiktion war, hielt sie niemand für eine Prognose. Die phantomatischen Illusionen, die man in ihrer Illusionshaftigkeit demaskieren kann, verwirklichen wir, da wir doch wissen, dass wir uns diese Brille und Datenhandschuhe und was auch immer aufgesetzt oder angezogen haben. In der nächsten Etappe könnten sich jedoch dieses “Aufsetzen” oder dieses “Anziehen” nur als weiterer Schritt der Illusion erweisen.
Warum rede ich soviel darüber? Weil das Märchenerzählen über “interaktives Fernsehen”, über das Internet und WorldWideWeb in Mode ist, und man wiederholt uns ständig - oder sollte ich sagen, versucht uns weiszumachen -, dass man über das Internet oder das Fernsehen die “virtuelle Realität” genießen könne. Der Unterschied zwischen einer “Phantomatisierung, die vom Wachzustand nicht mehr unterscheidbar ist” und der zur Zeit machbaren Phantomatisierung, wird also verwischt. Ich weiß nicht, ob das absichtlich passiert. Unterdessen geht es um einen Unterschied, der nicht banal ist und dem zwischen der Herrn-Benz-Kalesche mit einem Motörchen aus dem Jahre 1908 und einem Rennauto von Ferrari. Das eine wie das andere waren Kraftfahrzeuge, bloß mit einer sehr unterschiedlichen äußeren Erscheinung und Leistungsfähigkeit. Wenn es um die Phantomatisierung geht, ist dieser Vergleich allerdings irreführend, da man nach einer langen simulierten Fahrt mit einem “phantomatisierten” Auto heute schon demjenigen, der nach der Illusion des Autofahrens “erwacht”, rät, eine
Zeit lang kein reales Auto zu steuern, da er einen Unfall verursachen könnte. Diese Regel bedeutet nicht, dass ein Fahrer über den Aufenthalt im Simulator Bescheid wusste und sich dann “geirrt hatte”. Es entsteht einfach eine Art der Gewohnheit, die verursacht, dass wir, wenn wir zum Beispiel Koffer voller Bücher mehrmals nacheinander hochheben und meinen, dass der nächste Koffer auch schwer ist, oft unwillkürlich eine starke Muskelanspannung ausführen und dann den leeren Koffer mit unserer Hand bis zur Decke hochwerfen. Eine solche Fehleinschätzung heißt aber nicht, dass man eine Fiktion für Realität hält.
Wieso gibt es also nirgendwo eine Software für eine “vollkommene Phantomatisierung”, die so dicht wie ein Kokon wäre, die der phantomatisierte
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