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Im Informationszeitalter

Im Informationszeitalter

Titel: Im Informationszeitalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Mensch von der Existenz im Wachzustand auf keine Weise unterscheiden kann und in der er, wenn wir ihn von der Phantomatisierung nicht befreien, ehe er vor Hunger umkommt, lieber fiktive Leckereien essen würde, als dass er selbständig sich und sein getäuschtes Sensorium wieder in die echte Welt begibt? Es gibt zwei Gründe für das Fehlen einer solchen Phantomatisierung, die endlich (wie ein hervorragend gefälschter Geldschein - echter Geldschein) Phantomate verwirklichen würde, die würdig wären, “Bischof-Berkeley-Maschinen” genannt zu werden, weil sie seinen Grundsatz “esse est percipi” zu einer wirklich unwiderlegbaren Tatsache machen. Die weniger wichtige Ursache ist banal und ergibt sich daraus, dass das Investitionskapital, ein wenig ähnlich wie das Wasser, sagen wir im Fluss, dorthin eilt, wo es so eingesetzt wird, dass es möglichst großen und möglichst schnellen Gewinn zu machen verspricht. Und das Kapital, welches für die Erhebung der “phantomatischen Kutsche” auf das Niveau einer “phantomatischen Rakete” erforderlich wäre, müsste sehr groß sein.
    Die zweite und wichtigere Ursache steckt im eigentlich rein instrumentellen (technischen und physiologischen) Sachverhalt. Die heutige Kapazität sowohl der Programmierer und der Programme, als auch der Computer ist nämlich nicht imstande, eine Leistung zu verwirklichen, die für eine “mehrschrittige”    oder    “mehrstufige”
    Phantomatisierung erforderlich wäre, und ohne das ist der Weg zu der “Bischof-Berkeley-Maschine” sehr lang. Deswegen sollte man auch Werbung nicht ernst nehmen, welche die “Erschaffung der Virtualität” mit Hilfe des “interaktiven Fernsehens” oder des Internet verspricht.
    Man kann es zwar versprechen, tatsächlich wird man aber einen Ersatz “schlechterer Qualität” liefern, die ich niemandem zur Last lege. Die “Bischof-BerkeleyMaschine” bedroht    uns    nämlich    durch    die
    “Inbetriebnahme” von Welten, aus denen der darin Versenkte keinen Ausgang finden kann, und wenn er ihn finden würde,    wird er nie    mehr    die
    hundertprozentige Sicherheit wiedererlangen, dass er sich von der Macht der “Maschine” befreit hat, weil der Mensch bei einem vollkommenen “Betrug” aller Sinne zu einem hilflosen Gefangenen der Fiktion wird. Darüber habe ich auch bereits in der Erstausgabe der “Summa Technologiae” geschrieben.
    Auf diese Art also erinnert die Situation in ihrer Gesamtheit stark an    den    natürlichen    Modus    der
    Evolution der durch    die    Menschen    geschaffenen
    Technologien: wir starten mit primitiven Prototypen, eine Zeit lang vervollkommnen wir sie allmählich, dann kommen immer radikalere Änderungen, die die neue Technologie optimieren, und zum Schluss kommen wir zu dem durch die “Welt selbst” gegebenen Ende der Steigung. Selbstverständlich können sich die Höhen voneinander sehr unterscheiden. Wenn sich der Phantomatisierte wünscht, lediglich die Pariser Kathedrale Notre Dame zu besichtigen, lässt sich dies heute machen. Sollte er jedoch nach der Vorstellung nicht zum gewöhnlichen Wachzustand, sondern zur Illusion zurückkehren, in der er weiterhin unter der Macht der Täuschung bleibt (d.h. es scheint ihm, dass er nach Hause zurückkehrt und dort auch scheinbar seine Frau oder ein zu immer intimeren Zärtlichkeiten bereites Mädchen trifft), dann lässt sich dies heutzutage so nicht erschaffen, dass er dauerhaft an die Wirklichkeit glaubt und nicht zweifelt.
    Ein von Natur aus kritisches und misstrauisches Individuum wäre bei dem bereits existierenden und ihm in der Welt des hohen Fortschritts bekannten Zustand der phantomatischen Techniken in einer eher misslichen Lage: die Neurotiker könnten oft den Eindruck haben, dass man sie schon in “phantomatische Schlingen” fängt oder gefangen hat. Ich muss sagen, dass man in einer solchen Welt mit solchen Parametern der Phantomatisierungsleistung nicht angenehm leben könnte. Zwar könnte ein Greis darin Weltrekorde im 100m-Lauf aufstellen oder Sex mit einer Miss World genießen, die letzte Hoffnung vor dem Glauben an die Illusion wird jedoch bloß der gesunde Verstand bleiben.
    Man kann letztendlich daran glauben, dass man auf der Straße in einem verlorenen Briefumschlag einen auf den Überbringer ausgestellten Scheck über eine Million Dollar findet. Viel schwieriger wäre es daran zu glauben, dass die wunderschöne Frau, die uns im

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