Im Interesse der Nation
Begleiters, es sollen aber auch möglichst viele andere mitkommen, die am Donnerstag hätten abreisen sollen. Das ist das erste, was ihr regeln müßt. Dann gibt es noch eine Reihe praktischer Dinge, Uniformen, Namensschilder, Sprachprobleme, denn unser Gast spricht kein Schwedisch, was auf schwedische Offizierskollegen und anderes Personal ein wenig seltsam wirken könnte…«
»Das wird kaum eine Rolle spielen. In der Maschine kann man sein eigenes Wort nicht verstehen. Wir brauchen bis nach Stockholm Ohrenschützer. Jede Unterhaltung ist unmöglich«, unterbrach Major Larsson begeistert. Er sprach Dalarna-Dialekt, und die Loyalitätskrise seines Bataillonschefs schien auf ihn nicht abgefärbt zu haben.
»Und die Uniformen«, fuhr er eifrig fort, »haben wir in der Kleiderkammer, und wenn ich sie selbst quittiere, wird kein Mensch Fragen stellen. Die Namensschilder können wir selber herstellen…«
So wurde ein Problemchen nach dem anderen methodisch gelöst. Was den Flughafen und dessen Kontrolle betraf, gab es keine Probleme, da die UN-Truppe für ihre eigene Sicherheit sorgte. Carl brauchte mit dem Russen nur auf die Rollbahn zu fahren. Dann sollte den Behörden eine Namensliste übergeben werden, aber die hatte noch nie gestimmt. Überdies kümmerten sich die zypriotischen Behörden nicht ernsthaft darum, da das UN-Personal mit seinen blauen Ausweisen ohnehin kam und ging, wie es ihm beliebte. So ging es einige Zeit weiter, bis der zunehmend unruhiger werdende Bataillonschef - das Fest mit dem Royal Canadians und der Diskothek rückte immer näher - einen Einwand wagte.
»Aber können wir SCACYP wirklich so kapern? Ja, verzeiht den Ausdruck, im Hinblick auf die Lage ist das vielleicht unpassend… Ich meine das, was passiert ist. Es ist doch immerhin eine UNO-Maschine.«
»Den Teufel ist sie das«, wandte der Personaloffizier Larsson ein, »sie hat doch immerhin drei Kronen auf blauem Grund auf den Flügeln. Normalerweise least die UNO die Maschine von den Luftstreitkräften, aber diesmal gilt das ja nicht.«
»Aber kann sie wirklich auf der gewohnten Route über Osteuropa fliegen?« fragte Karl-Erik Järn und sah unruhig auf die Uhr. Ein ganz normaler, blonder, blauäugiger, durchtrainierter, netter, anständiger schwedischer Offizier, dachte Carl und warf einen Blick auf das Diplom des Bataillonschefs für verschiedene Gewaltmärsche um den Salt Lake herum und anderes. Salt Lake - das mußte der weiße Salzsee sein, den Carl auf dem Weg vom Flugplatz gesehen hatte. Er wandte sich wieder dem Gespräch zu. Ihm fiel auf, daß seine Konzentration ein wenig nachließ.
»Nein, wenn wir über Osteuropa fliegen, besteht das Risiko, daß sie die Maschine zur Landung zwingen. Und von jetzt an oder spätestens in einer Stunde, wenn sämtliche Fernsehsender der Welt aus Frankreich berichten, wissen die Russen genau, was passiert ist. Nein, dieser Flug geht über NATO-Territorium, bis wir in Schweden sind, wo wir vermutlich eine Lufteskorte bekommen.«
Die drei verfielen über diesen Perspektiven in tiefes Grübeln, bis ihr jüngerer Kollege sie wieder an die Arbeit trieb.
Nach einiger Zeit vertagte sich die Runde und entschied, Karl-Erik solle sich jetzt zunächst seinen repräsentativen Aufgaben widmen, da das Fest immer näherrückte und die ersten Gäste schon eingetroffen waren.
Carl jedoch sowie Major Larsson und dem stellvertretenden Bataillonschef mangelte es weder an Phantasie noch an Energie, als es darum ging, im Interesse der schwedischen Nation gegen rund zwanzig UN-Regeln zu verstoßen.
In Schweden war es 19.30 Uhr, und im Arbeitszimmer des schwedischen Oberbefehlshabers saßen vier Vertreter der militärischen Führung Schwedens vor einem Fernsehgerät, das eine Ordonnanz vor einer Stunde gebracht hatte. Die Tür war verschlossen, und kein Untergebener war in der Nähe.
Hauptnachricht und größte internationale Nachricht überhaupt war zu diesem Zeitpunkt in der Sendung »Rapport« wie in allen entsprechenden Nachrichtensendungen der Welt die phantastische Geschichte der Entführung der Air France 129.
Nach einigen ersten Bildern aus dem Mittelmeerraum über Südfrankreich, die den Airbus in Begleitung französischer Jagdflugzeuge zeigten, folgten Bilder weinender Fluggäste, die von herbeieilenden Verwandten und Freunden umarmt wurden, sowie Bilder von zwei verhüllten männlichen Leichen und einem Terroristen in Handschellen. Dann folgten einige kurze Interviewschnipsel; so erzählte eine
Weitere Kostenlose Bücher