Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
bewaffnetes UN-Kontingent unternommen? Eine Art covered action ? Diskret, ohne unnötigen Lärm und Aufsehen? Mit Kernwaffen?«
    Bei dieser Bemerkung prusteten beide wieder los. Dabei fiel Carl auf, daß sie beide wohl psychisch angespannter waren, als sie einander eingestehen wollten.
    Beim Generalstab in Stockholm war Carls Fernschreiben durch ein Versehen nicht gleich weitergeleitet worden. Irgendein heller Kopf in der Informationsabteilung hatte die Mitteilung aus Camp Victoria wegen atmosphärischer Störungen für verstümmelt gehalten. Hinterher verteidigte er sich damit, vom UN-Kontingent dort seien ja noch nie verschlüsselte Nachrichten gekommen, und überdies habe er bei genauerem Nachdenken entdeckt, daß die Nachricht an das OP 5 und nicht an die Informationsabteilung gerichtet gewesen sei.
    Aber als ein Dechiffreur die Mitteilung Samuel Ulfsson endlich im Klartext vorlegte, erkannte dieser sofort, daß die verlorene Zeit sehr kostbar werden konnte. Hamiltons Mitteilung kam zwar von einem höchst unerwarteten Ort, doch was die Deutlichkeit der Mitteilung betraf, ließ sie nichts zu wünschen übrig. Obwohl sie den Umständen entsprechend kurz war:
    Position Camp Victoria. Gepäck bislang unbeschädigt. Unterwegs Flugzeugentführung, um ein Haar fatale Zwischenlandung in Damaskus. Entführer niedergekämpft, einer am Leben. Ankunft Maschine Frankreich gegen 14 Uhr. Vermutlich großes Aufsehen. Bataillonschef verweigert unter Hinweis auf UN-Vorschriften Amtshilfe. Droht, uns vor die Tür zu setzen. Zeit kostbar. Forderung: Befehl an mich und den hiesigen Befehlshaber. Vorschlag: Rückweg SCACYP.
    Während Ulfsson einen Blick auf seine Armbanduhr warf und nach einer verschwundenen Schachtel Ultima Blend tastete, nahm er den Telefonhörer ab und wählte die Nummer des Generalstabschefs. Es war 14.55 Uhr, und vier Minuten später stürmte der Vizeadmiral grußlos ins Zimmer und zog sofort die Tür hinter sich zu.
    »Was für eine Notlage, was ist passiert, erzähl!« befahl er atemlos und setzte sich an den Seitentisch.
    Samuel Ulfsson sah erneut auf die Uhr. Dann streckte er sich nach seinem großen Transistorradio, schaltete das Dritte Programm ein, dessen Nachrichtensendung in wenigen Sekunden beginnen würde.
    »Was zum Teufel ist los, was ist passiert?« fragte der Generalstabschef in stärkerem Kommandoton.
    Samuel Ulfsson gebot seinem Vorgesetzten zu schweigen und zeigte auf das Radio, dessen Piepen erkennen ließ, daß gleich die Nachrichten kommen würden.
    In der ersten Meldung ging es um eine Flugzeugentführung im Mittelmeer. Die Entführer, wahrscheinlich Palästinenser, seien an Bord vermutlich von einem israelischen Sicherheitsagenten erschossen worden. Die Entführer hätten einen der Fluggäste ermordet.
    Abschließend war von Problemen der Frauen in den Entwicklungsländern die Rede. Samuel Ulfsson stellte das Radio ab und entdeckte plötzlich seine Zigarettenschachtel auf dem Fußboden. Zur höchst sichtbaren Irritation seines Vorgesetzten zog er aus der zerknüllten Schachtel eine Zigarette hervor. Er mußte aus Versehen daraufgetreten sein. Er zündete sie an, inhalierte und begann erst dann mit seinem kurzen Vortrag.
    »Hamilton und Genosse Koskow haben Kairo heute morgen mit dieser Air-France-Maschine verlassen, von der du gerade gehört hast. Hamilton scheint die Entführer überwältigt zu haben, wie immer er das angestellt hat. Jedenfalls sind er und der Russe in Larnaka ausgestiegen und sitzen jetzt in Camp Victoria. Ich habe den Bericht von Hamilton hier, lies selbst.«
    Der Generalstabschef war aufgestanden und hatte die Meldung an sich gerissen, bevor Samuel Ulfsson zu Ende gesprochen hatte. Er überflog schnell den kristallklaren Text.
    »Das wird in den Medien natürlich einen verdammten Wirbel machen«, stellte er fest und erhielt vom Chef des Nachrichtendienstes nur ein leichtes, zustimmendes Kopfnicken zur Antwort.
    »Und die Russen wissen verdammt noch mal genausogut wie wir, wer wer ist und wer nicht Israeli ist. Wo haben sie das übrigens her, denn es muß doch Hamilton gewesen sein?«
    »Journalisten.« Samuel Ulfsson zuckte die Achseln. »Es gibt mit den Rothäuten also ein Wettrennen nach Camp Victoria?« überlegte der Generalstabschef laut.
    »Ja, das könnte man sagen. Obwohl wir gewisse operative Vorteile haben, falls du…« Samuel Ulfsson biß sich auf die Lippen, um den Satz nicht zu vollenden. Ihm schwebte vor, das müsse sich unter zwei

Weitere Kostenlose Bücher