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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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schwer, sich zu konzentrieren. Er hatte das Gefühl, als lenke der Raum ihn ab: Rokokostühle in Gold und Samt, zierlich gedrechselte Tischbeine, Orientteppiche und Kristalleuchter in einem Arbeitszimmer. Er selbst hätte das nicht ertragen.
    Und Staatssekretär Peter Sorman war alles andere als der Lackaffe, wie man ihn im Außenministerium normalerweise antraf. Er war ein harter Knochen, einer der einflußreichsten Politiker des Landes und einer der engsten Vertrauten des früheren Ministerpräsidenten. Er hatte selbst so etwas wie eine Vergangenheit beim Nachrichtendienst, falls man diese halbprivate Parteitätigkeit im exakten Wortsinn als Nachrichtendienst bezeichnen konnte. Außerdem beeindruckte er durch seine körperliche Erscheinung, hochgewachsen, schlank, elegant, sonnengebräunt und durchtrainiert; es war eine eigentümliche Vorstellung, daß sein Hobby Karate war. Es konnte nicht viele Politiker seines Schlages geben. Überdies war er kalt wie ein Fisch, intelligent und kalt, und was Samuel Ulfsson ihm im Verlauf des harten Gesprächs erzählte, beeindruckte ihn nicht im mindesten, während Ulfsson es genoß. Der schwedische Nachrichtendienst hatte immerhin einen seiner triumphalsten Erfolge erzielt, egal, ob der Staatssekretär und andere Politiker jetzt Angst hatten, sich in die Hosen zu machen. Die Erkenntnisse wurden von Stunde zu Stunde umfangreicher; die Informationen strömten, wie sehr die Politiker sich auch sperrten.
    Einer der Einwände des Staatssekretärs mit den eisigen Augen war jedoch besonders lästig, und den hatte er sich bis zum Schluß aufbewahrt.
    Dabei ging es um das Hinscheiden eines amerikanischen Staatsbürgers. Die amerikanische Botschaft habe nur wenige Stunden nach Veröffentlichung des Kommuniqués, mit dem man die schwedische Beteiligung an den Ereignissen im Mittelmeer habe eingestehen müssen, in dieser Angelegenheit einen Vorstoß unternommen. Man habe immerhin zugegeben, daß es »militärisches Personal«, schwedisches Personal, gewesen sei, und keine Amerikaner oder Israelis.
    Könne sich also Hamilton eventuell am Tod dieses Amerikaners, wie immer er heiße, mitschuldig gemacht haben? In diesem Punkt, das mußte Samuel Ulfsson ohne Vorbehalt eingestehen, sei Hamiltons schriftlicher Bericht nicht sonderlich erschöpfend gewesen.
    Als Ulfsson gedrängt wurde zu definieren, was »nicht sonderlich erschöpfend« sei, sah er sich gezwungen zuzugeben, der Bericht enthalte nicht mehr als etwa folgende Angaben: Bei Beginn der Flugzeugentführung sei Korvettenkapitän Hamilton in einem anderen Teil der Maschine auf das Geschehen aufmerksam geworden und habe dann gehandelt… Ja, auf eine Weise, die inzwischen in groben Zügen bekannt sei.
    Der Staatssekretär machte keine Miene, diesen vagen Bescheid akzeptieren zu wollen. Er lehnte sich in seinem großartigen Rokokostuhl zurück, flocht die Hände zusammen und preßte die Finger nach hinten, bis es knackte. Dabei fixierte er Samuel Ulfsson unverwandt. Das kurze Schweigen im Raum ließ das Ticken der antiken Goldpendüle in einer Ecke des Zimmers immer lauter werden.
    »Dann würde ich vorschlagen wollen«, sagte der Staatssekretär leise und betonte dabei jedes Wort, »daß Sie Herrn Hamilton umgehend bitten, seinen Bericht in diesem nicht ganz unwichtigen Punkt zu ergänzen.«
    »Ich bin mir nicht sicher, daß sich das so schnell machen läßt, und außerdem bin ich keineswegs überzeugt, daß es sehr klug wäre«, entgegnete Samuel Ulfsson angestrengt, während er überlegte, ob er sich eine Zigarette anzünden sollte.
    »Das ist eine etwas überraschende Antwort. Vielleicht hast du die Güte, dich näher zu erklären«, fuhr der Staatssekretär mit seidenweicher Stimme fort, während er seinen Gegner - so empfand er ihn - mit einem festen blauen Blick fixierte.
    Samuel Ulfsson beurteilte das Risiko, auf seine Frage, ob er rauchen dürfe, eine ablehnende Antwort zu erhalten, als beträchtlich. Er beschloß zu verzichten.
    »Weißt du«, sagte er zögernd, da er nicht sicher war, wie überdeutlich er eigentlich noch werden mußte, »ich bin mir nicht sicher, daß irgendwelche ausführlichen Erklärungen Hamiltons irgendeinen, äh, Vorteil für uns hätten. Außerdem hat er eine Woche oder so dienstfrei.«
    »Aha«, bemerkte der Staatssekretär kühl, demonstrativ kühl, »und ist möglicherweise bekannt, wo er sich aufhält? Ich bin überzeugt, daß es unserem Nachrichtendienst mit vereinten Kräften gelingen sollte, unsere

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