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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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eigenen Angestellten zu lokalisieren.«
    »Er dürfte nach Schonen gefahren sein, um den Alten zu treffen.«
    »Dürfte?«
    »Ja, er ist jetzt da unten. Soviel ich weiß.«
    »Ausgezeichnet. Damit haben wir ihn also geortet. Sorge dafür, daß er seinen Bericht innerhalb von vierundzwanzig Stunden ergänzt. Sei so nett.«
    »Ja, aber…«
    »Falls es irgendwie hilfreich wäre, könnt ihr innerhalb einer Stunde eine schriftliche Order des Ministerpräsidenten bekommen. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    »Ja, ohne Zweifel«, erwiderte Samuel Ulfsson. Er stand auf, da der Staatssekretär ebenfalls aufgestanden war und mit dieser Geste gezeigt hatte, daß die Audienz beendet war.
    Selbst wenn Carl gewußt hätte, welche umfassenden Aktivitäten sein Handeln in aller Welt ausgelöst hatte, hätte es ihm kaum etwas ausgemacht. Was ihn betraf, war nicht nur die eigentliche Operation zu Ende - Vizeadmiral Gennadij Alexandrowitsch Koskow war wie vereinbart abgeliefert worden und wurde jetzt irgendwo vernommen, weit außerhalb von Carls Verantwortungsbereich -, sondern er hatte auch das Gefühl, als wäre alles andere ebenfalls zu Ende gegangen. Er war an der Entstation angekommen. Es würde sich bald erweisen, ob dies der Endpunkt war, auf den alles zugestrebt hatte, seitdem der Alte mit der Akte des Sicherheitsdienstes unterm Arm eines schönen Frühlingstages zum Tauchtank nach Karlskrona hinausgefahren war, um seinen eventuellen Rekruten zu studieren. Jetzt, fast zehn Jahre später, war das Ziel erreicht, und damit war alles vorbei.
    Während seines gut vierundzwanzigstündigen Aufenthalts in Stockholm hatte Carl seinen Arbeitsplatz in der Kommendörsgatan nicht betreten. Es hatte nämlich den Anschein, als wäre er Gegenstand einer allzu intensiven Aufmerksamkeit der Tschekisten; vermutlich waren sie auf der Jagd nach ihrem Vizeadmiral und hofften, daß Carl immer noch etwas mit der Operation zu tun hatte. Was jedoch nicht der Fall war.
    Er hatte seinen Schlußbericht über die Durchführung der Operation oben im OP 5 zu Papier gebracht und abgeliefert und war dann nach Hause gegangen, um einen langen Brief an Tessie c/o Herbert O’Connor in San Diego zu schreiben.
    Er hatte geschrieben, er werde bald hinüberkommen, sei dabei, seinen Dienst zu beenden, und trage sich mit dem Gedanken, in die USA umzuziehen. Jedoch hatte er es nicht über sich gebracht, so persönlich zu schreiben, wie er gewollt hatte. Dann nahm er mit Genehmigung Samuel Ulfssons dienstfrei, schüttelte die sowjetischen Verfolger ab und flog nach Kalmar, wo er sich einen Leihwagen nahm, den er nicht vorbestellt hatte, und fuhr dann schnell durch Småland nach Süden. Er achtete sorgfältig auf Anzeichen einer Verfolgung, bevor er Kurs auf Kivik und die Apfelplantage nahm.
    Wie sein Beruf ihn gelehrt hatte, kam er zehn Sekunden vor dem verabredeten Zeitpunkt an.
    Der Alte stand hinter dem Haus auf der kleinen Rasenfläche. Er war gerade von seinen endlosen Baumreihen heraufgekommen, und auf einem Gartenstuhl neben ihm lag eine kräftige Gartenschere. Der Schnee war während der letzten vierundzwanzig Stunden fast völlig weggeschmolzen, und die bräunlich-schmutzige kleine Rasenfläche wies eine bedauerliche Menge schwarzer kleiner Erdhügel auf.
    »Maulwürfe«, knurrte der Alte, ohne sich umzudrehen, als Carl um die Ecke kam. »Schrecklich, daß man immer solchen Ärger mit Maulwürfen haben muß. Egal, was ich mir einfallen lasse, es hilft nicht. Im letzten Sommer habe ich versucht, die Viecher mit Gas zu erledigen, aber es genügt offenbar, daß ein einziger überlebt. Guten Tag, Carl.«
    Als der Alte von der Verwüstung aufblickte, welche die Maulwürfe angerichtet hatten, sah er aufrichtig bekümmert aus. Carl, der zunächst geglaubt hatte, die Bemerkung gelte einer anderen Art von Maulwürfen, konnte sich trotz seiner düsteren Stimmung ein Lachen nicht verbeißen.
    »Ja, Maulwürfe sind für alte Spionagechefs schon immer eine Plage gewesen. Guten Tag«, grüßte er.
    Das Gesicht des Alten hellte sich auf, als er die unfreiwillig komische Pointe der Bemerkung erfaßte.
    »Na ja, wir sind ja weitgehend verschont geblieben, nur die Polizei hat solche Maulwürfe in ihren Reihen gehabt. Daß die es nie lernen. Wollen wir reingehen?«
    Der Alte hatte das Wort Polizei wie gewohnt voller Verachtung betont. Er meinte damit den Sicherheitsdienst des Landes, eine Organisation, vor der er nur höchst mäßigen Respekt hatte. Als die beiden

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