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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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das weitere abzuwarten, bevor sie eine Initiative ergriffen oder Fragen stellten.
    »Sie fragen sich natürlich, Exzellenz, worin diese Gefährdung besteht. Ich teile es Ihnen mit einem gewissen Zögern mit. Gennadij Alexandrowitsch Koskow hat Kenntnis von bestimmten Stationen auf Ihrem Territorium, die nicht nur eine Bedrohung der Sowjetunion darstellen, sondern auch Ihres Landes. Es ist eine Frage, die wir gemeinsam lösen sollten, aber unsererseits haben wir bislang nicht den rechten diplomatischen Weg gefunden, so daß wir uns jetzt leider gezwungen sehen, unser Vorgehen mehr oder weniger zu improvisieren.«
    »Unsere Forderung ist sehr bestimmt«, unterbrach der Außenminister mit einem unsicheren Seitenblick auf seinen brillanten Mitarbeiter, »wir verlangen nämlich, daß Sie Ihre militärischen Einrichtungen mit sofortiger Wirkung zurückziehen. Das ist eine Forderung, von der wir nicht abzurücken gedenken, unter gar keinen Umständen. Schlimmstenfalls werden wir uns gezwungen sehen, Gewalt anzuwenden.«
    Die beiden Schweden wechselten einen aufmunternden Blick, während der Botschafter damit beschäftigt war, dem übersetzenden Dolmetscher zu lauschen und ihn anzusehen.
    Damit hatte Schweden seine Position vorgebracht. Die Schweden hatten sich damit schon jetzt festgelegt, gleich zu Anfang, um mit Nachdruck zu betonen, daß man nicht zurückzuweichen gedachte.
    Als der Botschafter die Äußerung des Außenministers voll und ganz erfaßt hatte, sah er bestürzter aus als erwartet.
    »Aber Exzellenz«, sagte er in einem zunächst fast flehentlichen Tonfall, »es handelt sich nicht um Einrichtungen der Sowjetunion. Wir haben schon befürchtet, daß der Verbrecher Gennadij Alexandrowitsch Ihnen diese Auffassung vermitteln würde, um sich so leichter bestimmte Vorteile verschaffen zu können. In Wahrheit handelt es sich um NATO-Einrichtungen. Und das Schlimmste: Sie besitzen nukleare Kapazität. Soweit unser Nachrichtendienst in Erfahrung bringen konnte, sind sie mit dem gleichen Raketentyp wie die Polaris -U-Boote ausgerüstet. Sie sind für den Angriff auf Ziele in der Sowjetunion vorgesehen, und es scheint zur NATO-Strategie zu gehören, sie für unsere Streitkräfte unangreifbar zu machen, indem sie auf dem Territorium eines neutralen Staates angelegt wurden.«
    Nachdem der Dolmetscher übersetzt hatte, fiel es den Schweden außerordentlich schwer, eine angemessene Reaktion zu zeigen. So konnte der Botschafter fortfahren, ohne von neuem unterbrochen zu werden.
    »Das Schlimmste ist«, seufzte er schwer, sehr schwer, »daß wir vermuten, nein, wir haben sehr gute Gründe, das möchte ich betonen, sehr gute Gründe zu behaupten, daß diese Kernwaffenbasen Selbstzerstörungskapazität besitzen. Wenn sie angegriffen werden, wird eine Kernwaffendetonation ausgelöst, die für den gesamten Ostseeraum unübersehbare Konsequenzen haben wird, und das geht uns alle an. Dahinter steckt natürlich die Absicht, um jeden Preis einer Entlarvung zu entgehen. Wir gehen davon aus, daß die amerikanische Propaganda behaupten wird, es handle sich um sowjetische Einrichtungen. Aus diesem Grund möchten wir jetzt mit aller Entschiedenheit davor warnen, aus den Äußerungen des Verbrechers Gennadij Alexandrowitsch irgendwelche übereilten Schlüsse zu ziehen. Gleichwohl wünschen wir, daß er so schnell wie möglich an uns ausgeliefert wird.«
    Der Botschafter teilte mit, er werde innerhalb von vierundzwanzig Stunden wieder vorsprechen, um in der weniger wichtigen Frage einen Bescheid einzuholen, nämlich in der Frage Gennadij Alexandrowitsch Koskow. Anschließend stehe er zur Verfügung, falls die schwedische Regierung den Standpunkt der Sowjetunion in der Frage der gemeinsamen Kernwaffenbedrohung erfahren wolle. Dieser Gefahr müßten sich beide Staaten von nun an bewußt sein. Dann ging er.
    »Entweder bin ich meschugge, oder ich habe tatsächlich gehört, was ich gehört habe. Kann das denn wirklich wahr sein?« fragte der Außenminister, als die beiden Schweden schon mehr als eine Minute in gespenstischer Stille dagesessen hatten.
    »Vielleicht wahr, vielleicht nicht wahr und vielleicht nur eine Notlüge«, erwiderte Peter Sorman nachdenklich. »Erstens halte ich das mit der NATO für einen Bluff. Zweitens glaube ich tatsächlich, daß er uns allen Ernstes mit einer Form von Kernwaffeneinsatz droht, falls wir uns über ihre Spionagenester hermachen.«
    »Gott sei Dank haben wir nicht direkt mit Gewalt gedroht«, sagte der

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