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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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    Botschafter Rickfors blieb mit erstaunt hochgezogenen Augenbrauen sitzen. Dann nahm er sich zusammen und ging. Wenn es jetzt darum ging, das Außenministerium schnell zu unterrichten, hatte er genaue Instruktionen. Den Anweisungen des Außenministeriums zufolge sollte er in Zukunft per Funk kommunizieren, obwohl der Botschafter die Einwände seines russischen Gastes gegen dieses Vorgehen gemeldet hatte. Doch offenbar hatte man in Stockholm größeres Vertrauen in verschlüsselte Mitteilungen als in Kaliningrad.
    Carl hatte während des Flugs meist geschlafen. Er erinnerte sich schwach an den Zwischenaufenthalt auf dem Kennedy Airport, aber sonst hatte er sich in einer Art Dämmerzustand befunden. Er fühlte sich ausgeschlafen genug, um mit den Folgen des Zeitunterschieds fertig zu werden, und als er auf dem Weg zum Zoll die Paßkontrolle von Arlanda erreichte, war er frisch rasiert und trug frische Kleidung.
    Da hörte er plötzlich, wie sein Name mit dem Titel »Herr Direktor« davor ausgerufen wurde. Er bezweifelte zunächst, daß er gemeint war, doch soweit er wußte, hatte er nur einen entfernten Verwandten gleichen Namens, und dieser war ein sozialdemokratischer Volkswirtschaftsprofessor. »Direktor Carl Hamilton zur Information, bitte.« Damit war also er gemeint.
    Am Informationsstand erhielt er einen kleinen weißen Umschlag mit seinem Namen. Als er ihn öffnete, fand er eine kurze Mitteilung auf einer Briefkarte des Generalstabs. Unterzeichnet hatte der Chef des OP 5. Die Nachricht lautete, draußen warte ein Wagen mit dem Kennzeichen soundso, und er, Hamilton, solle sich sofort beim Oberbefehlshaber einfinden.
    Das war alles.
    Carl stopfte Umschlag und Karte in die Außentasche der Lederjacke und begab sich zögernd zum Ausgang. Dort stand ein schwarzer Mercedes mit Militär-Kennzeichen und getönten Scheiben.
    Carl sah sich vorsichtig um, kletterte schnell in den Wagen und schlug die Tür zu. Für das Personal des Nachrichtendienstes sollten sie diskretere Fortbewegungsmittel einführen, dachte er.
    Der Chauffeur war ein wehrpflichtiger Mariner, der den Motor anließ, sobald Carl die Tür zugeschlagen hatte.
    »Hatten Sie eine angenehme Reise, Herr Major?« fragte der Marinesoldat höflich, doch in einem Tonfall, der nicht zu einer weiteren Konversation einlud. Er kaute Kaugummi.
    »Oh, danke«, erwiderte Carl. Offenbar wußte der Fahrer, wohin es ging, aber nicht, wer sein Fahrgast war. Major, kicherte Carl in sich hinein. Seitdem er als kleiner Junge die Comics »9I:an Karlsson« gelesen hatte, hatte er sich Majore immer als feiste Dummköpfe vorgestellt.
    Er fragte sich, was das Ganze sollte. Wegen eines abgestürzten EDV- Programms hatte man den Wagen wohl kaum kommen lassen; dann hätte man ihn mit dem Flughafenbus fahren lassen, da das Reisereglement bis zum Rang eines Korvettenkapitäns dies vorschrieb; erst höheren Rängen stand eine SAS-Limousine zu.
    Carl schloß die Augen und versetzte sich in Gedanken erst an den Strand von Pacific Beach und dann in seine Kindheit in Schonen; er erinnerte sich an die Sommer, als er in dampfender, weicher Erde barfuß gelaufen war. Er schlug erst wieder die Augen auf, als der schwarze Mercedes vor der Bastion hielt und der Fahrer ausstieg, um ihm die Tür aufzuhalten.
    Als er sich bei der Wache meldete, erfuhr er, daß er sich sofort beim Oberbefehlshaber einfinden sollte. Der ABAB-Posten teilte ihm das mit einem langen, zögernden Blick mit. Doch Carl wischte alle unangenehmen Assoziationen beiseite; natürlich mußte ein ABAB-Mann es merkwürdig finden, daß der Oberbefehlshaber einen einzelnen Mann Anfang dreißig in Zivilkleidung erwartete. Carl wurde von einer Sekretärin hinaufgeführt, die ihm kurz die Hand gab, dann auf dem Absatz kehrtmachte und auf die Fahrstühle zuging. Er hatte eine Besucherkarte bekommen, die er an der Brusttasche befestigen mußte. Zu Gast bei der Wirklichkeit, dachte er.
    Als er das Dienstzimmer des Oberbefehlshabers betrat, holte er tief Luft. Drei Mann erhoben sich gleichzeitig. Der Oberbefehlshaber persönlich, den Carl nur von Fotos kannte, der Generalstabschef, den er bei einer anderen Gelegenheit begrüßt hatte, und der Chef von OP 5, dem er im Lauf des letzten Jahres mindestens fünfzehnmal begegnet war. Auf dem Tisch vor den Besuchersesseln standen eine Thermoskanne mit Kaffee, weiße Plastikbecher und ein zusätzlicher Becher mit Plastiklöffeln. Keine Sekretärin zu sehen.
    Carl war unschlüssig mitten im

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