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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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tun gehabt, die dann vernichtet worden sei. Die Russen seien keine Dummköpfe und verstünden sehr wohl, zwei und zwei zusammenzuzählen, und wenn sie nun beobachteten, daß Coq Rouge plötzlich in Kairo in der Verkleidung eines Militärattachés antanze, würden sie schnell wach werden. Man müsse ja davon ausgehen, daß sie im Moment im gesamten Nahen Osten mit Hochdruck arbeiteten.
    In diesem Punkt gab Samuel Ulfsson Carl recht, fuhr dann aber fort:
    »In der Frage falscher Diplomatenpässe ist das Außenministerium beinhart. Sie behaupten dort, daß es eine völlig andere Sache sei, den Russen mit einem gefälschten schwedischen Paß auszustatten als dich. Dafür seien nicht sie verantwortlich, da der Paß vom Nachrichtendienst gefälscht werden müsse. So ist es immer - jeder will sich den Rücken freihalten. Und der Oberbefehlshaber will dir keine ausdrücklichen Anweisungen geben. Hast du eigentlich begriffen, warum? Aha, nein? Nun, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln, im Interesse der Nation, und so weiter, das kann ja alles und nichts bedeuten. Wenn du mit deiner Mission erfolgreich bist, hat der Oberbefehlshaber den Befehl dazu gegeben, wenn du die Sache vermasselst, hat er nichts damit zu tun gehabt, dann hat nur ein Korvettenkapitän ein Dienstvergehen begangen. Und da die operative Verantwortung beim Chef des Generalstabs liegt, kann der Oberbefehlshaber auch gegenüber der Regierung alles abstreiten, falls etwas danebengeht. Deniability ist alles - übrigens ein schöner amerikanischer Begriff. Und der Generalstabschef muß sich sorgfältig überlegen, ob er den Oberbefehlshaber in die Sache mit hineinzieht oder nicht, und ebenso wird der sich der Regierung gegenüber verhalten, und ich werde dem Generalstabschef gegenüber auch nicht anders auftreten. Und wenn du allein draußen auf dem Feld stehst, bist du auch allein.«
    Als Carl die Lage für sich zusammenfaßte, kam er immerhin zu dem Schluß, daß er tun konnte, was er wollte, solange er nur Erfolg hatte. Wenn seine Mission mißlang, dann würde es kaum mehr möglich sein, die Verantwortung zu übernehmen, da es ihn dann nicht mehr geben würde. Das GRU war ein furchtbarer Feind. Darum war es während Carls theoretischer Ausbildung auf der Sunset Farm in Kalifornien immer wieder gegangen. Dort wurde so gut wie nie vom KGB gesprochen, der Spionageorganisation, die man in aller Welt für die gefährlichste hält, die in Wahrheit jedoch in erster Linie Sicherheitspolizei ist. Ihre Aufgabe ist es, die eigenen Staatsbürger zu verfolgen, Touristen in der Sowjetunion zu überwachen sowie politische Analysen von Wahltrends und anderem im Westen zusammenzustellen. Das GRU ist etwas völlig anderes. Das GRU ist der kompetenteste Feind der westlichen Welt. Vermutlich hing der Erfolg des ganzen Unternehmens davon ab, daß das GRU nicht Bescheid wissen durfte, sondern Koskow in der Botschaft der USA vermutete und nicht in der schwedischen. Es war äußerst unwahrscheinlich, daß das GRU einen sowjetischen Vizeadmiral lebend außer Schußweite kommen lassen würde. Sofern nicht alles eine Provokation war? - Diese Möglichkeit bestand natürlich auch. Bisher hatte man nur feststellen können, daß die Identität des Mannes mit der eines bekannten Vizeadmirals übereinstimmte, doch besaß man nur ein verwackeltes Jugendbild von ihm (es lag in einer Akte, die Carl später von Ulfsson erhalten würde). Und in den Kostproben, die Koskow geliefert hatte, ging es nur um schwedische Verteidigungseinrichtungen, die zwar korrekt angegeben waren, aber doch nur Schweden betrafen und nicht die Sowjetunion. Von seinem Wissen über die Sowjetunion hatte Koskow nicht ein einziges Detail von einiger Bedeutung preisgegeben. Vielleicht verständlich, daß er sich nicht in der Botschaft vernehmen lassen wollte, sondern erst in Schweden.
    In Carls Kopf schwirrten tausend Ideen und Möglichkeiten herum. Er fühlte sich wie elektrisiert und so eifrig wie ein Windhund vor einem Rennen. Er empfand fast so etwas wie Munterkeit. Wenn das Unternehmen Erfolg hatte, wäre es für den schwedischen Nachrichtendienst der größte Coup aller Zeiten. Wenn das Unternehmen Erfolg hatte, würde man vielleicht Antwort auf die wichtigsten Fragen bekommen, die diese U-Boot-Spionage in der Ostsee betrafen.
    Carl wandte sich an Ulfsson: »Wieviel weiß die Regierung,? Ist denen überhaupt klar, was für eine Bedeutung diese Sache erhalten kann?«
    »Tja, schwer zu sagen. Immerhin sind sie damit

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