Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
etwas mit Jagd zu tun. Vielleicht war ihm der Gedanke gekommen, weil er Stunde um Stunde wie auf einem richtigen Anstand dagesessen hatte. Als er noch minderjährig war, zu Besuch bei seinen Vettern in Schonen. Damals durfte er noch nicht jagen, wäre aber bereit gewesen, für das, was die anderen durften, er aber nicht, mehrere Jahre seines Lebens herzugeben. Irgendwo dort suchte er.
    Jetzt durfte er. Und es hatte keinen besonderen Wert. Und später hatte er wie alle anderen jungen Männer von den Geheimagenten phantasiert, die andere Menschen töten dürfen. Jetzt konnte er das auch, mit rund dreihundert verschiedenen Methoden, und auch das hatte sich als ziemlich wertlos erwiesen.
    Als der Alte ihn vor sehr langer Zeit einmal angeworben hatte, als er noch Clartéist war und den sowjetischen Sozialimperialismus bekämpfen wollte, war ihm alles glasklar erschienen, wertvoll und sogar patriotisch. Doch der sozialimperialistische Feind hatte bislang durch Abwesenheit geglänzt, und alles andere waren meist unbehagliche Erinnerungen, die sich allmählich in Alpträume verwandelten. Und es wäre alles ganz anders gekommen, wenn er hier am Strand sitzengeblieben wäre, an diesem Ozean, in der Nähe von Tessie.
    Die Sterne begannen zu verlöschen, und es wurde allmählich heller. Er erhob sich steif und bürstete sich mit klammen Fingern den Sand von der Kleidung.

3
    Botschafter Erland Rickfors war nervös und schlechter Laune. Er gab sich Mühe, seine Nervosität mit seiner schlechten Laune zu überdecken. Er hatte einen schmerzhaften Klaps auf die Finger erhalten, obwohl er strikt nach den Regeln vorgegangen war. Ihnen zufolge war es zweifellos richtig gewesen, mit den ägyptischen Behörden Kontakt aufzunehmen, rechtfertigte er sein nach eigenem Verständnis wohlbegründetes Verhalten.
    Im Außenministerium in Stockholm sah man die Dinge offensichtlich völlig anders. Die lakonischen Mitteilungen von dort mit der Unterschrift des Staatssekretärs ließen für Zweifel keinen Raum. Man war in Stockholm zu der Entscheidung gekommen, die Angelegenheit hinter dem Rücken der Ägypter weiterzuverfolgen.
    Allerdings waren die Ägypter schon informiert, und deshalb war man natürlich gezwungen, den von Erland Rickfors gewählten Weg weiterzugehen. Offenbar teilte man in Stockholm die hohe Meinung, die der Russe von sich selbst hatte, und jetzt ging es darum, ihn nach Schweden zu bekommen, oder, falls sich das als unmöglich erwies, ihn um keinen, um absolut keinen Preis, an die ägyptischen Behörden auszuliefern. Schlimmstenfalls würde es also einen dieser langjährigen Fälle von Botschaftsasyl geben mit zahllosen Komplikationen, angefangen bei den Sicherheitsproblemen bis hin zum Risiko einer diplomatischen Krise und dem Rückruf der Botschafter. Es sah kaum nach einem gelungenen Abschluß der diplomatischen Karriere von Erland Rickfors aus; wenn er wieder zu Hause war, würde man ihn vermutlich zur Disposition stellen. Oder in den einstweiligen Ruhestand versetzen, wie dieser Fußtritt unter Diplomaten umschrieben wird.
    Und zudem war Oberst Muhammed ibn Salaar noch immer nicht aufgetaucht. Erland Rickfors war schon bei seiner dritten Tasse Zitronentee angelangt und sehnte sich intensiv nach etwas anderem.
    Als der ägyptische Sicherheitsoffizier endlich erschien, wirkte er unarabisch gehetzt und setzte sich ohne Umschweife hin. Er begrüßte den Botschafter kurz und bestellte einen Limonensaft. Dann glättete er ein paar nicht vorhandene Falten seines europäischen Anzugs und seufzte demonstrativ, bevor er etwas sagte.
    »Nun, Herr Botschafter, haben Sie heute einen konkreten Bescheid?«
    »Ja. Die schwedische Regierung hat dem sowjetischen Staatsbürger Gennadij Alexandrowitsch Koskow politisches Asyl gewährt. Überdies ist es der ausdrückliche Wunsch der schwedischen Regierung, daß Herr Koskow möglichst bald nach Schweden reisen kann.«
    »Ist das alles?«
    »Ja, das hat man mir mitgeteilt.«
    »Und wenn wir Ihrem Wunsch nicht entsprechen können?«
    »Ist das Ihre Antwort?«
    »Nein, es ist eine Frage.«
    Der Botschafter rührte eine Weile in seiner leeren Teetasse. Es sah gar nicht gut aus, wenn er die nervös arbeitenden Kiefermuskeln des Ägypters richtig deutete. Er mußte behutsam vorgehen.
    »Rein faktisch befindet sich Herr Koskow auf schwedischem Territorium, und man hat ihm politisches Asyl gewährt. Das bedeutet, daß er die Botschaft nur freiwillig verlassen kann. Scheint für uns beide eine verdammt

Weitere Kostenlose Bücher