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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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jeden Moment etwas geschehen musste. Nur was das sein würde, wusste er nicht. Auf alles gefasst, starrte Dünnbrot bewegungslos und ohne wirklich etwas zu sehen in eine nicht existierende Ferne.
»Herr Pallasch«, hörte er plötzlich eine brüchige Männerstimme mit sperrigem skandinavischem Akzent hinter sich. »Ich bin es, Svensson.«
Dünnbrot drehte sich um und sah sich einem grauhaarigen alten Mann gegenüber, der entgeistert die Augen aufriss und einen Schritt zurückwich. »Sie sind nicht Otto Pallasch!«, stellte er bestürzt fest, als er Dünnbrots Gesicht erblickte.
»Herr ... äh ... Herr Pallasch lässt sich entschuldigen«, behauptete Dünnbrot spontan und fuhr in beruhigendem Tonfall fort: »Er ist leider verhindert. Darum hat er mich gebeten, Sie hier zu erwarten. Mein Name ist ... ist Gessler.«
»So, hat er das?«, entgegnete Svensson misstrauisch. »Nun gut ... Herr Pallasch deutete mir am Telefon an, dass er mir diesmal ein ganz besonders erlesenes Objekt anbieten wollte. Nachdem ich nur deswegen die lange Reise auf mich genommen habe, möchte ich doch sehr hoffen, dass er nicht übertrieben hat.«
Aus der Tasche holte Dünnbrot ein Foto des Christusgemäldes, das Tubber vom Garnisonsfotografen hatte anfertigen lassen, und überreichte es Svensson. Augenblicklich haftete dessen Blick an dem Bild und er suchte nach Worten, wobei er in seiner Erregung immer wieder in seine Muttersprache verfiel. »Åh min Gud! Ofattbar! Das ist ... ich kann es nicht glauben! Härlig, den är helt enkelt härlig!«
Behutsam fragte Dünnbrot, der diese Reaktion nicht recht deuten konnte: »Sie sind zufrieden?«
»Zufrieden ist gar kein Ausdruck. Dies ist schlechterdings prachtvoll«, schwärmte Svensson. »Albrecht Dürers Salvator Mundi ... und ich glaubte, dieses Gemälde sei 1943 in Bremen verbrannt. Herr Pallasch vollbringt ein aufs andere Mal wahre Wunder. Wie viel möchten Sie dafür haben? Zehntausend Dollar?
Fünfzehntausend? Was immer Sie auch verlangen, ich zahle jeden ...«
In diesem Moment sprang hinter einem der Pfeiler des Oktogons ein Mann in schwarzem Mantel hervor und richtete eine schwere Pistole auf Dünnbrot und Svensson. »Alright, ich habe genug gesehen!«, rief er aus vollem Hals. »United States Central Intelligence Group! Hände hoch, aber sofort!«
Dünnbrot riss sofort die Arme in die Höhe und verharrte bewegungslos. Doch Svensson geriet in Panik. »En fälla!«, schrie er erschrocken und versuchte davonzulaufen.
»Freeze! Stehen bleiben!«, brüllte der Amerikaner und feuerte einen Warnschuss weit über den Kopf des Flüchtenden ab. Der Knall zerfetzte die Luft; Svensson griff sich an die Brust, brach mit einem kurzen Röcheln zusammen und zuckte am Boden liegend noch einmal. Dann rührte er sich nicht mehr.
Für den Bruchteil eines Augenblicks war Tubber wie gelähmt. Er konnte nicht fassen, was sich dort vor seinen Augen abgespielt hatte. Dann aber wurde ihm klar, dass dieser plötzlich aus dem Nichts aufgetauchte schießwütige CIG-Agent seinen Plan zunichte gemacht hatte.
»Fuck!«, schrie er und sprang aus seinem Versteck auf. »Hirnverbrannter Vollidiot! Son of a bitch!«
Überrascht wirbelte der Amerikaner herum und zielte mit seiner Waffe auf Tubber.
»Schätze, Sie haben mir einiges zu erklären«, knurrte er drohend.
* * *
    Ein höhnisches Grinsen breitete sich über das Gesicht des Amerikaners aus, als er Tubbers Dienstausweis durchging. »Schau mal einer an ... First Lieutenant John Horatio Tubber. Doch nicht etwa der Tubber, der vor zwei Wochen in Indien die Sache mit diesem Rajiv so grandios verpatzt hat? Oh boy, was haben wir über die Story gelacht!«
Kühl erwiderte Tubber: »Solche Vorkommnisse sprechen sich ja erstaunlich schnell herum.«
»Na, was dachten Sie denn? Nicht ohne Grund ist die CIG der bestinformierte Nachrichtendienst der Welt«, belehrte ihn der Amerikaner herablassend und gab ihm den Ausweis zurück. »Ich bin Captain Smith, Central Intelligence Group. Nur, damit Sie wissen, mit wem Sie es zu tun haben.«
»Angenehm«, log Tubber. Aus dem Augenwinkel konnte er gerade eben wahrnehmen, wie der neben ihm stehende Dünnbrot das Gesicht verzog und den CIG-Agenten mit einem seltsam starren Blick fixierte. Doch das Verhalten des Kommissars interessierte ihn momentan nicht im Geringsten, und so schenkte er ihm keine weitere Beachtung.
Smith sah auf die zusammengekrümmte Leiche Svenssons hinab, die vor ihm auf dem Boden lag. »Ihnen ist ja hoffentlich klar, dass

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