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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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Sie jetzt große Probleme haben, Lieutenant«, sagte er finster. »Ich weiß zwar noch nicht, was Sie hier überhaupt zu suchen haben und weshalb sich dieser deutsche OD-Mann als Svenssons Kontaktperson ausgegeben hat – aber eines steht jetzt schon fest: Sie haben mit diesem Mumpitz die Arbeit der CIG sabotiert. Machen Sie sich lieber schon mal auf Ärger gefasst.« Er ging in die Hocke, durchsuchte mit routinierten Griffen wortlos die Taschen des Toten, brachte eine Brieftasche aus glänzendem braunen Leder zum Vorschein und erhob sich wieder. Rasch ging er den Inhalt der Brieftasche durch, nahm dann eine von Svenssons Visitenkarten heraus und drückte sie Tubber in die Hand. »Als kleines Andenken«, erklärte er gönnerhaft. »Für Sie ist diese Angelegenheit jetzt nämlich beendet, verstanden?«
Tubber steckte verärgert die Karte ein, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen, und sah Smith ins Gesicht. Von allen Amerikanern, die er bislang getroffen hatte, war ihm mit Abstand keiner so sehr zuwider gewesen wie dieser. Bis vor zehn Minuten hatte er noch nicht einmal von der Existenz dieses CIG-Agenten gewusst, aber schon jetzt verabscheute er ihn, als würde er ihn seit Jahren kennen und hassen. Alles an diesem Mann widerte ihn an: die scheinbar grenzenlose Arroganz, die er in seinem gesamten Auftreten an den Tag legte, der bohrende Klang seiner Stimme, sogar sein Äußeres mit den straff zurückgekämmten schwarzen Haaren und dem überheblichen Ausdruck, der auf seinen schmalen Lippen lag. Ganz besonders abstoßend fand er die kalten grauen Augen, die mit ihren Blicken alles zu durchstechen schienen. Er hatte nicht die geringste Absicht, den Anweisungen dieses Mannes Folge zu leisten.
»Sie irren sich offenbar in der Besatzungszone«, erwiderte Tubber und verschränkte die Arme vor der Brust. »Die US-Zone beginnt fünfzehn Meilen weiter südlich, wie Ihnen ja wohl bekannt sein dürfte. Also sind Sie hier nicht zuständig und haben mir auch keine Vorschriften zu machen.«
Smith ließ ein geringschätziges Lächeln über seine dünnen Lippen gleiten. »Die CIG ist überall zuständig, wo es die Interessen der Vereinigten Staaten verlangen.
Kleinigkeiten wie Besatzungszonen oder Staatsgrenzen interessieren uns nicht. Das sollten Sie eigentlich wissen. Andererseits ist ja bekannt, dass Sie öfters zu Fehleinschätzungen neigen.« Er holte eine Sonnenbrille hervor und setzte sie auf, obwohl dichte Wolken den Himmel verdeckten.
Tubber konnte die Dreistigkeit des CIG-Agenten nicht fassen. »Ich werde London von dieser Unglaublichkeit berichten!«, erklärte er empört, war sich aber zugleich bewusst, wie läppisch diese zahnlose Drohung klingen musste.
»Wenn's Ihnen Freude macht«, entgegnete Smith mit einem Schulterzucken.
»Aber erst einmal kommen Sie mit zum US-Stützpunkt in Fulda. Dort werden Sie mir haarklein erzählen, was Sie hier zu suchen hatten und was diese Maskerade«
– er deutete mit dem Zeigefinger auf den schweigenden Dünnbrot – »bezwecken sollte.«
»Das werde ich nicht tun!«, widersprach Tubber entschieden. »Ich habe Wichtigeres zu tun, als meine Zeit mit Ihnen zu vergeuden. Geben Sie mir jetzt auf der Stelle meine Waffe zurück!«
»Ihr Mangel an Realitätssinn wird langsam lästig«, meinte Smith gereizt, zog seinen schweren Colt Military hervor und richtete den Lauf auf Tubbers Brust.
»Schluss mit den Albernheiten. Sie und der Deutsche tragen die Leiche zu meinem Auto. Los, ich will hier nicht den ganzen Tag verbringen!«
Tubber erkannte, dass seine Position ihm keine Wahl ließ, als zu gehorchen. Widerstrebend packte er die Beine des toten Svensson, während Dünnbrot, der noch immer keinen Laut von sich gab, unter die Arme des Toten griff. Gemeinsam hoben sie die Leiche an und schleppten sie von der Terrasse fort, wobei Tubber vorausging.
Er konnte den amerikanischen Agenten, der ihm folgte, nicht sehen; aber er wusste, dass Smith mit einem Schritt Abstand schräg hinter ihm ging und die Mündung des Colts ständig auf seinen Nacken gerichtet hielt. »Ihr Vorgesetzter hat wohl Sinn für Humor, wenn er ausgerechnet Sie auf diese Sache ansetzt«, stellte Smith fest, als sie das Herkules-Oktogon hinter sich ließen.
»So was wie Sie würden wir bei der CIG nicht mal losschicken, um 'nen verfluchten Hipster beim Scheißen zu observieren!«
Tubber presste die Lippen zusammen und quittierte die Bemerkung mit Schweigen; Smith hingegen fand seine eigenen Worte so witzig, dass er sich vor

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