Im Jenseits ist die Hölle los
waren kümmerlich, aber damals kannte man es nicht besser. Im Allgemeinen machten wir uns Unterkünfte aus Reisig. Wir fällten einfach große Mengen Birken, sodass sie über Kreuz fielen, und häuften dann Rinde, Erde und Steine dar über auf. In einen solchen Reisighaufen passten ziem lich viele Leute. Jeder machte sich, so gut es ging, sei nen Schlafplatz zurecht. Im Winter bedeckte Schnee die Höhlen, sodass wir besser vor Raubtieren geschützt waren. Die gab es nämlich schon damals, hauptsächlich Wölfe. Hin und wieder schnappten sie sich Kinder und Frauen und manchmal sogar einen Mann, wenn er allein im Wald unterwegs war. Wir zogen Jungfüchse zu Wachhunden heran, und sie warnten dann im Allgemei nen vor Wölfen; außerdem jagten sie Rene.
Größere Mengen Wild fingen wir, indem wir Wald brände legten. Im Sommer rindeten wir mit der Steinaxt Birken ab, und zwar in einem Gelände, das an steile Abhänge grenzte. Wenn die Birken dann im Laufe des Jahres, aufrecht stehend, vertrockneten, brannten sie im nächsten Sommer gut. Wir jagten eine ordentliche Schar Rene in den Wald, zündeten ihn an, und die Familie konnte sich satt essen: Die dummen Viecher flüchteten nämlich vor dem Feuer und rannten den Hang runter, und dort warteten wir Männer mit Steinäx ten in den Händen. Die Kleidung, die man aus dem Fell machen konnte, taugte nicht viel, sie hielt höchstens ein oder zwei Jahre, wie Sie an mir sehen können, aber sie wärmte wenigstens.
Vergnügungen gab es kaum. Wenn im Winter mal be sonders prächtiges Polarlicht zu sehen war, versammel ten wir uns; manchmal kamen bis zu hundert Menschen zusammen. Wir gingen gemeinsam in eine Höhle, ent zündeten ein Feuer, aßen, und Männer und Frauen vergnügten sich miteinander bis in den Morgen. Damals wurde nicht unbedingt darauf geachtet, wer mit wem zusammen war. Kinder starben so häufig, dass es keine Rolle spielte, ob die Frauen schwanger wurden oder nicht. Niemandem wäre es eingefallen zu verhüten, man kannte sich mit diesen Dingen im Grunde genommen gar nicht aus.
Manchmal ging es auf diesen Festen ziemlich brutal zu. Nach dem Genuss von getrockneten Fliegenpilzen passierte es, dass zum Abschluss ein paar Menschen getötet wurden, einfach so, wegen des Festes. Es war nicht direkt eine Sitte, aber es kam ein paar Mal im Jahr vor. Manchmal wurden die Menschen lebendig ver brannt, manchmal im Sumpf versenkt, wie es sich gera-de ergab. Allerdings kam es längst nicht zu derartigen Grausamkeiten, wie die heutigen Menschen sie in ihren Kriegen verüben. Das hätten wir uns gar nicht leisten können: Es gab ja gar nicht so viele Menschen. Hätten wir uns im heute üblichen Tempo getötet, wären wir alle gleich in der ersten Woche weg gewesen.
Krankheiten gab es im Grunde erstaunlich wenig. Die schwächsten Kinder starben gleich nach der Geburt, und überhaupt wurden die Menschen nicht alt. Ich selbst bin zum Beispiel nicht älter als dreißig geworden,
auch wenn ich wie ein Greis aussehe. Im Allgemeinen genügten zwanzig Jahre, und der Mann sah wie ein alter Opa aus. Nur wenige erreichten die vierzig. Damals konnte man sowieso nicht zählen. Wir häuften einfach Steine auf, jedes Jahr kam ein neuer dazu. Wer den größten Haufen besaß, war der Älteste und bestimmte in der Gruppe. Manche fügten ihrem Stapel heimlich Stei ne zu, sodass die Berechnungen nicht immer der Wirk lichkeit entsprachen. Das war Politik, der Älteste be stimmte!
Unser Leben war sehr einfach, und wir führten einen ständigen Kampf ums Essen. Witze wurden nicht er zählt, und ich kann mich kaum erinnern, dass mal jemand gelacht hätte, und wenn, dann war es mehr eine Grimasse. Ich selbst kann zum Beispiel heute noch nicht lachen, ist das nicht komisch? Wenn der Mensch zu Lebzeiten nicht lacht, kann er es auch nach dem Tod nicht. Es ist schrecklich für mich, die heutigen Men schen lachen zu sehen, mir macht das Angst. Hätte man damals dem Nachbarn die Zähne gezeigt, hätte er einem was mit der Steinaxt über den Schädel gegeben. Kein einziges Model hätte langer als einen Tag gelebt, außer natürlich, es wäre ganz allein gewesen.
Ja, also so war unser Leben damals, mehr gibt es, glaube ich, nicht zu erzählen«, sagte Huretta zum Schluss.
Pälsi erklärte:
»Hat er nicht ein gutes Gedächtnis? Stellen Sie sich vor, diese Erinnerungen stammen aus der borealen Steinzeit! Huretta hat inzwischen die neue Hochsprache gelernt. Sprich doch für
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