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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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dir, Kriegsherr! Wie kannst du es wagen zu schlafen, wenn deine schrecklichen Soldaten überall in der Stadt Menschen erschießen! Sofort hoch!«
    Sie malträtierte ihn mit Fußtritten, was ihn natürlich nicht störte. Schließlich ließ sie sich neben dem Sofa auf alle viere nieder und zischte ihm ins Ohr, so vorwurfs­ voll sie irgend konnte:
    »Du elender Schurke, beschäftigt dich gar nicht, was du angerichtet hast? Hör schon auf zu schlafen, du Blutgeneral! Ich werde dir zeigen, wo dein Gewissen ist, kapier das, du Mastschwein!«
    Der schlafende Oberst wurde unruhig. Er atmete sto­ ckend und verzog das Gesicht; sein Körper zuckte so heftig, dass seine Brille zu Boden fiel. Das Mütterchen steigerte sich noch:
    »Du Satansbraten, du Halunke! Winde dich nur auf dem Sofa in deinen Qualen!«
    Der Oberst knirschte mit den Zähnen, und Schweiß trat auf seine leidende Stirn. Heftig zitternd erwachte er schließlich, er stand auf, und jemand reichte ihm seine Brille. Er hielt sich den Bauch und rannte ins Bad, wo er sich übergab, lange und bitter. Von der Tür rief ihm das Mütterchen zu:
    »Du Elender, hast du’s endlich kapiert?« Bald darauf verließen meine Reisegefährtin und ich
    die brodelnde Stadt. Das grausame Schauspiel hatte uns sprachlos gemacht, schweigend schwebten wir über die dunkle und leidende Erde, bis wir das morgendliche Europa erreichten. Ich brachte die alte Karelierin nach Petrosawodsk.
    20
    Nach der schlimmen Amerikareise war es mir eine Erleichterung, wieder nach Helsinki zu kommen. Ich suchte nun in allen Ecken der Stadt nach Elsa, machte sogar einen Abstecher ins Krankenhaus von Jorvi, fand sie aber nicht. Ich fragte jeden Toten, dem ich begegnete, nach ihr, doch alle schüttelten den Kopf: Eine schöne und wütende rothaarige Frau in einem Krankenhauspyjama hatte niemand getroffen.
    Bei dieser Suchaktion geriet ich zufällig ins National-museum, und zwar in die Steinzeitabteilung. Dort hiel­ ten sich nur wenige Tote und kein einziger Lebender auf. Ein seltsames Paar erregte meine Aufmerksamkeit: Es waren ein glatzköpfiger, bebrillter älterer Herr vom Typ eines Beamten, gestorben vor vielleicht zehn, zwanzig Jahren – wie ich aus dem Schnitt seines Anzugs schloss – und ein kleiner Kerl in Lederkleidung, die man keiner Zeit zuordnen konnte, da sie nur aus schmutzigen Fetzen bestand. Das Männchen trug einen abgewetzten Gürtel, an dem verfilzte Felle hingen, und seine Füße steckten in mokassinähnlichen Gebilden, aus denen Heu herausschaute. Auf dem Kopf trug er eine Kappe aus Birkenrinde, ebenfalls ein betagtes Kleidungsstück. Die Rinde war vom Regen geschrumpft und mehrfach eingerissen, weil der Kerl das Ding wahrscheinlich grob zurechtgestutzt hatte, um es wieder auf den Kopf zu stülpen und seine dicke, unglaublich verfilzte Wolle zu bedecken, die man durch die Risse sehen konnte. Gleich auf den ersten Blick war zu erkennen, dass dieser Mann nicht aus dem zweiten Jahrtausend stammte. Also musste er verdammt vernunftbegabt sein, wenn er schon so lange im Jenseits lebte. Ein unwiderlegbarer Beweis dafür, dass Bildung kein Gradmesser für Verstand ist.
    Die beiden Männer unterhielten sich eifrig miteinan­ der, zeigten immer wieder auf die steinzeitlichen Gegens­ tände und nickten. Man sah, dass der alte, prähistori­ sche Krempel beide gleichermaßen interessierte. Ich bekam Lust auf ein Gespräch mit ihnen, und als Vor­ wand benutzte ich die Suche nach Elsa. Ich erkundigte mich bei dem Bebrillten:
    »Verzeihung… ich suche eine rothaarige Frau, sie ist – oder war – jung und schön, das heißt, sie ist eine von uns, hat langes Haar, das sie offen trägt« (ich schüttelte den Kopf und breitete die Hände aus), »ist möglicherwei­ se ein wenig wütend, und sie ist frisch verstorben, trägt einen Krankenhauspyjama und keine weiteren Klei­ dungsstücke, soweit ich weiß.«
    Der Tote neueren Datums überlegte kurz und sagte dann: »Von den frisch Verstorbenen kenne ich so gut wie keinen, ich selbst bin bereits seit den Sechzigerjahren tot, ich bin nämlich der Schriftsteller Sakari Pälsi. Mich interessieren mehr die alten Toten, solche wie dieser namens Huretta. Sie müssen wissen, junger Mann, dass er möglicherweise der älteste Tote Finnlands ist! Ich vermute, dass er bereits vor neuntausend Jahren starb!«
    Huretta nickte ruhig. Er sah mich mit seinen klugen Augen an, deren scharfer Blick mich irritierte. Huretta, ein ziemlich seltsamer Name übrigens,

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