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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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war die Anzahl beträchtlich, die Leute saßen auf dem Rasen, spazierten unter den Bäumen herum, einige lagen wie Sonnenanbeter auf den Felsen, und hier und dort bildeten sich Gesprächsrun­ den, in denen ein lebhafter Gedankenaustausch geführt wurde.
    Etliche weniger bedeutende Autoren hatten sich auf die Bäume gesetzt, um besser sehen zu können. Auch unzählige Kritiker waren dort hinaufgeflattert, sie saßen hoch über der Versammlung auf Birkenzweigen und diskutierten heftig über die Bedeutung der unten um­ herwandernden Schriftsteller. Sie trauten sich nicht selbst hinab, vielleicht aus Scheu oder weil sie sich als Eindringlinge fühlten, als ungebetene Gäste, die sich rasend für das Treffen interessierten, zu dem sie im Grunde aber nicht eingeladen waren. Sie hockten in den Zweigen wie neugierige Elstern, die das herbstliche Schweineschlachten beobachteten und sich noch nicht ans Aas trauten, jedoch auch nicht wegfliegen mochten. Pälsi führte mich auf den Felsen von Ullanlinna herum, wo wir eine repräsentative Gruppe von Schriftstellern des neunzehnten Jahrhunderts entdeckten; sie saßen in einem weiten Kreis zusammen, in dessen Mitte der große philosophische und staatswissenschaftliche For­ scher J. V. Snellman höchstpersönlich das Wort führte. Sakari Pälsi und ich mischten uns unter die Zuhörer.
    Gut zweihundert Personen umringten Snellman, hauptsächlich Schriftsteller der Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg gestorben waren.
    Snellman war gerade am Ende des wirtschaftspoliti­ schen Teils seiner Rede angelangt und kündigte an, noch kurz auf die finnische Sprache und ihre gegenwär­ tige Stellung eingehen zu wollen:
    »Seinerzeit, als mir noch vergönnt war, auf Erden zu weilen – das ist bereits sehr lange her –, setzte ich mich mit aller Kraft für die finnische Sprache und Literatur ein. Die aufgeklärten Finnen jener Zeit vertraten die Ansicht, dass nur eine Literatur in der eigenen Sprache die Basis sei, auf der eine Nation ihre Unabhängigkeit begründen könne, zunächst geistig, dann wirtschaftlich und schließlich staatlich. Unseren sprachlichen Min­ destanforderungen wurden erst zur Zeit Alexanders II. Genüge getan, damals wurde die finnische Sprache als gleichberechtigt neben der schwedischen Sprache aner­ kannt. Das bedeutete das Ende unseres Kampfes, den Sieg, der uns ermöglichte, die eigene Sprache zu benut­ zen und in ihr zu schreiben. Aus dem Stamm der Fin­ nen wurde ein richtiges Volk, und die weitere Entwick­ lung führte schließlich zu Finnlands Unabhängigkeit und der Bildung eines eigenen, souveränen Staates. Diese Unabhängigkeit ist bis heute bewahrt worden, und darüber bin ich grenzenlos glücklich. Vor dreißig Jahren hielt ich bei einem ähnlichen Treffen finnischer Schriftsteller ebenfalls eine Rede, und ich weiß noch, wie ich fast zu Tränen gerührt sagte, dass die Finnen nun ein glückliches und gebildetes Volk seien. Damals, also im Jahre 1950, war der Kriegslärm verstummt, die Nation bemühte sich fieberhaft, die Wirtschaft in Gang zu bringen, und die neue Intelligenz suchte nach dem Weg in die kommende Zeit des Friedens. Die finnische Literatur erblühte, die Stellung der finnischen Sprache schien unerschütterlich.
    Welche Stellung aber hat die finnische Sprache heute in diesem Land? Ich beantworte die Frage selbst, da die lebenden Finnen sie nicht hören können, und selbst wenn es so wäre, würden sie wohl kaum eine Antwort darauf geben mögen.
    Die finnische Sprache musste der englischen Sprache weichen. Mit den von Edison erfundenen elektrischen Geräten ist so viel ausländische Sprache und Kultur in dieses Land transportiert worden, dass unsere eigene Sprache und Kultur Gefahr laufen, unter alledem be-graben zu werden, was durch den Äther herein­ schwappt. Man braucht nur mal dem Tonradio zu lau­ schen, da schallt einem zwischen den finnischen Ansa-gen eine Unmenge ausländischen Gesangs und auslän­ discher Rede entgegen, und diese fremde Sprache ist kein Schwedisch, sondern fernes Englisch, das von Großbritannien und vor allem von jenseits des Atlantiks, aus Amerika, kommt. Schaut man sich in den Straßen der Stadt um, steht dort kaum mehr ein finnisches Wort geschrieben. Beinahe die gesamte Reklame, in der die Leute zum Kauf all der Waren aufgefordert werden, ist in einer fremden Sprache verfasst, und wieder ist es Eng­ lisch. Die Programme im Sichtradio sind überwiegend englischsprachig, und unsere eigene Sprache

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