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Im Keller

Im Keller

Titel: Im Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Lempke
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feuchtkalt wie damals, der gleiche Geruch hing in der Luft, und sie fühlte sich genauso angespannt, auf die gleiche ungute Weise, wie gerade jetzt.
    Ein Unterschied: damals war sie voran gegangen, Clemens hinter ihr her. Was hatten sie hier gemacht?
    „Die Babyleichen haben wir da drüben gefunden“, platzte Kaufmann in ihre Gedanken. Ein äußerst unangenehmes Gefühl blieb zurück. Warum?
    Claudia betrat den Raum mit der Werkbank und den Gartengeräten. An all das konnte sie sich kaum erinnern, hier war sie höchstens einmal gewesen. Und obwohl die Leichen längst a btransportiert waren, glaubte sie in diesem Kellerraum eine Aura äußerster Gewalttätigkeit zu verspüren. Natürlich pure Autosuggestion. Aber schrecklich.
    Kaufmann zeigte ihr jeden einzelnen Leichenfundort und schreckte auch vor detailreichen Beschreibungen der toten Säuglinge nicht zurück. Vielleicht hatte ihn der Ehrgeiz gepackt, Claudia dazu zu bringen, ihr Frühstück von sich zu geben. Darauf konnte er lange warten.
    Sie gab sich wortkarg und versuchte sich zu erinnern. Weshalb war sie mit Clemens in den Keller hinuntergestiegen? Hier war die Antwort auf jeden Fall nicht zu finden.
    „Kann ich mir auch die anderen Räume ansehen?“ , fiel sie Kaufmann ungeduldig ins Wort.
    Der schenkte ihr einen unwilligen Blick. „Wozu?“
    „Hier unten war irgendwas“, murmelte Claudia und ging zurück in den Flur. „Damals hat mich Clemens mal mit hier runter genommen, und ich hab was gesehen, das mir heute noch ... oder besser gesagt, heute erst recht, einen Schauer über den Rücken jagt!“
    „Was denn?“ Kaufmann eilte hinter ihr her.
    „Das muss hier gewesen sein.“ Claudia bog nach rechts durch die nächste Tür ab und stand in einem Raum mit Heiztherme (war die damals schon da gewesen?), mit uralter Tiefkühltruhe (ja, die war sicher da gewesen!), mit Regalen voller Einweckgläser und einem ausrangierten, schweren, dreitürigen Schrank.
    Genau auf den zeigte sie. „Dahinter ist noch ein Raum!“
    Kaufmann guckte irritiert. „Wie soll denn das gehen - das ist die Außenwand des Hauses!“
    „Richtig. Dann wissen Sie also nichts vom nachträglich an bauten Kohlenkeller?“
     
                                                                        *
     
    Am Mittwochmorgen wurde Arthur gegen 9 Uhr vom Brennen der Schnittwunde an seiner Hand geweckt. Es gab wohl kaum etwas, das er mehr hasste als Schmerzen jeglicher Art!
    Er fluchte, stand gähnend auf, und sofort begann ein dezenter Schmerz im Hinterkopf zu p ochen. Das verdarb ihm erst einmal völlig die Laune. Er schlurfte ins Bad, duschte sich heiß und dann sehr kurz lauwarm ab, und stellte beim Föhnen seiner langen Haare fest, dass nun auch mehrere Zähne weh taten. Wenigstens der Bluterguss war nicht zu spüren, solange man ihn nicht anfasste.
    Also gab es zum Frühstück Kaffe, Toast und Schmerztabletten. Eine Viertelstunde und zwei Tassen Kaffee später fühlte er sich halbwegs in Ordnung und stellte den Kontakt zur Auße nwelt wieder her: Telefonstecker rein, Handy an.
    Mehrere Anrufe waren registriert und zwei sms warteten auf ihn. Aber zunächst frühstückte er weiter und las die Kurzmitteilungen erst, als er fertig war. Natürlich waren sie von Cla udia. Die erste, vom Abend, lautete: Schade, hab dich nicht erreicht, wollte dich zum Essen einladen. Melde dich bitte mal, hab morgen früh frei. Schlaf gut und träum von mir.
    Die zweite vom Morgen klang leicht gereizt: er so lle sich melden, falls er noch ,irgendeine‘ Art von Interesse an ihr habe.
    Auf Vorwürfe reagierte Arthur prinzipiell nicht. Damit würde sie klarkommen müssen. Er meldete sich nicht, sondern holte sich im Präsidium alle richterlichen Beschlüsse ab, die er brauchte und fuhr zur Uni-Klinik. Auf dem weitläufigen Gelände mit den unansehnlichen, mehrstöckigen Gebäuden kannte er sich leidlich aus: hier hatte er die eine oder andere Untersuchung zur Abklärung unklarer Beschwerden durchführen lassen.
    Die besten Parkplätze waren natürlich längst besetzt, also musste er ein Stück laufen. Er steuerte das Orthopädiezentrum an und fragte sich dort bis zu einem Arzt durch, der ihm weiterhelfen konnte.
    Man verwies ihn an einen Professor Dr. Müller-Mayer, einen Koloss von Mann, rundes, teig iges Gesicht, furchterregend eng stehende, braune Augen. Er führte Arthur ins Archiv im Keller, wo Unterlagen der letzten 30 Jahre in Kartons auf

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