Im Keller
und so musste überlegt werden, ob sich eine Reparatur noch lohnte oder ob man doch lieber gleich ein neues Gerät anschaffen sollte.
An die Jahresabrechnung der Heizkosten wollte sie gar nicht erst denken, genauso wenig wie an die demnächst fällige Inspektion ihres angejahrten Autos oder an die Auseinandersetzungen mit Tim, der zu seinem achtzehnten Geburtstag unbedingt geschätzte 275 Freunde einladen wollte.
Sie drehte sich ein letztes Mal auf die andere Seite und plante noch schnell ihren Tag. Da sie heute morgen frei hatte, würde sie, sobald Jasmin und Tim auf dem Weg in die Schule waren, zum Haus von Tante Carmen fahren und sich dort umsehen. Das war auf jeden Fall eindeutig ihr Erbe, die Frage war nur, was war es wert - ein Haus, in dem Menschen umgebracht worden waren. Galt auch in diesem Fall, dass es Liebhaber für alles gab? Auch für solche Häuser?
Eine andere Frage war, ob die Polizei das Haus auf der Suche nach Spuren in seine Einzelteile zerlegen würde - konnte man dafür eine Entschädigung verlangen? Sollte sie sich schon vo rsorglich nach einem guten Anwalt erkundigen? Aber ,Anwalt‘ klang erst einmal nach Kosten, vielleicht sollte sie sich im Haus der Tante nach Sachen umsehen, die sie im Internet verkaufen konnte.
Claudia stand auf und ging ins Bad, und sobald ihre Gedanken zu Arthurs braunen Augen und möglicherweise niedrigen Beweggründen abschweiften, zwang sie sie zurück auf Haus, Ki nder und Deospray.
Nach dem Frühstück verabschiedete sie Tim und Jasmin, las noch eine halbe Stunde in der Zeitung, setzte sich ins Auto und fuhr los. Der Morgen war frisch, aber sonnig. Am Nachmi ttag, wenn sie in der Arbeit war, würde es sicher richtig schön warm werden. Der Verkehr lief flüssig, die Rheinbrücken waren kaum verstopft.
Alles war hell und freundlich und grünte und blühte, und Claudia wurde leicht wehmütig, als sie sich vorstellte, dass dem herrlich aufregenden Wochenende mit Arthur vielleicht kein zweites mehr folgen würde.
Lass das, Claudia Elfrun! Denk positiv!, schimpfte sie mit sich selbst und konzentrierte sich auf den Kreisverkehr, in dem sie beim letzten Mal die falsche Ausfahrt genommen hatte.
Eine Viertelstunde später bog sie in die Sackgasse zum Fachwerkhaus ein. Eine Ulme ragte weit über den Gartenzaun hinaus. Daneben ein gewaltiger Walnussbaum, der gerade erst aus dem Winterschlaf erwacht war und noch ziemlich kahl aussah.
An der Straße mehrere Polizeiwagen, ein Absperrband und ein Beamter, der Presse und sonstige Neugierige nicht zu nah heranließ. Außerdem wurde gerade ein neuer Container angeliefert, den ein fetter LKW hinters Haus hievte.
Claudia parkte am Ende der Straße vor einem Haus, das noch kleiner und schiefer war als das von Tante Carmen. Sie spazierte zurück und wurde an der Haustür von einem ihr nicht bekannten Polizeibeamten aufgehalten, bei dem sie sich auswies und erklärte, es handle sich um ihr Haus, und dreist behauptete, Hauptkommissar Schüller habe ihr erlaubt, sich in ihrem Haus umzusehen.
Noch bevor der Polizist Einwände erheben konnte, erschien im Flur ein kleiner, dünner Mann, Mitte Vierzig, mit randloser Brille, der in einen weißen Overall samt festgezurrter Kapuze gehüllt war, und sie neugierig lächelnd ansprach.
„Sie sind Frau Claudia Schmitz? Aber natürlich dürfen Sie sich hier umsehen! Sie müssen nur was überziehen, damit Sie uns den schönen Tatort nicht kontaminieren.“
Claudia ließ sich einpacken und stand fünf Minuten später in der Diele.
„Sie haben aber ordentlich aufgeräumt hier“, staunte sie, während ihr Blick wieder von den seltsamen Zahlen am Türrahmen zum Wohnzimmer angezogen wurde. Was mochten sie zu bedeuten haben? Ihr Blick wanderte weiter, in den Raum hinein. Sie stutzte. Um Himmelswillen, hier wurden ja ihre wildesten Befürchtungen wahr!
„Der Boden ist ja voller Löcher!“ , rief sie entgeistert aus.
„Ja, Ihre Tante war ein Fan von Geheimverstecken.“ Der Mann, ein Kommissar Benno Kaufmann von der Spursicherung, nickte mehrmals. „Aber wir machen alles wieder zu, wenn wir fertig sind.“
„Schön zu hören“, murmelte Claudia. Auch das Wohnzimmer war vom Müll befreit, nur ein Schrank, eine Vitrine, ein Vertiko und die uralte Couchgarnitur samt Tisch standen noch dort. Und ein paar Lampen, Bilder, Bücher und Deko-Sachen. Das Zimmer wirkte jetzt richtig groß.
„Ich will ja nicht unverschämt sein“, begann Claudia und schenkte dem Mann ein extra reizendes
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