Im Keller
Herr Gerber! Und wenn Sie sich weiter zieren, bestelle ich Sie hierher ins Präsidium und zwar umgehend!“
Gerber überlegte sich das ein paar Sekunden lang und riss sich dann anscheinend mächtig zusammen. „Wir ham uns jetrennt, weil isch immer Kinder wollte, und dann rückt die nach drei Jahren damit raus, dat se keine Kinder kriejen kann! Da war isch sauer!“
„Ja, das kann ich nachvollziehen. Wissen Sie zufällig, warum sie keine Kinder bekommen konnte?“
„Bin isch Frauenarzt oder wat?!“, polterte Gerber. „Die hat immer jesacht, keiner weiß warum.“
Arthur machte sich Notizen. „Apropos Frauenarzt. Erinnern Sie sich noch, zu welchen Är zten Ihre Uschi damals gegangen ist?“
Gerber beschwerte sich, dass das alles ja schon über 15 Jahre her sei, warf wahl- und planlos ein paar Namen von Ärzten in den Raum und antwortete auf Arthurs Frage, wieso Uschi auf ei nem Ohr nicht gut hören könne, sie habe immer was von einem Unfall gefaselt, aber das sei vor seiner Zeit gewesen, da solle Arthur mal in der Uni-Klinik nachbohren und ihn gefälligst in Ruhe lassen.
Arthur beendete das Gespräch und fand, dass Gerber ihm durchaus ein paar gute Anregungen gegeben hatte. Er rief in der Uni-Klinik an, fragte sich durch und geriet immer wieder in Sackgassen, weil angeblich niemand Auskünfte geben dürfe und schon gar nicht am Telefon.
Wahrscheinlich kam er um einen richterlichen Beschluss zur Patientenakteneinsicht nicht herum.
Also beantragte er sie, und ging dann auf telefonische Suche nach dem zuständigen Fraue narzt. Dort rannte er erst recht gegen Mauern, vor allem als Mann, und so beschloss er, sich in Geduld zu üben, bis er den Beschluss in der Tasche hatte.
Nach diesem Telefonmarathon fühlte er sich richtiggehend erschöpft. Er sollte sich ausschl afen, damit er fit war für den nächsten Tag.
Kurz darauf fuhr er nach Hause, schaltete sein Handy aus, zog den Telefonstecker, setzte sich zu einem Spielchen an den PC, trank zwei Gläschen Rotwein dazu, fiel um 21 Uhr ins Bett und war sofort eingeschlafen.
*
Zum dritten Mal wählte Claudia Arthurs Nummer, erst Festnetz, dann Handy. Der Mann war unerreichbar.
Enttäuscht legte sie das Telefon auf dem Küchentisch ab und zupfte weiter Salat. Sie hätte ihn gern zum Abendessen eingeladen. Sogar Tim hatte schon nachgefragt, wann der ,nette‘ Kommissar denn mal wieder zu Besuch komme.
Vielleicht (dachte Claudia, und ihre Stimmung kippte) kam der nette Kommissar nie mehr zu Besuch. Vielleicht hatte er am letzten Wochenende nichts Besseres zu tun gehabt als mal eben zu testen, wie Claudia so im Bett war. Und vielleicht war das Testergebnis doch nicht so pos itiv ausgefallen, wie sie gedacht hatte, und der ihm aufgedrängte Zahnarztbesuch war der Tropfen gewesen, der das Fass überlaufen ließ.
Claudia deckte den Tisch, rief die Kinder, schimpfte unnötig mit ihnen herum, aß viel zu viel und dachte darüber nach, sich die Haare blond zu färben.
Nach dem Essen scheuchte sie die nörgelnden Kinder in ihre Zimmer, zog eine bequem sitzende Jogginghose an, hockte sich vor den Fernseher und verdrückte noch eine halbe Tafel Haselnussschokolade. Denn darauf kam es jetzt auch nicht mehr an!
Kurz nach neun Uhr rief sie Arthur noch ein paar Mal an. Vergeblich. Bevor sie schlafen ging, schickte sie ihm eine sms. Über die Alpträume in dieser Nacht wunderte sie sich nicht.
Am nächsten Morgen, als sie mit geschlossenen Augen schön kuschelig noch ein wenig unter der Decke auf der Schlafcouch vor sich hindöste, fiel ihr plötzlich Arthur wieder ein. Scheiße. Sie fischte ihr Handy vom Tisch, keine Nachricht. Also schickte sie ihm noch eine sms: falls er noch irgendeine Art von Interesse an ihr habe, möge er sich doch bitte melden.
Weg mit dem Handy, weg mit den Gedanken an Arthur! Es gab genug andere Dinge, um die sie sich kümmern musste. Punkt eins: Auf ihrem letzten Kontoauszug hatte sie eine mysteri öse Abbuchung von 62.14 Euro entdeckt, von einer Firma, deren Namen ihr völlig unbekannt war. Damit musste sie dringend zur Bank.
Punkt zwei: Vor den Sommerferien machte Jasmin eine Klassenfahrt, die bezahlt werden musste, und angeblich brauchte sie dringend eine neue Regenjacke. Punkt drei: Zu Claudias großer Freude schickte ihr alter Fernseher von Zeit zu Zeit eigenartige Querstreifen durchs Bild,
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