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Im Kille-Kille-Keller

Im Kille-Kille-Keller

Titel: Im Kille-Kille-Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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der Erbfolge ausschließt?«
    Ich fing an, bis zehn zu
zählen, und ich nahm mir vor, wenn Carl bis dahin keinen Schritt in Richtung
Treppe gemacht hatte, dann würde ich ihm eins aufs Dach geben; Mr. Limbo konnte
ihn dann von mir aus bemitleiden.
    Carl ließ den Lichtstrahl über
die nächstgelegene Wand tasten. Zu sehen war nichts — bis der Strahl plötzlich
anhielt: Mitten im Lichtfleck erblickte ich das scheußlichste Gesicht, das mir
je vorgekommen war, von meinen üblichen Alpträumen abgesehen. Das Gesicht war
aus Ebenholz geschnitzt, hatte bösartige Schlitzaugen und eine Hakennase. Die
Lippen waren wie in irrer Raserei geöffnet, was zu den anormal aufgerissenen
Augen mit den grünen Pupillen paßte.
    Irgendwer schrie, und erst als
mir Carl seinen Ellbogen in die Rippen gerammt hatte und der Schrei verstummte,
wurde mir klar, daß ich ihn ausgestoßen hatte.
    »Halt die Klappe, Mavis«, sagte
Carl müde. »Die ist ja nicht echt.«
    »Soll das heißen, ich hätte
Halluzinationen?« entfuhr es mir.
    »Es ist bloß eine Maske«, sagte
er. Das Licht wanderte weiter an der Wand entlang und fiel auf ein zweites
Gesicht. Diesmal war’s ein weibliches, aber noch grotesker als das erste. Es
gehörte einer Hexe, und schmutzige Haarsträhnen bedeckten es wie ein von Motten
angenagter Vorhang. Unter den schmalen, grausamen Lippen war das Kinn zu einem
riesigen, obszönen Auswuchs mißgestaltet worden.
    »Siehst du«, sagte Carl. »Da
ist noch eine.«
    »Ich will aber keine mehr
sehen.« Mir schauderte. »Ich kann ja ohnehin schon nicht mehr schlafen,
mindestens ein halbes Jahr lang.«
    »Die brennenden Kerzen«,
murmelte Carl. »Die Masken... Wo sind die Ketten?«
    Der Laternenstrahl setzte seine
Gruselreise über die Wände fort. Und ganz gegen meinen Willen mußte ich einfach
zuschauen. Es folgten noch zwei Masken und dann an der nächsten Wand nichts
weiter als jede Menge Spinnweben. Mir wurde schon ein bißchen wohler —
vielleicht war das ja alles gewesen? Oder Frankenstein, der Böse, hatte die
übrigen Requisiten für seinen nächsten Film ausgeliehen?
    Dann hielt der Strahl wieder
inne, aber dabei hüpfte er plötzlich, und das Licht flimmerte zu sehr, als daß
ich etwas hätte erkennen können.
    »Was ist denn das, Carl?«
fragte ich.
    »Die... Ketten«, stieß er
heiser hervor.
    Und als sich der Strahl wieder
beruhigte, schrie ich erneut auf. Schwere rostige Ketten waren in die Wand
eingelassen. Es waren vier, zwei etwa einen Meter fünfzig überm Boden, die
anderen beiden in Fußhöhe. Zwei hielten die Handgelenke und zwei die Knöchel,
und sie trugen den zusammengesackten Körper offenbar mit Leichtigkeit.
    Sie war völlig nackt, und im
grellen Licht der Laterne leuchtete ihr schöner Körper blendend weiß. Ihr
Gesicht war freilich das Gegenteil von schön.
    »Edwina!« rief Don mit
schriller Stimme.
    »Erdrosselt!« flüsterte es tief
aus Carls Kehle. »Da bist du aber gut weggekommen, Don. Nur mit ein paar
Kopfschmerzen.«
     
     
     

6
     
    Wir saßen zusammengedrängt im
Wohnzimmer, aber irgendwie schienen wir meilenweit voneinander entfernt. Ich
saß neben Don auf einer Couch, uns gegenüber hockten Wanda und Gregory Payton auf
einer anderen. Fabian Dark war in einem tiefen Sessel versunken und starrte aus
leeren Augen auf die Wand. Carl stand an der Bar und füllte Gläser, an denen
niemand interessiert schien, wobei ihm Mr. Limbo auf der Theke Gesellschaft
leistete.
    Ich rückte noch näher an Dons
Seite und sah, wie er zuckte, als meine Schulter seine berührte. »Wie geht’s
dem Kopf?« fragte ich.
    »Miserabel.« Er versuchte zu
lächeln, aber es gelang ihm nicht. »Aber wie Carl schon sagte — ich glaube, ich
hatte Glück, daß es bei Kopfschmerzen geblieben ist.«
    Ich zitterte. »Erinnere mich
nicht mehr daran«, bat ich ihn. »Die Ärmste!«
    Ich hörte, wie ein
Polizeibeamter draußen durch die Halle trampelte. »Wie lange müssen wir denn
noch hier herumsitzen?« fragte ich Don. »Jetzt sind wir schon zwanzig Minuten
hier, und noch keiner hat uns wenigstens mal guten Tag gesagt. Meinst du, sie
hätten uns schlicht vergessen?«
    Don zog eine Grimasse. »Das
bezweifle ich. Ich nehme an, wir sind allesamt verdächtig. Vielleicht gehört
das zu ihrer Taktik: Je länger sie uns schmoren lassen, desto mehr Angst soll
der Mörder kriegen.«
    »Glaubst du denn, es war jemand
von uns hier im Zimmer?« fragte ich.
    »Ich weiß nicht«, meinte er.
»Mit diesem Gedanken möchte ich mich auch gar

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