Im Kille-Kille-Keller
Carl sind draußen, glaube ich. Wahrscheinlich wandern sie im Park umher —
sie dürfen das Grundstück nicht verlassen.«
»Sind sie zusammen gegangen?«
Er schüttelte den Kopf. »Don
habe ich vor einer Stunde hinausgehen sehen, und Carl ging erst vor zehn
Minuten. Fabian habe ich noch nicht zu Gesicht bekommen.«
»Ist die Polizei denn immer
noch da?« fragte ich.
»Immer noch«, sagte Gregory.
»Einer steht in der Eingangshalle, und am Parktor steht eine halbe Kompanie und
hält uns die Reporter vom Leibe. Offenbar genießt der Name Ebhart hierzulande
immer noch eine Menge Beachtung.«
Das Telefon schrillte, Gregory
ging hin und nahm ab. Er sprach ein paar Worte, dann sah er zu mir herüber. »Es
ist für dich«, sagte er.
Ich ließ mir den Hörer geben.
»Mrs. Ebhart?« forschte eine
männliche Stimme.
»Ja, sicher«, sagte ich — denn
noch einmal würde es mir nicht passieren, daß mir hier der Name Mavis Seidlitz
herausrutschte.
»Hier ist Sergeant Donovan«,
sagte er. »Ich habe am Eingang Wache. Hier ist ein Mann, der behauptet, ein
persönlicher Bekannter von Ihnen zu sein — und er will Sie sprechen. Rio heißt
er. Soll ich ihn reinlassen?«
»Selbstverständlich«, sagte
ich. »Und vielen Dank für den Anruf.« Bei feinen Leuten, hat Mutter gesagt,
soll man immer vornehm tun.
Ich legte auf und bemerkte, daß
mich Gregory erwartungsvoll ansah. »Ein Bekannter«, erklärte ich. Er musterte
mich begriffsstutzig. »Na«, sagte ich ungeduldig, »du weißt doch, was ein
Bekannter ist — oder nicht? Ein guter Freund. Selbst wenn du keinen hast, dann
müssen dir doch die Leute davon erzählen, die den ganzen Tag deine Couch
bevölkern, damit du ihnen die Schräubchen wieder festdrehst.«
Gregory blinzelte zweimal. »Ich
weiß schon, was ein Freund ist«, sagte er bedächtig.
»Das hättest du auch gleich
sagen können«, erklärte ich ihm. »Dann hätte ich mir meinen Vortrag sparen
können, nicht wahr?«
»Nein«, meinte er langsam. »Ich
glaube nicht.«
»Das ist das Dumme bei euch
Psychiatern.« Ich lächelte ihn nachsichtig an. »Ihr müßt immer alles
komplizieren, selbst die einfachsten Dinge. Und nun entschuldige mich bitte,
Greg, ich möchte jetzt Johnny entgegengehen.«
»Johnny?«
»Das ist mein Freund.
F-r-e-u-n-d. Fang bitte nicht noch mal von vorn an, ja?«
Ich ließ ihn stehen und ging
hinaus in die Eingangshalle. Die Tür stand offen, und draußen hatte ein
Uniformierter Posten bezogen. Er sah mich kommen und nahm Hab- acht -Stellung an. »Ich bin Mrs. Ebhart«, erläuterte ich
ihm, als ich hinaustrat.
»Sie sind noch viel mehr als
das, Madam«, sagte er heiser.
»Ich erwarte einen Freund«,
fuhr ich fort und übersah seine glasigen Augen. »Einen Mr. Rio.«
»Man hat mich vom Parktor aus
angerufen und gesagt, er sei unterwegs«, murmelte der Wachtmeister. »Kann ich
sonst etwas für Sie tun?«
»Nicht daß ich wüßte«, meinte
ich. »Außer vielleicht, daß Sie diesen Blick aus Ihren Augen entfernen.«
»Dazu müßte ich erst tot
umfallen, Mylady «, sagte er, »und selbst dann — ich
weiß nicht genau...«
In diesem Augenblick kam
Johnnys Wagen in Sicht, ich eilte hin, um ihn zu begrüßen. Er hielt unmittelbar
neben mir, und ich machte ihm die Tür auf. Johnny sah besorgt drein und schien
mit dem Gang der Dinge ganz und gar nicht zufrieden.
»Wo können wir uns
unterhalten?« knurrte er. »Ungestört.«
»Wir können in mein Zimmer
gehen«, meinte ich. »Da stört uns keiner, Don ist ein bißchen spazierengegangen .«
»Wirklich eine prima Idee!«
sagte Johnny. »Und was werden die anderen dazu sagen? Dein Mann ist unterwegs,
irgendein Kerl kommt zu Besuch — und gleich nimmst du ihn mit auf dein Zimmer?«
»Du hast eine schmutzige
Phantasie«, erklärte ich ihm vorwurfsvoll. »Wie dieser Freud.«
»Freud? Ist das einer von der
Familie?« fragte Johnny besorgt. Manchmal ist er ja so dumm, daß ich mich schon
wundere, wieso er nicht mal vergißt, sich morgens zu rasieren.
»Ich rede von dem Freud«, sagte ich geduldig. »Dem Mann, der das Ganze erst richtig erfunden
hat.«
»Das mir!« Johnny stöhnte, als
leide er plötzlich heftige Schmerzen. »Wo können wir miteinander reden?«
»Warum nicht hier draußen?«
schlug ich vor. »Wir können ja auch ein wenig spazierengehen .
Ich war noch nicht an der frischen Luft, seit wir hier angekommen sind.«
»Okay«, meinte er und nahm mich
am Arm. »Gehen wir.«
Die erste Viertelmeile ähnelte
das freilich mehr
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