Im Kille-Kille-Keller
Schulden einlassen würden. Selbst wenn Don den Löwenanteil erhalten
hätte, wären Carl und mir je eine Million geblieben. Und nun sollen wir uns mit
einem Fünftel davon zufriedengeben!«
»Das ist immer noch eine Menge
Geld«, sagte Fabian sanft.
»Genug für Sie, alles
zurückzuzahlen, was Sie veruntreut haben?« gackerte Mr. Limbo.
Fabians Züge verdüsterten sich.
»Genug, um Sie aus Ihren wilden Spekulationen freizukaufen?« fragte er Carl.
»Warum machen wir nicht weiter
im Text?« sagte Mr. Limbo. »Genug für Wanda, um ihren Erpressungszahlungen
nachzukommen? Genug für Don, um die Kredite zurückzuzahlen?«
»Halt den Mund!« sagte Don
kalt. »Was, zum Teufel, hat es denn für einen Zweck, wenn wir uns untereinander
streiten? Fabian sagt, das Testament könne nicht angefochten werden — und damit
basta. Wir müssen diese achtundvierzig Stunden hier noch aushalten und das
Theater mitmachen, und wir können nichts dagegen tun.«
»Seinen irdischen Überresten
Reverenz erweisen!« giftete sich Wanda. »Ich möchte die Gruft am liebsten
anzünden!«
»Ich frage mich nur«, sagte
Carl leise, »ob wir den springenden Punkt des zweiten Testaments alle übersehen
— oder nur so tun, als übersähen wir ihn.«
»Was meinst du damit?« fragte
Gregory Payton.
»Der Tüchtigste überlebt«,
sagte Carl mit gedämpfter Stimme. »Wir alle brauchen mehr als den Betrag, der
uns zukommen soll. Der alte Herr hat uns aber einen Ausweg eröffnet, wie wir
ihn erhöhen können.«
»Sprich weiter«, sagte Don.
»Das verbleibende Zehntel wird
zu gleichen Teilen an jene vergeben, die in achtundvierzig Stunden — von jetzt
an gerechnet — noch am Leben sind«, sagte Carl. »Je weniger das sind, desto
mehr bekommt der einzelne.«
»Na und?« sagte Don eisig.
»Da haben wir ein klassisches
Beispiel für den Humor des alten Herrn«, sagte Carl. »Es ist nichts weiter als
eine Aufforderung — zum Mord!«
»Natürlich«, sagte Gregory. Er
nahm seine Brille ab und fing an, sie mit dem Tüchlein zu polieren. »Das sieht
doch nun jeder ein. Ich finde dabei den Gedanken recht interessant, daß Fabian,
als Anwalt Mr. Ebharts , den Inhalt des zweiten
Testaments schon die ganze Zeit gekannt haben muß. Es hat ihm uns gegenüber
einen bemerkenswerten Vorsprung verschafft.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
fragte Fabian mit unangenehm klingender Stimme.
»Es gab Ihnen möglicherweise
sehr viel Zeit, Ihre eigenen Vorkehrungen zu treffen«, meinte Gregory. Er hielt
die Brille gegen das Licht und kniff die Augen zusammen, um sich von der
Fleckenlosigkeit der Gläser zu überzeugen. »Ich will damit sagen, daß ja nun
schon eine Person weniger vorhanden ist, um bei der Aufteilung mitzuwirken,
nicht wahr? Edwina ist ja bereits ermordet worden.«
8
Es war sechs am Morgen und
draußen schon hell, bis ich ins Bett kam. Auf meiner Uhr war es zwei Uhr
nachmittags, als ich wieder aufwachte. Ich hatte Hunger, aber ich sagte mir,
nach dem, was in der vergangenen Nacht mit Edwina passiert war, sei wohl mit
Frühstück am Bett kaum zu rechnen; daher mußte ich wohl noch ein Weilchen
hungrig bleiben.
Ich duschte und zog mich an.
Ich suchte mir dazu einen schwarzen Rock und eine durchsichtige weiße Bluse
heraus. Darunter zog ich jenen schwarzen Unterrock, der im Inserat mit »Zwei
Drittel Spitze und ein Drittel übriges« bezeichnet worden war. Unter der Bluse
sah es freilich eher nach zwei Drittel Mavis und einem Drittel Spitze aus, aber
ich sagte mir, die Hersteller hatten ja nicht damit rechnen können, daß gerade
ich einen von ihren Unterröcken kaufen würde, nicht wahr?
Das Wohnzimmer war leer,
deshalb ging ich hinüber und klopfte an Dons Tür. Ich bekam keine Antwort, also
öffnete ich und blickte hinein — aber er war nicht da.
Das Haus schien verlassen, als
ich hinunterkam und mich hoffnungsvoll im Speisezimmer umschaute — niemand war
zu sehen, und auf der Tafel lag nicht mal eine Decke. Ich ging weiter ins
Wohnzimmer, wo ich endlich einen fand: Gregory Payton.
»Guten Morgen«, sagte ich und
lächelte, weil ich mich freute, daß einer zugegen war — und wenn’s auch nur er
war.
»Hallo, Mavis«, sagte er,
starrte mich an, und sein Lächeln fror ein. Er kam mir wie ein Schüler von
Kinsey vor, der soeben ein brandneues Forschungsfeld entdeckt hat.
»Wo sind sie denn alle?« fragte
ich ihn.
»Wanda ruht sich aus«,
antwortete er. »Sie ist von den Vorfällen der Nacht noch sehr mitgenommen. Don
und
Weitere Kostenlose Bücher